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Des Rajahs Diamant

Titel: Des Rajahs Diamant
Autoren: Robert Louis Stevenson
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sie sich lächelnd, »fast eine Mutter. Ich bin zu jung, um in Wahrheit Ihre Mutter zu sein. Lassen Sie mich sagen – eine Freundin, eine teure Freundin.«
    Sie machte eine Pause, lang genug, um ihre Worte auf Harrys gefühlvolles Herz wirken zu lassen, aber nicht lang genug, als daß er hätte antworten können.
    »Doch, um auf Ihren Auftrag zurückzukommen,« fing sie wieder an, »Sie finden links im eichenen Kleiderschranke eine Putzschachtel unter dem rosa Rock, den ich letzten Mittwoch mit meinem Spitzenüberwurf trug. Bringen Sie die Schachtel sofort an diese Adresse,« und sie gab ihm hierbei ein Stück Papier, »aber lassen Sie sie unter keinen Umständen aus den Händen, ehe Sie eine von meiner Hand geschriebene Quittung erhalten. Verstehen Sie mich? Antworten Sie, bitte, antworten Sie! Es ist außerordentlich wichtig, und ich muß Sie um rechte Aufmerksamkeit ersuchen.«
    Harry beruhigte sie, indem er ihre Weisung ganz richtig wiederholte, und sie wollte noch etwas hinzufügen, als der General Vandeleur, hochrot vor Zorn und eine lange Putzmacherrechnung in der Hand haltend, hereinstürzte.
    »Wollen Sie sich einmal dies ansehen?« schrie er. »Wollen Sie gefälligst diese Rechnung ansehen? Ich weiß recht gut, daß Sie mich nur um des Geldes willen geheiratet haben, und ich hoffe, ich kann Ihnen so viel bieten wie irgendeiner meiner Kameraden, aber, so wahr mich Gott gemacht hat, ich will dieser schändlichen Verschwendung ein Ziel setzen.«
    »Herr Hartley,« sagte Frau von Vandeleur, »ich denke, Sie wissen, was Sie zu tun haben. Wollen Sie, bitte, sofort an die Ausführung gehen!«
    »Halt,« sagte der General zu Harry, »ein Wort, ehe Sie gehen.« Und er fuhr, sich wieder an seine Frau wendend, fort: »Wohin soll dieser kostbare junge Mann? Ich traue ihm keinen Deut mehr als Ihnen, muß ich Ihnen sagen. Wenn er einen Funken Ehrgefühl besäße, würde er in diesem Hause keinen Augenblick mehr verweilen, und was er für seinen Lohn leistet, das ist für alle Welt ein Geheimnis. Wohin soll er, und warum senden Sie ihn so eilig fort?«
    »Ich war der Meinung, Sie hätten mir etwas unter vier Augen zu sagen,« versetzte Frau von Vandeleur.
    »Sie sprachen von einem Auftrag für ihn,« erwiderte der General hartnäckig. »Versuchen Sie bei meiner augenblicklichen Stimmung nicht, mich zu hintergehen. Sie sprachen jedenfalls von einem Auftrag, den er ausführen sollte.«
    »Wenn Sie durchaus Ihre Dienerschaft zu Zeugen unserer beklagenswerten Zwistigkeiten machen wollen,« antwortete Frau von Vandeleur, »so würde ich inder Tat besser tun, Herrn Hartley zum Sitzen einzuladen. Nein?« fuhr sie fort; »nun, dann können Sie gehen, Herr Hartley, ich verlasse mich darauf, Sie denken an alles, was Sie hier gehört haben; es wird Ihr Schade nicht sein.«
    Harry entfernte sich augenblicklich aus dem Empfangszimmer, und während er die Treppen hinaufging, konnte er hören, wie die Stimme des Generals sich in dröhnenden Deklamationen erging und die feinen Töne der gnädigen Frau jedem Angriff eine eisige Abwehr entgegensetzten. Wie bewundernswert erschien ihm diese Frau! Wie geschickt umging sie die Beantwortung der unangenehmen Frage! Mit welcher verblüffenden Kühnheit wiederholte sie direkt unter dem feindlichen Geschützfeuer ihren Auftrag! Und wie verabscheute er dagegen den Gatten!
    Die Ereignisse des Morgens hatten für ihn nichts Neues gebracht, denn er hatte beständig geheime Aufträge der gnädigen Frau auszuführen, meist in bezug auf die Toilette. Wie ihm wohlbekannt war, ging ein drohendes Gespenst im Hause um. Die bodenlose Verschwendungssucht und die geheimen Schulden der Frau hatten schon längst ihr eigenes Vermögen aufgezehrt und drohten von Tag zu Tag mehr, das ihres Mannes zu verschlingen. Jedes Jahr trat einmal oder mehrmals der Zeitpunkt ein, wo Entdeckung und ein Zusammenbruch unvermeidlich schienen, und Harry mußte von einem Putzgeschäft zum andern laufen, alle möglichen Ausflüchte machen und kleine Abzahlungen leisten, bis die drohende Flut verebbt war und die Dame wie ihr getreuer Sekretär wieder aufatmenkonnte. Denn Harry stand mit Herz und Seele in diesem Kampfe auf seiten seiner Herrin, da er nicht nur Frau von Vandeleur anbetete und ihren Gatten haßte, sondern auch seiner ganzen Anlage nach die Liebe zum Putz begünstigte.
    Er fand die Putzschachtel am angegebenen Orte, machte sorgfältig Toilette und verließ das Haus. Die Sonne schien hell. Die Entfernung, die er
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