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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize
Autoren: Ellis Peters
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– das ist, glaube ich, irgendwo im Süden am Saum des Großen Waldes. Ich habe den Namen gehört, doch mehr weiß ich nicht.
    Kennt Ihr die Familie?«
    »Nur dem Hörensagen nach; doch was ich hörte, klang gut.
    Der Gutsverwalter berichtete mir; er ist ein bodenständiger alter Landmann, Sachse dem Namen nach – Fremund. Wie er sagte, ist der junge Mann des Lesens und Schreibens kundig, gesund und gebildet. In jedem Falle ein Gewinn für uns.«
    Eine Schlußfolgerung, die zu bezweifeln in diesem Augenblick noch niemand Anlaß hatte. Der Bruderkrieg hatte nicht nur Chaos über das Land gebracht, sondern auch die Einnahmen der Klöster beschnitten. Pilger blieben ängstlich zu Hause hocken, und die Zahl der aufrichtigen Postulanten war stark zurückgegangen, während immer größere Scharen von verarmten Flüchtlingen in den Klöstern Schutz suchten. Die Aussicht, einen fast erwachsenen und des Lesens fähigen Postulanten zu bekommen, der darauf brannte, sein Noviziat zu beginnen, war eine ausgesprochen gute Nachricht für die Abtei.
    Später gab es natürlich zahlreiche Neunmalkluge, die sich im Rückblick an ihre bösen Vorahnungen erinnerten, düster von Omen sprachen und dreist behaupteten, sie hätten es gleich gesagt. Solche späten Experten gedeihen nach jedem Schock und jedem Schicksalsschlag.
    Bruder Cadfael wurde zufällig Zeuge, als der Postulant zwei Tage später eintraf. Nachdem das Wetter mehrere Tage klar und sonnig gewesen war – man hatte die Frühäpfel geerntet und das frisch gemahlene Mehl eingelagert – kam ein Tag mit schrecklichen Regengüssen, welche die Straßen in Schlammbäder und jedes Loch im Klosterhof in einen trügerischen Tümpel verwandelten. Die Kopisten und Zeichner arbeiteten dankbar in der Bücherei der Schreibstube an ihren Pulten. Die Jungen lungerten unzufrieden im Haus herum und vertrödelten ihre freie Zeit, und als das Tageslicht trüb wurde, sank den wenigen Patienten in der Krankenstation der Mut, und sie begannen zu klagen. Gäste gab es zu dieser Zeit nur wenige. Der Bürgerkrieg machte eine Atempause, die von beflissenen Kirchenleuten genutzt wurde, um die beiden Parteien zu einer Übereinkunft zu bringen; doch die meisten Menschen in England zogen es vor, daheim zu bleiben und mit angehaltenem Atem zu warten. Nur die, die keine andere Wahl hatten, ritten über die Straßen und suchten den Schutz der Gästehalle der Abtei.
    Cadfael hatte die ersten Stunden des Nachmittags in seinem Holzverschlag im Herbarium verbracht. Dort hatte er eine Anzahl seiner Gebräue angesetzt und die herbstliche Ernte –
    Blätter, Wurzeln und Beeren – verstaut und anschließend eine gute Kopie von Aelfrics Liste der englischen Kräuter und Bäume in die Hände genommen. Das Buch war anderthalb Jahrhunderte alt und verlangte, in Frieden und Muße studiert zu werden. Bruder Oswin, dessen jugendlicher Eifer Cadfael in seinem kleinen Reich manchmal Trost spendete und häufig Sorgen machte, war entschuldigt, um seine Studien der Liturgie zu vervollkommnen, denn die Zeit seiner Gelübde rückte näher, und er mußte die Schriften auswendig lernen.
    Der Regen, obwohl der Erde willkommen, erwies sich als störend und deprimierend für das menschliche Bewußtsein.
    Das Licht verdüsterte sich; das Blatt, das Cadfael studierte, verdunkelte sich vor seinen Augen. Er hörte zu lesen auf. Im Englischen bewandert, hatte er das Lateinische mühsam als erwachsener Mann gelernt, und obwohl er es inzwischen beherrschte, blieb es ihm eine fremde, unvertraute Sprache. Er machte eine Runde zwischen seinen Gebräuen, rührte hier und dort ein wenig um, gab eine Zutat in einen Mörser und zerstieß sie, bis sie mit der Paste, für die sie gedacht war, verschmolz, und eilte schließlich, sein kostbares Pergament in der Brust der Kutte geschützt, hastig durch die nassen Gärten zum Hof zurück.
    Er hatte den Schutz des Vordachs der Gästehalle erreicht und wollte Atem schöpfen, bevor er durch die Tümpel zum Kloster selbst hinüberplatschte, als drei Reiter durchs Haupttor hereinkamen und unter dem Bogengang des Torhauses anhielten, um den Regen aus ihren Mänteln zu schütteln. Der Pförtner kam eilig heraus, sie zu begrüßen, und huschte im Schutz der Wand hinüber. Aus den Stallungen kam ein Bursche mit einem Sack über dem Kopf platschend durch den Regen gerannt.
    Das, dachte Cadfael, müs sen Leoric Aspley von Aspley und der Sohn sein, der unser Gewand anlegen will. Er blieb noch einen Augenblick
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