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Des Rajahs Diamant

Titel: Des Rajahs Diamant
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Ihnen, daß der General für sein Betragen büßen soll.«
    Harry konnte sich nicht länger halten, die Tränen schossen ihm in die Augen, und er blickte Frau von Vandeleur mit zartem Vorwurf an.
    »Gnädige Frau,« sagte er, »was heißt schmähliche Behandlung? Es müßte nach meinem Dafürhalten ein kleinlicher Mensch sein, der sich über dergleichen nicht ohne weiteres hinwegsetzen könnte. Aber seine Freunde zu verlassen, die Bande der Zuneigung zu zerreißen –«
    Er konnte vor Erregung nicht zu Ende sprechen und begann zu schluchzen.
    Frau von Vandeleur blickte ihn mit sonderbarem Ausdruck an.
    Dieser kleine Narr, dachte sie, will in mich verliebt sein. Warum sollte er übrigens nicht mein Bedienter werden so gut, wie er in Diensten des Generals stand? Er ist gutartig, angenehm und versteht sich auf Toilettenfragen. Er ist unbedingt zu hübsch, um ihm den Laufpaß zu geben.
    Noch an demselben Abend sprach sie darüber mit dem General, der sich bereits ein wenig schämte, sich so weit haben fortreißen zu lassen. Harry wurde der weiblichen Dienerschaft zugeteilt und führte ein Leben fast wie im Himmel. Sein Anzug war ausnehmendzierlich, sein Knopfloch schmückten zarte Blumen, und er verstand es, den Besuch mit Takt und Anstand hübsch zu unterhalten. Er setzte seinen Stolz darein, einer schönen Frau zu dienen, nahm Frau von Vandeleurs Befehle wie ebenso viele Gunstbezeigungen entgegen und gefiel sich vor andern Männern, die nur Spott und Verachtung für ihn hatten, in der Rolle einer männlichen Kammerfrau und Putzmamsell. Auch erschien ihm seine Stellung vom moralischen Standpunkte aus im schönsten Lichte. Die Verderbtheit war in seinen Augen wesentlich eine Eigenschaft des männlichen Geschlechts, und sein Leben bei einer zarten Frau zu verbringen und sich vornehmlich mit Modefragen zu beschäftigen, bedeutete für ihn so viel als mitten in den Stürmen des Lebens auf einer Zauberinsel zu wohnen.
    Eines Morgens kam er ins Empfangszimmer und ordnete die Noten auf dem Pianino. Am andern Ende des Zimmers befand sich Frau von Vandeleur in eifrigem Gespräch mit ihrem Bruder Karl Pendragon, einem älteren, durch Ausschweifungen stark mitgenommenen und mit einem Fuße lahmenden Manne. Der Privatsekretär, dessen Eintritt die beiden nicht beachteten, war notgedrungen Ohrenzeuge der letzten Worte ihrer Unterhaltung.
    »Heute oder niemals,« sagte die Dame. »Ein für allemal, heute soll es geschehen.«
    »Heute, wenn es sein muß,« erwiderte der Bruder seufzend. »Aber es ist ein falscher, ein verderbenbringender Schritt, Klara, und wir werden ihn noch schrecklich zu bereuen haben. Doch du warst immerklüger als ich, und meine Hilfe soll dir nicht fehlen. Übrigens hätte ich mich lieber nicht sollen sehen lassen,« fuhr er fort. »Meine Rolle ist mir völlig klar, und ich werde die zahme Katze im Auge behalten.«
    »Tue es,« erwiderte sie. »Er ist ein widerwärtiger Mensch und könnte alles verderben.«
    Sie warf ihm mit zierlicher Bewegung eine Kußhand zu, und der Bruder verließ das Haus durch den Damensalon und über die Hintertreppe.
    »Harry,« sagte Frau von Vandeleur und wandte sich dem Sekretär zu, »ich habe heute morgen einen Auftrag für Sie. Sie sollen aber eine Droschke nehmen, ich kann nicht zulassen, daß mein Sekretär Sommersprossen bekommt.«
    Die letzten Worte sprach sie mit Nachdruck und begleitete sie mit einem Blicke voll mütterlichen Stolzes, der dem armen Harry außerordentlich wohl tat, so daß er sich für glücklich erklärte, in ihrem Dienste tätig sein zu können.
    »Der heutige Auftrag gehört auch zu unsern Geheimnissen,« fuhr sie fort, »und kein Mensch darf etwas davon wissen als mein Sekretär und ich. Der General würde greulich dazwischenfahren, und wenn Sie nur wüßten, wie entsetzlich mir diese Auftritte sind! O Harry, Harry, können Sie mir sagen, was euch Männer so heftig und ungerecht macht? Doch wie können Sie das! Weiß ich doch, daß Sie der einzige Mann auf der Welt sind, der von diesen schändlichen Leidenschaften frei ist! Sie sind so gut, Harry, und so lieb. Sie wenigstens können der Freund einer Frau sein, und wissen Sie? Mirscheint's, die andern kommen mir bei dem Vergleich mit Ihnen nur noch um so häßlicher vor!«
    »Sie, gnädige Frau, Sie sind so gütig zu mir,« sagte Harry ritterlich. »Sie handeln gegen mich wie –«
    »Wie eine Mutter,« unterbrach ihn Frau von Vandeleur. »Ich will Ihnen eine Mutter sein. Oder wenigstens,« verbesserte
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