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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade
Autoren: Schlederer Victoria
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einem Rosenstrauch. »Wenn Papa wieder gesund ist.«
    Ich seufzte.
    Unsere Blicke trafen sich.
    »Er wird nicht wieder gesund, nicht wahr?«, fragte sie.
    Vielleicht wäre es meine Pflicht gewesen, zu lügen, zu trösten und Hoffnungen zu wecken, doch wie in so vielen entscheidenden Augenblicken war ich um alle Worte verlegen.
    »Ich weiß, dass er ein abscheulicher Mensch ist«, flüsterte sie. »Aber es fällt mir trotzdem so schwer, ihn nicht zu mögen.«
     
     
    »O weh, Dejan!« Felix saß, von einem Stapel Kissen gestützt, im Bett, umgeben von dem üblichen Durcheinander aus Zeitungen, Büchern und Schreibutensilien. »Jetzt, fürchte ich, hast du es hinsichtlich der charaktergebenden Verletzungen endgültig übertrieben!«
    Er war bleich, sehr matt, doch offensichtlich guter Dinge.
    Ich ließ mich an der Bettkante nieder.
    »Die Geheimdienste übernehmen den Fall«, teilte er mir mit. »Man hat mir heute telegraphiert. Anscheinend wird den
Resten der Verschwörung jetzt große politische Brisanz zugemessen.«
    Dann krümmte er sich in einem Hustenanfall; ein Dienstbote erschien, brachte ein Sortiment an Getränken und Schlaftabletten, räumte mit resignierter Miene, die nahelegte, dass er diese Tätigkeit bereits zum wiederholten Male verrichtete, Bücher und Papiere zur Seite.
    Erschöpft lag Felix in den Kissen. »Was denkst du, wie es weitergeht?«, fragte er zuletzt. Seine Stimme war heiser, verriet von den Anstrengungen, die ihm das Sprechen gegenwärtig bereitete.
    »Mit der Verschwörung?«, vergewisserte ich mich; ich ging nicht davon aus, dass Felix Wert darauf legte, seine Krankheit zu diskutieren.
    Ich überdachte die Antwort: Die Bruderschaft des Fuchses würde weiterbestehen, daran änderte auch Lišeks Tod nichts, so hatte mir Landsberg versichert und in jenem Augenblick sogar selbst daran geglaubt. Bei näherer Betrachtung schien mir diese Einschätzung indes nicht sehr wahrscheinlich – wie viele Revolutionen, wie viele Verschwörungen haben sich schon im Sand der Zeit verlaufen, nachdem sie sich ihrer Führerfigur beraubt sahen?
    »Selbst wenn es Landsberg gelingt, sich als Lišeks Nachfolger zu präsentieren, hängt es wohl davon ab, ob Buckingham sich entschließt, sie weiterhin zu unterstützen«, sagte ich schließlich. »Wenn sich ihre Quelle der Unsterblichkeit ihnen entzieht, dann sind sie nicht mehr als arme Sterbliche, mit einem Traum. Wie so viele andere auch.«
    »Dann sind sie erst recht gefährlich«, gab Felix leise zu bedenken. »Nur nicht auf eine Art, die das Departement für Okkulte Angelegenheiten interessiert.«
    Eine Weile schwiegen wir. Er begann wieder zu husten.
    »Soll ich nach einem Arzt schicken?«, fragte ich hilflos.

    »Nein. Lass nur.« Er hielt die Augen geschlossen; suchend tastete er über die Laken, berührte mit den Fingerspitzen meine verbundene Rechte. Ich zog die Hand zurück, als hätte ich sie mir abermals verbrannt.
    »Du verabscheust mich, Dejan«, äußerte er eine Feststellung, keine Frage.
    Ich überlegte lange. »Vielleicht«, bekannte ich zuletzt. »Unter anderem. Ein wenig.«
    »Was ist, Dejan, keine gnädigen Lügen am Totenbett eines alten Freunds?«
    Ich nickte, sinnloserweise, denn seine Augen waren fest geschlossen. »An deinem Totenbett, ja. Dann werde ich dich belügen, darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Er ließ mein absonderliches Versprechen unerwidert. Vielleicht verkannte er es als billiges Scherzwort; vielleicht schlief er.
    Ich blieb bei ihm, und schweigend teilten wir die Wehmut eines langen Sommernachmittags, harrten der unausweichlichen Dunkelheit.
    »Ich habe keine Angst vor dem Sterben«, sagte Felix irgendwann. »Es ist nur etwas, das ich partout nicht tun will.«
    Unten, auf der Straße, blökte die Hupe eines Automobils, als ich eine Entscheidung traf, die eher nach Fanfarenstößen verlangt hätte.
     
     
    »Dejan. Dejan Sirco, Baron und Freund. Ich wiederhole zum letzten Mal: Weißt du auch wirklich, was du tust?«
    Wenn meine Zählung stimmte, dann war es das zwölfte Mal, dass Lysander mir diese Frage – zum letzten Mal – stellte, seit ich ihm mein Vorhaben dargelegt hatte. Unruhig wetzte er seine Krallen auf den mitgenommenen Ledersitzen meines Benz.

    Ich hielt ihm die Tür auf. »Ich denke, er schuldet mir noch einen Gefallen«, gab ich ihm mit glaubhaft geheuchelter Überzeugung zur Antwort.
    Lysander schwieg; nur seine Schnurrbarthaare zitterten voll Entrüstung.
    Gemächlichen Schritts durchwandelten wir
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