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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize
Autoren: Ellis Peters
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eigenem Willen und folgten ihrem eigenen Licht.«
    »Gut, gut«, sagte Radulfus, indem er das Kinn in die Hand stützte und mit tief beschatteten Augen grübelte. »Paul, habt Ihr einen Gedanken beizusteuern? Ihr seid für die Jungen verantwortlich, und ich weiß wohl, daß sie sich nur selten über Euch beklagen.« Denn Bruder Paul, ein gewissenhafter und sorgender Mann, der die Jungen hütete wie eine Glucke ihre eigenwillige Brut, war bekannt für seine Duldsamkeit ihnen gegenüber.
    Zuweilen streng mit Lausbuben, war er doch ein guter Lehrer, der ihnen das Lateinische ohne große Pein einflößte.
    »Es wäre mir keine Last«, sagte Paul bedächtig, »für einen kleinen vierjährigen Burschen zu sorgen und ihn zufriedenzustellen; doch würde ich keine große Freude und Erfüllung in einer solchen Aufgabe finden. Mir scheint, dies ist nicht, was die Regel verlangt. Ein guter Vater könnte dasselbe für seinen kleinen Sohn tun. Besser, der Novize kommt in vollem Wissen, was er tut, und mit einer Ahnung der Dinge, die er aufgibt. Mit fünfzehn oder sechzehn Jahren, gut erzogen…«
    Prior Robert legte den Kopf zurück und behielt seine strenge Miene bei und überließ es seinem Vorgesetzten, die Entscheidung selbst zu treffen. Bruder Richard, der Unterprior, hielt die ganze Zeit über den Mund; in den Alltagsverrichtungen war er ein guter Mann, doch wenn es um anstehende Entscheidungen ging, hielt er sich nach Möglichkeit heraus.
    »Seit ich die Argumentation von Erzbischof Lanfranc studierte«, sagte der Abt, »beschäftigt mich der Gedanke, daß unsere Ansichten über die Kinderweihe sich ändern müssen; und ich bin überzeugt, daß es besser ist, alle Oblaten abzuweisen, die zu jung und unfähig sind, selbst zu entscheiden, welchen Lebensweg sie anstreben. Deshalb, Bruder Paul, meine ich, daß Ihr angesichts der vorliegenden Umstände diesen Jungen abweisen müßt. Laßt seinen Vater wissen, daß der Junge in ein paar Jahren als Schüler unserer Schule willkommen sein wird, jedoch nicht als Oblat in den Orden aufgenommen werden kann. In einem angemessenen Alter kann er, so er es wünscht, in den Orden eintreten. Sagt dies seinem Vater.« Er atmete tief ein und rückte ein wenig auf seinem Stuhl herum, um anzudeuten, daß die Beratung beendet sei. »Wie ich höre, gibt es noch eine zweite Anfrage um Aufnahme?«
    Bruder Paul war bereits aufgestanden und lächelte erleichtert. »In diesem Fall wird es keine Schwierigkeiten geben, Vater. Leoric Aspley von Aspley wünscht uns seinen jüngsten Sohn Meriet zu bringen. Doch der junge Mann hat bereits seinen neunzehnten Geburtstag gefeiert, und er kommt auf seinen eigenen, ernsten Wunsch. Bei ihm, Vater, brauchen uns keine Zweifel zu plagen.«
    »Nicht, daß wir uns vor Neuzugängen nicht retten könnten«, räumte Bruder Paul ein, der mit Cadfael über den Klosterhof zur Komplet ging. »Im Grunde können wir es uns nicht erlauben, Postulanten abzuweisen. Dennoch bin ich froh, daß der Vater Abt so entschieden hat. Mit den kleinen Kindern war ich nie ganz glücklich. Gewiß, in den meisten Fällen werden sie uns in wahrer Liebe und Inbrunst gegeben. Doch manchmal fragt man sich… ein Mann muß sein Land beisammen halten, er hat schon einen oder zwei gesunde Söhne, und es ist eine profitable Art, den dritten loszuwerden.«
    »Das«, sagte Cadfael trocken, »kann sogar noch geschehen, wenn der dritte ein ausgewachsener Mann ist.«
    »Dann aber gewöhnlich mit seiner Zustimmung, denn das Kloster kann auch eine vielversprechende Karriere bieten. Doch Kleinkinder – nein, diese Möglichkeit wird viel zu leicht mißbraucht.«
    »Glaubt Ihr, daß wir den jüngeren zu den Bedingungen des Vater Abtes in einigen Jahren bekommen werden?« grübelte Cadfael.
    »Ich bezweifle es. Wenn er in unsere Schule gegeben wird, muß sein Vater für ihn zahlen.« Bruder Paul, der in jedem Teufelchen, das er unterrichtete, einen Engel entdecken konnte, war dennoch Skeptiker, wenn es um die Eltern ging.
    »Hätten wir den Jungen als Oblaten angenommen, wäre sein Unterhalt und alles andere zu unseren Lasten gegangen. Ich kenne den Vater. Ein durchaus anständiger Mann, aber leider sehr geizig. Doch seine Frau wird sicher froh sein, ihren Jüngsten zu behalten.«
    Sie hatten den Eingang des Klosters erreicht, und das milde grüne Zwielicht der Bäume und Büsche, durchdrungen von einem ersten goldenen Schimmer, hing still in der süß duftenden Luft. »Und der andere?« sagte Cadfael. »Aspley
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