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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod
Autoren: Daniel Scholten
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die Klinke in der Hand und sah zurück in die Halle. Sofi konnte er nicht entdecken, sie kauerte hinter der Innentür und atmete nicht. Es tropfte aus ihrer Nase, ohne dass sie schniefen konnte. Der Mann schloss die Tür und ging zurück. Sofi sank in sich zusammen und spürte, wie ihre Hose nass wurde.
     
    Barbro presste sich in die Ecke des langen Kellerflurs. Einige Meter weiter arbeitete sich jemand im Heizungskeller durch einen Stapel Umzugskartons. Aus dem Kesselraum strömte sommerwarme Luft in den Flur. Barbro labte sich daran. Der Mann hatte sie nicht bemerkt, und Barbro ließ ihn suchen, solange es ging. Sie hatte nur diesen Mann bemerkt. Ab und zu zeichnete sich sein Schatten auf dem Estrich des langen Ganges ab. Sie glaubte, dass er zu kurz war, um von Fohlin stammen zu können. Der maß gute zwei Meter.
    Da drang eine laute Stimme von oben: »Jon Ola!«
    Die Geräusche aus dem Heizungsraum erstarben im selben Augenblick. »Ja!«, rief Jon Ola.
    »Warst du draußen?«
    Der Mann zögerte und rief dann: »Nein!« Von oben kam keine Antwort, nur Stille. Der Mann begann nach wenigen Sekunden wieder zu rascheln und zu rumpeln. Barbro dachte an Sofi. Auf einmal hielt Jon Ola inne, schöpfte Verdacht. Er hatte wohl erwartet, dass der andere herunterkam. Aber er kam nicht.
    Er trat in den Türrahmen. Der Mann vom Parkplatz. Jon Ola Sundman. Der Kellergang war lang wie ein U-Bahn-Waggon.
    Er zog sich unter dem ganzen Haus mit seiner riesigen Grundfläche entlang. Acht Schritte von Barbro entfernt stand der kleine Mann. Sie war am Ende des Ganges in die Hocke gesunken und in den Schatten eingetaucht. Er sah die Treppe hinauf. Barbro, die mit der Waffe auf sein Ohr zielte, bemerkte er nicht. Sie drückte sich aus der Hocke.
    Jan Ola wollte sich in Bewegung setzen, die Treppe hinauf.
    »Halt!«, rief Barbro gedämpft. »Leg dich hin, du Zwerg!«
    Er drehte langsam den Kopf in Barbros Richtung und starrte sie nur an, er zuckte weder zusammen noch gab es eine andere Reaktion. Es wäre klüger gewesen, um die Ecke zu springen, aber das tat der Mann nicht. Barbro hielt ihr Telefon in der anderen Hand und drückte die Eins. Sie hielt es sich ans Ohr. Kjell meldete sich sofort.
    »Maris Haus, Sundman und Fohlin. Ich habe die Waffe auf ihn gerichtet.«
    »Wir sind schon unterwegs!«
    Der Mann trat einen Schritt auf sie zu.
    »Er will mich angreifen.«
    »Du musst sofort schießen! Wir kommen aus seiner Wohnung. Er und Fohlin waren Berufssoldaten. Nicht warten. Sofort schießen!«
     
    Sofi stemmte sich von der Wand ab und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Sie hatte zwei, drei Sekunden geweint, aus Angst. Das machte sie wütend. Sie folgte dem Mann. Er stand am Treppenabsatz zum Keller und rief hinab.
    »Warst du draußen?«
    Ein dumpfes Nein kam aus dem Keller zurück. Bevor der Mann seinen Fuß auf die nächste Stufe setzen konnte, war Sofi hinter ihm, stieß ihm von hinten den Griff der Waffe in weitem Schwung gegen den Kehlkopf und sprang ihm mit dem rechten Fuß in die Kniekehle seines Standbeins. Während sie es tat, erkannte sie, wie dumm sie war. Der Körper gab viel weniger nach, als sie erwartet hatte. Aber sie traf gut, und wenn man es unerwartet macht, geht auch ein starker Körper nach hinten zu Boden. Aus Fohlins Kehle drang ein Blubbern. Sie war mit dem Griff der Pistole schräg über seinen Kehlkopf gestreift. Er knallte mit dem Kopf auf die Steinfliesen und blieb liegen. Sie packte ihn am Kinn und am rechten Arm. So konnte sie ihn mit Mühe über den glatten Boden zerren, nur ein Stück weit in die Mitte der Halle. Fohlin war nicht bewusstlos, er strampelte. Sie hieb ihm mit dem Knie gegen die Schläfe, aber es schlackerte so, dass sie ihn schlecht traf und die Kraft nicht auf ihn überging. Er wand sich und versuchte, sich auf den Bauch zu drehen. Dann war seine Hand ganz plötzlich da und schnappte nach ihrer. Er fasste ihr Handgelenk und zog sie zu sich. Sein Oberkörper schnellte hoch, er ballte die freie Hand zur Faust und hielt Sofi so fest, dass sie seine Faust kommen sah, ohne ausweichen zu können. Mit voller Wucht schlug sie auf ihrem Kinn ein. Sein Griff verhinderte, dass sie wegflog. Stattdessen knickte sie zu Boden und schlug nun selbst mit dem Kopf auf den Steinboden. Er wälzte sich auf sie und presste sein Knie zwischen ihre Beine.
     
    Barbro ließ das Telefon fallen und nahm die Pistole in beide Hände. Der Mann machte noch einen Schritt und noch einen. Er stand in der Mitte des
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