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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Pokal zu gewinnen, wie man ihn zu Dutzenden bequemer vor der Haustür ausreiten konnte.
    Als die deutschen Pferde nach einem anstrengenden Flug und vier Zwischenlandungen in Manila ankamen, waren die Sowjets, die Amerikaner, eine australische Equipe und die Franzosen schon da. Moro Memanuk hatte soviel zu tun wie noch nie in seinem Leben, kassierte massenhaft Dollars und philippinische Pesos und entdeckte eine neue Begabung in sich – das Weissagen.
    Damit allerdings machte er sich zunehmend Feinde, denn was er in der Zukunft zu sehen glaubte, war dunkel, ja schwarz.
    »Das Strafgericht wird über uns hereinbrechen!« schrie er, wenn er genügend Menschen um sich versammelt hatte. »Betet, Brüder und Schwestern. Die Erde wird aufbrechen und die Sünder verschlingen, die Berge werden Feuer speien, und glühende Asche wird auf unsere Häupter regnen. Wo Häuser standen, werden Höhlen gähnen, und die Gärten werden sich verwandeln in eine öde Wüste.«
    Man lachte über ihn, wie immer. »Sorry«, sagte ein Engländer gemütlich. »Er hat die Offenbarung des Johannes auswendig gelernt. Und Vulkane gibt's hier auch genug. Aber er bringt es gut.«
    Moro Memanuk kassierte. Er hatte sich jetzt einen Hut aus Maisstroh zugelegt, da seine Hände für die Spenden zu klein wurden. Am Abend lag er im Hafen zwischen Kisten und Ballen, roch entsetzlich nach Schnaps und schnarchte den Mond an.
    Merkwürdig verhielten sich nur die Russen.
    Von jeher galten in Rußland die Idioten als etwas Besonderes. Bei den Zaren und Fürsten wurden sie als Hofnarren gehalten, als Wundermänner, die ihren Verstand nur deshalb verloren hatten, weil Gott durch ihre Einfalt zu den Menschen sprach. Erkrankte am Zarenhof jemand, holte man die Stammler und Epileptiker, die Blöden und Schwachsinnigen an die Krankenbetten und ließ sie ihre makabren Späße treiben. Ihre Weissagungen wurden ernst genommen, man nannte sie die ›heiligen Idioten‹.
    Etwas von diesem Mysterienglauben mußte auch bei den sowjetischen Reitern zurückgeblieben sein, sie hörten dem keifenden Moro zu, ließen sich seine Worte übersetzen, lachten und klatschten nicht Beifall, gaben aber auch kein Geld, sondern gingen nachdenklich zu den neuerbauten Ställen zurück.
    Zwei Stunden später raufte sich Tapa Tambog, der philippinische Turnierleiter, die Haare: Die Russen verlangten andere Ställe, an dem entgegengesetzten Teil der Stadt, an der Laguna de Bay. Keine festen Bauten, nur Zelte.
    »Jetzt wird es Zeit, Moro einzusperren!« schrie Tapa Tambog ins Telefon und brachte damit den Polizeichef von Manila in eine unangenehme Lage. Memanuk war ein harmloser Mensch, die Touristen betrachteten ihn als eine Attraktion wie die Kathedrale von Manila oder die herrliche Manila Bay, die durch eine Landzunge mit den Kegelbergen Mont Natib und Mont Mariveles gebildet wurde. Moro gehörte zu den Sehenswürdigkeiten wie die Händlerboote im Hafen und die Dirnenhäuser im chinesischen Viertel. »Wenn er weiter so dummes Zeug redet und die Polizei zu schwach ist, einen Idioten einzusperren, verstecke ich ihn selbst so lange, bis das Turnier vorbei ist.«
    Der Wunsch der Russen war natürlich nicht erfüllbar. Die Ställe waren gut und massiv, blitzten vor Sauberkeit und rochen nach frischer Farbe. Die Philippinen taten alles, um dieses erste internationale Reitturnier zu einem Erfolg zu machen.
    Die deutsche Equipe hatte sich in der Nähe der Ställe, in einer Privatvilla, einquartiert, die einem reichen Malaien gehörte. Ein Haus wie aus einem Märchenbuch. Große Terrassen, plätschernde Springbrunnen, verschlungene Wege durch einen von Blütensträuchern und Blumenbeeten fast labyrinthartigen Park. Hier gab es einen Swimming-pool, einen kleinen Käfig mit den schönsten, buntesten und seltensten Vögeln. Der Hausherr, Sana Kawio, klein, dick, überströmende Freundlichkeit und Gastfreundschaft, war mit dem deutschen Botschafter gut bekannt. Er hatte sein Vermögen mit Reis- und Kakaohandel verdient. Einmal im Jahr verbrachte er sechs Wochen in Bad Kissingen, ließ sein Herz untersuchen, hungerte sich zwanzig Pfund ab und behauptete, daß er noch lebe, dieses Wunder sei den deutschen Ärzten zu verdanken.
    Romanowski schlief selbstverständlich neben Laska im Stall. Hier lernte er auch Moro Memanuk kennen, der um ihn herumtanzte, schrille Schreie ausstieß und seine Weissagungen wiederholte. Romanowski verstand ihn nicht, aber die hingehaltene Hand war eine internationale Geste.
    »Ick
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