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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod
Autoren: Daniel Scholten
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Algier?«
    Ragnar schmatzte. »Die Ägypter passen akribisch auf, dass keine Antiquitäten aus dem Land geschmuggelt werden, sonst gäbe es dort bald nur noch Sand. Die Schmuggler befördern das Schmuggelgut auf dem Landweg durch die libysche Wüste nach Algerien, und von dort verschiffen sie es nach Europa oder Amerika.«
    Kjell empfand eine tiefe, warme Dankbarkeit für Kenneth Fohlin, die leider nur kurz anhielt. Dann fiel ihm ein, dass er zwei Morde aufklären musste, die er sich noch immer nicht erklären konnte.

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    Sie trabten durch den Wald. Bald schon spürten sie ihre Zehen nicht mehr. Der tiefe Schnee war an der Oberfläche angefroren und brach beim Auftreten ein. Obwohl sie beide dicke Hosen trugen, gingen sie wie durch Glasscherben. Zur Kälte gesellte sich bei Soft die Angst. Da war seit Kairo eine falsche Verbindung in ihrem Gehirn entstanden, die sie nicht mehr kappen konnte. Sie nahmen den Weg in Richtung SHF, indem sie einem Wegweiser mit der Aufschrift »Klärwerk« folgten. Der Weg schlängelte sich durch den Wald. Sie trugen beide ihre Waffen im Halfter unter den Jacken. So wurde das Metall einigermaßen gewärmt. Sie hätten sie lieber herausgeholt, um sie parat zu haben, wenn sie auf Fohlin oder Sundman stießen, aber dann würden die Pistolen und ihre Hände trotz der Handschuhe so kalt werden, dass man sie nicht mehr halten, geschweige denn abfeuern konnte. Jetzt begriffen sie beide, warum ihnen Henning zu Beginn der Kälte vor drei Wochen die Neunzehner weggenommen und durch Vierunddreißiger ersetzt hatte. Deren Lauf war so lang, dass man ihn auf den freien Unterarm auflegen konnte.
    Nach einiger Zeit standen sie auf einmal vor der Ringstraße. Beide seufzten sie. Wären sie allwissend gewesen, hätten sie mit dem Auto gleich hierher fahren können. Mit zitternden Händen ließ sich Sofi den aktuellen Standpunkt von Sundmans Telefon durchgeben. Er musste sich weiter Richtung Nacka bewegt haben. Sie überquerten den kleinen Kanal über eine Schleuse und folgten dieser Richtung.
    Sofi blieb stehen. »Heute Joggen.«
    »Was?«, fragte Barbro.
    »Heute Joggen! Das hat Fohlin in das Internetforum geschrieben. Im Sommer joggen hier bestimmt viele. Wetten, dass Fohlin in seinen Mittagspausen hier entlangläuft?«
    Sie keuchten. Barbro drehte den Kopf in alle Richtungen. »Ich weiß, wo«, raunte sie und ging entschlossen weiter.
    Sofi folgte ohne Fragen. Sie liefen Sickla Strand entlang, erreichten fünf Minuten später ein Wohngebiet und marschierten durch kleine Straßen, bis Barbro den Arm wie einen Schlagbaum ausstreckte. Sofi prallte dagegen und blieb stehen. Barbro starrte die Straße hinauf und deutete auf ein Haus. Es lag fünfzig Meter entfernt. Es war das Haus, das Mari von ihrem Vater geerbt hatte.

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    »Können wir Sofis Telefon nicht orten lassen?«, fragte Kjell.
    »Wenn ich Sofi dabeihätte, ja. Jetzt müssten wir den Weg über die Zentrale gehen.«
    Kjell und Henning hatten sich im Petrejusvägen getroffen und bald den Wagen der beiden entdeckt, doch sie konnten Sofi und Barbro nirgendwo ausmachen. Zweimal war bei Sofi besetzt gewesen, dann bekam er ein Freizeichen. Doch Sofi hob nicht ab. Kjell studierte den Stadtplan. Ihnen war auch aufgefallen, dass die SHF nicht weit entfernt lag. Obwohl beides so nah beieinander lag, empfanden Stockholmer aus anderen Stadtteilen die beiden Orte als zwei durch die Schnellstraße voneinander getrennte Welten.

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    Sofi und Barbro hatten ihre Telefone auf lautlos geschaltet und sich getrennt dem Haus aus verschiedenen Richtungen genähert. Es sah verlassen aus und dunkel. Sofi war nicht davon überzeugt, dass sie hier richtig waren. Das Haus konnte nicht der angestammte Treffpunkt der beiden sein. Warum sollte Fohlin so leichtsinnig sein, sich hier mit Sundman zu treffen?
    Barbro wagte einen Vorstoß zur Haustür. Sofi spürte ihren Puls. Er war jetzt schon alarmierend schnell. Ob die Kälte in ihren Knien nur von der Außentemperatur kam, wagte sie nicht zu entscheiden und bereute, Barbro alles verschwiegen zu haben. Nun konnte sie nicht auf ihre Rücksicht hoffen. Barbro flitzte aus einem Gebüsch, lief in weitem Bogen an der Tür vorbei und ließ sich hinter dem Brennholzstapel neben Sofi auf eine Kiste sinken.
    »Das Siegel ist intakt«, flüsterte sie. »Ich muss in dem Haus etwas übersehen haben.«
    Sofi bibberte, weil sie so lange regungslos in der Kälte ausgeharrt hatte. Barbro rieb mit den Händen Sofis Wangen und dann ihre Hüften
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