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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem
Autoren: Harry Thürk
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abgestellt. Die kleinen Karren mit den Gangways fuhren heran, die Türen wurden geöffnet, und ein Strom von Reisenden quoll heraus: Touristen und Geschäftsleute, Soldaten und amerikanische Zivilisten mit mürrischen Gesichtern. Der Flug war ein wenig unruhig gewesen. Man schätzte das nicht, in der Nacht wollte man in seinem Sessel zurückgelehnt schlafen. Doch nun schien alles vergessen zu sein.
    Die Touristen fanden sich in Grüppchen zusammen, Amerikaner, fast ausnahmslos. Man würde ihnen die Tempel zeigen und die Klongs, ein paar Vorführungen einheimischer Tänze, ein Besuch im Massagesalon für die Ledigen und jene, deren Frauen nicht mitgekommen waren, dann würde man sie nach Dhonburi fahren, ans Meer, später nach Ayuthaya. Sie würden in Pathaya baden, in vollklimatisierten Zimmern moderner Hotels wohnen, und nach zwei Wochen würden sie zurückfliegen, mit all den Filmen voller Schnappschüsse, mit ein oder zwei nachgemachten antiken Buddhafiguren, manche auch mit einer Erkrankung, die durch Penicillin zu heilen war. Das Land verdiente an ihnen. An den Soldaten verdiente es auf andere Weise. Meist waren es Angehörige der Einheiten, die auf den Stützpunkten stationiert waren, Flieger, Ranger. Der Vietnamkrieg war vorbei, aber die Vereinigten Staaten betrachteten Thailand weiterhin als den großen, unversenkbaren Flugzeugträger in Südostasien, und sie blieben hier, solange das irgend möglich war. Sie zahlten dafür. Doch das Geschäft war auf ihrer Seite. Thailand nahm eine erhebliche Menge jener Konsumgüter auf, die Amerika in Massen erzeugte und die anderswo nur noch schwer abzusetzen waren. Wenn man dafür Stützpunkte erkaufen konnte, so war das ein guter Handel. Aber selbst das fiel schon nicht mehr so sehr ins Gewicht. Ein großer Teil der einheimischen Industrie befand sich ohnehin in den Händen amerikanischer Monopole, gleich ob sie Waschpulver herstellten, Kattun oder Coca-Cola. Dieses Land war ein Anhängsel der Vereinigten Staaten. Die Generäle, die es regierten, garantierten das.
    Der kleine, untersetzte Mann, der als einer der letzten aus der Boeing stieg und sich ein wenig verloren vorkam, während er zur Abfertigung ging, fiel nicht auf. Er war in einen hellen Anzug gekleidet und trug einen leichten Hut. Hinter seinen Brillengläsern funkelten zwei außerordentlich wache Augen, die begierig alles aufnahmen, was sich ihnen bot. Der Mann schien allein zu reisen, und es schien auch, als habe er keine Reisebekanntschaft gemacht, denn er schlenderte einzeln zur Abfertigung, wo er nach einigem Warten seinen Pass vorlegte.
    Der Beamte las laut den Namen: „Professor Leo Wilkers?"
    Der kleine Mann nickte.
    „Arzt?"
    Er nickte wieder. Der Beamte blätterte in dem Pass, fand das Visum und stempelte es ab. Mit einem freundlichen Lächeln übergab er dem Mann den Pass wieder und bedeutete ihm, sich zur Zollabfertigung zu bemühen, einem niedrigen Tisch, der viele Meter lang war und auf dem bereits das Gepäck der Fluggäste bereitstand. Wilkers hatte keine Eile. Er stellte sich in der Nähe seiner Koffer auf und wartete. Als ein Beamter erschien und ihn fragend anblickte, reichte er ihm seinen Gepäckschein und deutete auf die beiden nicht gerade großen Koffer. Der Beamte erbat nochmals den Pass, erkundigte sich wiederum, ob Wilkers Arzt sei, und als ihm das bestätigt wurde, legte er eine Hand auf einen Koffer und fragte: „Berufsgepäck?"
    Wilkers verneinte.
    Der Beamte wollte wissen: „Führen Sie Medikamente mit?"
    „Kopfschmerztabletten."
    „Alkohol?"
    „Nein."
    Da lächelte der Beamte und händigte ihm Pass und Gepäckschein aus. Mit einem Stückchen Kreide machte er kleine Kreuze auf die Koffer, und dann wünschte er Wilkers höflich einen angenehmen Aufenthalt. Wilkers bedankte sich ebenso freundlich. Seine Koffer waren nicht schwer. Er trug sie ohne Mühe aus der Halle. Vor dem Gebäude blickte er sich suchend um, bis er die Reihe der Taxis entdeckte, japanische und amerikanische Autos. Einer der Fahrer lief herbei und verstaute die Koffer, während Wilkers einstieg.
    „Man hat mir das Hotel Asia empfohlen", sagte der Professor, als der Fahrer sich hinter das Lenkrad klemmte. „Ist es ein vernünftiges Hotel?"
    Der Fahrer war ein noch junger Thai, der sehr kurz geschnittenes Haar trug und überhaupt den Eindruck eines Soldaten machte, der gerade ausgemustert worden ist und in einem neuen Beruf zu arbeiten anfängt. Er wiegte den Kopf und antwortete: „Asia ist ein gutes
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