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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten
Autoren: Santa Montefiore
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hatte. Dann begriff er, dass sie wusste, wer er war, und er war unsagbar erleichtert.
    Sie sah ihn mit einer Zärtlichkeit an, auf die er nicht vorbereitet war. »Mein Sohn«, sagte sie.
    Rafa war zu überwältigt, als dass er etwas antworten konnte. Er hatte geahnt, dass sie seine Mutter war; in Italien dann waren seine letzten Zweifel ausgelöscht worden. Und dennoch wurde es erst in diesem Moment, in dem sie es aussprach, real.
    Er blickte Dante an. »Mio figlio«, sagte der und streckte Rafa seine Hand hin.
    »Du hast nach mir gesucht?«, flüsterte Marina, während sie zögernd auf ihn zuging. Rafa konnte nur nicken, als die beiden Menschen, die ihn auf die Welt gebracht hatten, ihre Arme um ihn legten.
    »Dann bist du nicht Baffles, der Dieb«, konstatierte Jake, dem der Moment entschieden zu gefühlsduselig wurde.
    Rafa lachte. »Natürlich nicht.«
    »Und was wolltest du in Marinas Zimmer?«
    »Ich habe nach Beweisen gesucht, dass sie meine Mutter ist.«
    »Hast du welche gefunden?«, fragte Marina.
    »Nein, bloß ein Gedicht. ›My Marine Marina‹.«
    »Ah, der falsche Schuhkarton. Das Gedicht brachte mich auf meinen Namen. Ich hatte es in Katherine Bridges Gedichtband gesehen, der bei meiner Ankunft in Beach Compton auf meinem Nachttisch lag. Zwar verstand ich den Text nicht, weil ich ja kein Wort Englisch sprach, aber Marina ist auch ein italienischer Name für mare, das Meer. Das Meer war das Einzige, was England mit Italien gemein hatte, deshalb wählte ich Marina als meinen Namen und riss die Buchseite mit dem Gedicht aus. Ich hole schnell den richtigen Karton mit den Sachen, an denen meine Erinnerungen all die Jahre hingen.«
    Sie verließ das Zimmer und lief nach oben. Ihr war so wunderbar leicht, dass sie zu fühlen glaubte, wie ihr Herz in ihrer Brust hüpfte.
    Rafa saß neben seinem Vater. Er hielt immer noch die Mappe in der Hand, die er Clementine gezeigt hatte. Nun blätterte er sie vor Dante auf. »In den Unterlagen meines Onkels wirst du nirgends erwähnt«, sagte er. »Aber ich bin froh, dass ich dich auch gefunden habe.«
    Dante nahm den kleinen Samtbeutel aus der Mappe und linste hinein. Drinnen glitzerten der Diamantring, den er Floriana geschenkt hatte, und das Armband von seiner Mutter. Er drehte den Ring in seiner Hand hin und her und dachte an den Abend, als er ihn ihr unter dem Sternenhimmel am Strand gab. Damals hatte er gedacht, sie würden gemeinsam alt werden.
    »Wo ich jetzt weiß, wer du bist, erkenne ich, dass du Marinas Augen hast«, stellte Jake fest.
    »Gütiger Gott, du hast recht«, sagte Grey. »Warum ist uns das nicht früher aufgefallen? Die Ähnlichkeit ist verblüffend.«
    »Und meine Haarfarbe«, ergänzte Dante. »Nicht dass man es noch sehen könnte, denn ich bin ja längst grau.«
    » Ich habe nie geglaubt, dass du Baffles bist«, sagte Clementine und lächelte ihn an. Er grinste ihr zu und erlaubte sich, den Blick etwas länger auf ihr verweilen zu lassen, bis Marina mit einem alten Schuhkarton zurückkam.
    Sie kniete sich vor das Sofa und hob den Deckel hoch. Beim Anblick des Inhalts wurde sie nicht mehr von Schuldgefühlen erdrückt. Die waren wie weggeblasen. »Dies sind die kleinen Schätze aus unserer kurzen Zeit zusammen. Ein Foto von dir, das die Mutter Oberin machte.« Sie betrachtete es fasziniert und staunte, dass das kleine Baby auf dem Bild jetzt als erwachsener Mann vor ihr saß. »Da, sieh nur, wie niedlich du warst. Und deine Decke.« Sie presste die Babydecke an ihre Nase. Als Nächstes holte sie einen Briefumschlag aus dem Karton. »Eine Locke von dir. ja, du warst hellblond und hattest Haar wie Seide. Es sind alberne Dinge.« Es war ihr peinlich, dass ihr Hände zitterten, als sie verzückt die wenigen Andenken vorführte. »Aber sie waren alles, was ich hatte.« Sie holte einen Stapel Briefe aus dem Pappkarton, die mit der rosa Schleife von Violetta zusammengebunden waren. »Und die hier habe ich in Ehren gehalten.« Sie blickte wehmütig lächelnd zu Dante.
    »Wie hast du mich genannt?«, fragte Rafa.
    »Du wurdest Dante getauft.«
    Er sah zu seiner Gürtelschnalle hinab. »Das ist bis heute mein zweiter Vorname. Rafael Dante Santoro, R.D.S. »Als du mich in Italien Dante vorgestellt hast, fügte sich alles zusammen. Da wusste ich, woher ich kam. Aber ich war nicht sicher, ob ich es dir sagen konnte, ob du es wissen wollen würdest. Ich war mir nicht mal mehr sicher, ob ich es wissen wollte, schließlich hattet ihr mich ja weggegeben. Aber
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