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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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an.
    »Beten Sie«, stammelte Memanuk. Er küßte die Banknote, ergriff Fallersfelds Hand und schlug ein Kreuz darüber. »Gehen Sie, wenn der Mond über den Bergen von Bataan Pen steht, nicht in ein Haus …«
    Er wirbelte auf dem Absatz herum, machte einen hohen Luftsprung und rannte davon.
    »Der hat seine fünfzig Dollar – ein Vermögen für ihn – schnell verdient.« Hartung tippte Fallersfeld an, der wie erstarrt stand. »Baron, ich weissage Ihnen auch – in hundert Jahren haben die Pferde sechs Beine. Leider können Sie die Weissagung nicht kontrollieren.«
    Dr. Rölle begriff als erster, was hier geschehen war. »Er glaubt daran«, sagte er leise. »Kinder, der Baron glaubt daran.«
    »Das ist doch Blödsinn!«
    »Nein.« Fallersfeld schüttelte den Kopf. Er ging langsam zu den Ställen, als mache ihm jeder Schritt Beschwerden. »Es ist die gleiche Weissagung, die einmal in Ostpreußen eine alte Bäuerin aus meiner Hand gelesen hat. Das große Sterben …«
    »Und wann war das?«
    »Vor vierzig Jahren.«
    »Dann haben Sie's hinter sich, Baron. Sie haben den Krieg überlebt.«
    »Er war damit nicht gemeint. Dieser Memanuk sagte übermorgen. Das war eine präzise Zeitangabe.«
    »Einen Kognak für den Herrn Baron!« rief Hartung. »Doktor, haben Sie einen in Ihrer Giftapotheke?«
    »Im Arztkoffer, natürlich.« Dr. Rölle faßte Fallersfeld unter. »Ich wußte gar nicht, Baron, was für eine empfindliche Seele Sie in der Brust haben.«
    Bis zum Mittagessen hatten sie den Zwischenfall vergessen. Presse, Rundfunk, Fernsehen verlangten Interviews von Hartung, Laska mußte ein paar Probesprünge machen, die Fotografen knipsten aus allen Lagen, die Publicity-Welle rollte. Nur Fallersfeld trug die Weissagung mit sich herum wie einen schweren Rucksack.
    Übermorgen. Wenn der Mond über den Bergen von Bataan Pen steht. Nicht in einem Haus sein. Er beschloß, in der übernächsten Nacht draußen im Park der Villa zu schlafen. Bänke gab es genug …
    Zwei Tage vergingen mit dem Kleinkram der Routinearbeit.
    Hartung absolvierte einen Geländeritt mit Laska. Sie zeigte sich in bester Form, nur etwas nervös war sie, hob ständig den Kopf, blähte die Nüstern und benahm sich wie ein Tier, das wittert.
    »Nun fang du auch noch an, mein Mädchen«, sagte Hartung und klopfte ihr den Hals. »Wenn der Baron in Weissagungen plätschert, brauchst du nicht mitzuschwimmen. Sonst hast du ihn nie leiden können, und auf einmal machst du seinen Blödsinn mit.«
    Auch Romanowski spürte, daß Laska innerlich unruhig war. »Ick stauch den Idioten in de Erde, wenn er noch mal kommt«, schrie er. »Det janze Camp macht er varrückt!«
    »Tiere haben ein feines Ahnungsvermögen.« Fallersfeld sprach nur noch ungern über seine Ahnungen, es war schon zuviel darüber gelacht und gefrotzelt worden. »Es liegt wirklich etwas in der Luft. Habt ihr Laska ohne Grund schon so verdreht gesehen?«
    »Bei den Iwans is 'n Hengst«, sagte Romanowski. »Det allein is et.«
    Der Abend nahte, der Abend, an dem Moro Memanuks Warnung sich erfüllen sollte. Noch einmal hatte es der von allen verlachte und beschimpfte Idiot versucht. Er war bei den Pferden erschienen, hatte sie minutenlang stumm angestarrt und dann gebrüllt:
    »Rettet sie! Rettet sie! Ich sehe den Untergang!«
    Als Romanowski und ein paar Amerikaner auf ihn losmarschierten, Knüppel in den Fäusten, rannte er weg, die Hände hoch in der Luft, klagend, wimmernd wie ein getretener Hund.
    Allein die Russen zogen ihre Pferde aus den Ställen und zogen mit ihnen auf eine Wiese, aus der einmal ein Golfplatz werden sollte. Hier blieben sie unter freiem Himmel stehen, und als die Nacht hereinbrach, pflockten sie nach Kosakenart die Pferde an, rollten sich in Decken und schliefen auf dem Boden.
    Die anderen lachten sie aus.
    Auch Fallersfeld versuchte an diesem Abend mit aller Beredsamkeit, seine Reiter zu überzeugen, daß es besser sei, diese Nacht im Freien zu schlafen.
    »Ich weiß, ihr haltet mich für einen alten, verkalkten Trottel«, sagte er. »Bleibt bei eurer Ansicht, aber tut mir persönlich den Gefallen und übernachtet heute im Park.«
    »Wenn unbedingt ein Stern vom Himmel fallen soll, kann er statt auf dem Haus auch im Park landen.« Dr. Rölle prostete Fallersfeld mit einem Glas Rotwein zu. »Aber Sie sollen beruhigt sein – wir gruppieren uns um den großen Springbrunnen und warten mit Ihnen auf den Weltuntergang. Nur eine Bedingung stellen wir – wenn morgen früh die Welt
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