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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch bestehen sollte, ist mindestens eine Kiste Sekt fällig.«
    »Zehn Kisten, Jungs!« Fallersfeld strahlte. Er war glücklich. »Kissen und Decken gepackt und hinaus in die Natur! Ihr sollt sehen, wie gut euch das tut!«
    Sana Kawio, der reiche Malaie und Hausherr, hielt erstaunt auf einem Spaziergang durch den Park inne, als die deutschen Reiter sich rund um den Brunnen auf die Bänke gelegt hatten. Er fragte nicht, dazu war er zu höflich, aber er stand lange sinnend auf der großen, säulengestützten Terrasse und grübelte, wieso die korrekten Deutschen, die er immer bewundert hatte, sich plötzlich wie die irgendwie naiveren Amerikaner verhielten.
    Einem Hausherrn, vor allem wenn er Malaie ist, sind die Wünsche und Launen seiner Gäste Aufforderung, es ihnen gleichzutun. Er erweist ihnen damit die Ehre, daß ein Gast immer recht hat. Auch Sana Kawio dachte da nicht anders, er holte ebenfalls Kissen und Decken aus seinem Schlafzimmer, befahl seiner Dienerschaft, seinem Beispiel zu folgen, und legte sich auf eine Bank in Fallersfelds Nähe. Die Diener verzogen sich in einen anderen Teil des Parks, zum Flamingoteich.
    »Ich danke Ihnen, Mr. Kawio«, sagte Fallersfeld leise, als der Malaie mit seinem Bettzeug an ihm vorbeischlich. »Jetzt bin ich wenigstens nicht der einzige Verrückte.«
    Die Zeit floß dahin. Die meisten Deutschen schliefen schon, nur Fallersfeld und Hartung waren noch wach. Angela lag auf einer Bank neben Hartung, zwischen ihnen schnarchte laut Sana Kawio. Fallersfeld hob den Kopf, als Hartung aufstand und um den Brunnen spazierte. Er sah, wie Hartung rauchte, der glimmende Punkt leuchtete öfter auf, als es sonst der Fall ist.
    »Nervös?« fragte Fallersfeld leise. Hartung blieb stehen.
    »Ja. Sie haben uns alle verrückt gemacht, Baron. Wie spät ist es?«
    »Zwei Uhr siebzehn.«
    »Und Ihr verdammter Mond?«
    »Sehen Sie hin.« Fallersfeld zeigte zur Manila Bay. »Steht genau über den Bergen von Bataan Pen. Da – was war das?«
    Er sprang mit einem Satz von der Bank. Hartung schüttelte den Kopf.
    »Was denn?«
    »Die Bank hat gewackelt.«
    »Wenn Sie so unruhig liegen …«
    »Unsinn. Ich lag ganz ruhig. O verflucht!«
    Irgendwo, aus der Tiefe der Erde, ob hier im Park oder drüben in den Bergen oder ganz weit weg, quoll ein dumpfes Grollen und Rumoren. Dann schwankte der Boden, zog sich zusammen wie eine frierende Haut und dehnte sich wieder in kleinen, kurzen Stößen.
    Sana Kawio war von seiner Bank gesprungen und klammerte sich jetzt an der Lehne fest. Die deutschen Reiter rissen ihre Decken weg, Angela rannte zu Hartung, nur Dr. Rölle schlief weiter. Aber der nächste Erdstoß ließ ihn von der Bank rollen. Vom Flamingoteich rannten schreiend die Diener herbei.
    Und die Erde begann, sich in Wellen zu bewegen, als sei aus Steinen Wasser geworden.
    Mit offenem Mund starrte Sana Kawio auf sein schönes weißes, säulengetragenes Haus. Wie in Zeitlupe brach es auseinander, die Mauern zerbarsten, senkten sich, fielen in sich zusammen, die Säulen kippten um, das Dach rutschte ganz langsam über die Trümmer, schien eine Sekunde frei in der Luft zu schweben und zerbarst dann mit einem schrecklichen Getöse. Wo eine der schönsten Villen Manilas gestanden hatte, dampfte der Trümmerstaub in die mondhelle Nacht.
    Und noch immer schwankte die Erde, grollte es aus der Tiefe, der Brunnen, eine Marmorarbeit im Stil maurischer Zisternen, zerbarst. Der Wasserstrahl, aus seinem engen Rohr befreit, schoß in die Höhe. Der Himmel wurde fahl und rötlich – große Brände mußten ausgebrochen sein, von der Bay her hörte man das Toben des Meeres.
    Fallersfeld und Hartung hielten Angela umklammert und hatten selbst Mühe, auf dem schwankenden Boden stehen zu bleiben. Die Diener Kawios knieten in einem Halbkreis um das vernichtete Haus und beteten.
    »Bin … bin ich noch verrückt …«, stotterte Fallersfeld. »Was wäre von uns übriggeblieben, wenn wir im Haus geschlafen hätten? Mein Gott, die Ställe! Die Pferde!«
    Das Erdbeben dauerte vier Minuten. Vier Minuten, in denen die Erdoberfläche verändert wurde, Millionenwerte in Schutt versanken, Reiche arm wurden und Arme noch ärmer, Feuersbrünste sich ausbreiteten und Hunderte in den Trümmern starben – erschlagen, erstickt, zerquetscht.
    Hartung, Fallersfeld und Angela rannten aus dem Park. Die anderen Reiter folgten ihnen. Als letzter humpelte Dr. Rölle hinterher, er war über einen Stein gestolpert. Auf dem langen Privatweg standen
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