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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize
Autoren: Ellis Peters
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Seele ihres besten Zugangs zur Glückseligkeit.
    Schon in der Kindheit kann man einen falschen Weg beschreiten und den Zugang zur göttlichen Gnade verlieren.«
    »Das gestehe ich Euch zu«, erklärte der Abt. »Doch ich fürchte, daß zugleich das Gegenteil wahr sein könnte und daß viele solcher Kinder, die besser geeignet wären für ein anderes Leben und eine andere Art, Gott zu dienen, in ein Kloster gesteckt werden, das ihnen wie ein Gefängnis erscheinen muß.
    In dieser Angelegenheit habe ich nur meine eigenen Gedanken als Hilfe. Hier haben wir Bruder Edmund, vom vierten Jahr an ein Kind des Klosters, und Bruder Cadfael, der erst in reifen Jahren nach einem aktiven und abenteuerlichen Leben bekehrt wurde. Und beide sind sich, wie ich hoffe, ihrer Berufung sicher.
    Sagt uns, Edmund, wie seht Ihr diese Angelegenheit? Habt Ihr je bereut, daß Euch verwehrt blieb, die Welt jenseits dieser Mauern kennenzulernen?«
    Bruder Edmund, der Vorsteher der Krankenstation, war nur acht Jahre jünger als der robuste sechzigjährige Cadfael und ein ernster, schön anzusehender und nachdenklicher Mann.
    Bewaffnet und auf einem Pferderücken hätte er eine ebenso gute Figur gemacht wie als Besitzer eines Landgutes, der ein wachsames Auge auf seine Vasallen warf. Er dachte tief über die Frage nach und antwortete gelassen. »Nein, ich habe es nie bereut. Doch ich lernte auch nie die Welt kennen, deren Verlust ich hätte bereuen sollen. Allerdings kannte ich einige, die sich auflehnten und diese Bekanntschaft machen wollten. Vielleicht stellten sie sich vor, da draußen eine Welt zu finden, die besser war als ihr Leben hier, und vielleicht geht mir diese Vorstellungsgabe ab. Vielleicht auch hatte ich nur das Glück, hier drinnen eine Arbeit zu finden, die meinen Wünschen und Fähigkeiten entspricht und mir keine Zeit für Unzufriedenheit ließ. Ich würde nicht tauschen. Und meine Wahl wäre dieselbe gewesen, wenn ich bis zur Pubertät hier erzogen worden wäre und meine Gelübde erst als Erwachsener abgelegt hätte. Doch ich habe Grund zur Annahme, daß andere sich anders entschieden hätten, wenn sie hätten wählen dürfen.«
    »Deutlich habt Ihr gesprochen«, sagte Radulfus. »Bruder Cadfael, was meint Ihr? Ihr habt viel von der Welt gesehen, seid sogar im Heiligen Land gewesen und habt Waffen getragen. Ihr traft Eure Wahl spät und völlig frei, und ich glaube nicht, daß Ihr bedauernd zurückgeblickt habt. War diese kleine Einsiedelei wirklich ein Gewinn für Euch, nachdem Ihr soviel gesehen habt?«
    Cadfael sah sich genötigt, lange nachzudenken, ehe er sprach, und unter dem behaglichen Gewicht eines ganzen Tages voller Sonnenlicht und körperlicher Arbeit war das Denken mühsam. Er war ganz und gar nicht sicher, was der Abt von ihm erwartete, doch er hatte keinen Zweifel über sein Unbehagen und seine Empörung, als er sich vorstellte, daß einem Kleinkind die Tracht, die er selbst freiwillig angelegt hatte, mehr oder weniger zwangsweise übergestreift wurde.
    »Ich glaube, es war ein Gewinn«, sagte er endlich, »und noch mehr. Ich brachte eine Gabe, voller Makel und Schrammen zwar, doch eine bessere als jene, die ich früher in meiner Unschuld gebracht hätte. Denn ich räume freimütig ein, daß ich jenes Leben liebte und die Krieger, die ich kannte, und die schönen Orte und edlen Taten, die ich sah, hoch schätzte; und wenn ich mich in der Blüte meines Lebens entschloß, mich von alledem loszusagen und das Klosterleben allem anderen vorzuziehen, dann glaube ich, daß ich damit den Kopf so tief neigte, wie ich ihn nur neigen kann. Und ich kann nicht glauben, daß irgend etwas, das ich in Erinnerung behalten habe, mich ungeeignet macht, von diesem Treueid Zeugnis abzulegen; vielmehr hilft es mir, so gut zu dienen, wie ich es vermag. Wäre ich als Kind ins Kloster gegeben worden, so hätte ich mich als Mann aufgelehnt und meine Rechte verlangt. Der Kindheit entwachsen, konnte ich jedoch ohne Mühe meine Rechte opfern, als ich Weisheit erlangte.«
    »Und doch würdet Ihr nicht bestreiten«, sagte der Abt, dessen scharfgeschnittenes Gesicht einen Augenblick von einem Lächeln erhellt wurde, »daß manch anderer durch seine Natur und die Gnade Gottes dazu bestimmt sein könnte, schon in jungen Jahren das Leben zu beginnen, das Ihr erst als reifer Mann entdecktet?«
    »Auf keinen Fall würde ich es bestreiten! Ich denke, jene, die es aus Überzeugung taten, sind gewiß die besten, die wir haben. Sie trafen die Wahl aus
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