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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod
Autoren: Daniel Scholten
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zweihundert von Maris Verhör.«
    Kajsa kommt zum Fenster und sieht hinab auf die Straße. In die Kamera blickt sie hingegen nie. Aus ihrem Verhalten war man versucht zu schließen, dass sie von der Wohnung im Haus gegenüber nichts wusste. Dann gehörte sie zu Petersson, überlegte Kjell. Sie stand auf seiner Seite. Kjell hatte eher das Gegenteil vermutet. So hektisch, ja fast panisch, wie sie sich auf dem Video durch Peterssons Wohnung bewegte, musste sein Zustand sie überrascht haben. Ihre Panik bewies, dass ihr die Konsequenzen gleich bewusst waren.
    Kajsa verschwindet für einige Sekunden aus dem Bild und taucht mit einem Zettel auf. Kjell beugte sich zum Monitor vor. Es war der Passwortzettel, den er und Sofi später mit dem Passwort unter der Schreibtischunterlage finden würden. Sie hält den Zettel vor Peterssons Augen. Mit einiger Verzögerung gelingt es Petersson, den Kopf zu bewegen.
    »Sie kennt das Passwort nicht«, sagte Kjell zu Henning. »Schau dir Petersson an. Er nickt in Richtung Gang und will ihr den Tipp geben.«
    »Sie versteht es aber nicht.«
    Kajsa verlässt das Zimmer.
    »Ist sie jetzt aus der Wohnung oder nur aus dem Zimmer?«, fragte Henning.
    Kjell war sich auch nicht sicher. Seine Aufmerksamkeit galt dem Zettel. »Hast du bemerkt, dass sie den Zettel mit dem Passwort nicht mitgenommen hat?«
    Henning nickte. »Braucht sie nicht. Es ist nur die Kopie. Das Original ist erst am vergangenen Wochenende in Nysättra verbrannt. Aber was war in der Mappe?«
    »Die Diskos-Unterlagen. Siehst du die Wand? Jetzt ist sie noch weiß. Als wir ankamen, hingen dort die Kartonagen. Auch auf dem Schreibtisch liegt noch nichts davon. Aber die Mappe muss sie vergessen haben.«
    Kajsa erscheint nicht mehr im Bild. Minuten vergehen, bis plötzlich ein Mann vor Petersson steht und um ihn herumgeht. Er spricht mit ihm, doch Petersson ist nicht mehr bei Sinnen. Es ist Sundman. Sundman spricht zur Zimmertür. Die eingeblendete Uhrzeit zeigt 1 Uhr 12. Dann bricht der Film ab.
    »Unsere gute Barbro, da hatte sie wieder ihren Haifischriecher.« Henning schloss die Datei und probierte die nächste. Sie begann um 1 Uhr 36. Die entscheidenden Minuten fehlten, aber dennoch konnte niemand anders als Sundman Petersson den zweiten Stoß versetzt haben.
    »Jetzt haben sie umdekoriert«, murmelte Henning. Auf einmal war die Schreibtischunterlage voller Papiere. Das Zimmer sah jetzt so aus, wie die Polizei es kurz darauf vorgefunden hatte.
    »Und die Mappe ist auch verschwunden. Ich sag dir, Henning, die Sachen sind echt. Die haben wirklich am Diskos gearbeitet.«
    »Aber auf diesen Unterlagen steht die Entzifferung nicht. Wenn es sie gibt, ist sie in Nysättra verbrannt.«
    »Probier noch eine höhere Zahl«, bat Kjell, der sich wunderte, warum noch so viele Dateien folgten.
    Henning klickte wild auf eine der letzten Dateien. Henning und Kjell blickten einander an. Der Monitor zeigte die Fassade von Maris Haus in Nacka.
     

68
    Sofi zitterte. Es lag nicht an der Kälte. Unter ihrer Hose und der lacke hatte sie es warm. Ihre Knie hatten ganz unmerklich zu schlottern begonnen. Seit Barbros Aufbruch hatte sie von Minute zu Minute heftiger gezittert. Das war sechs Minuten her. Sofis Knie schlackerten und schlugen gegeneinander, und dasselbe taten ihre Backenzähne. Mit der Angst kam die wirkliche Kälte. Sie durchzog ihren Körper in einer geraden Linie von den Knien nach oben, als stiege sie in einen tiefen, kalten Bergsee.
    Kurz bevor die Linie ihre Schultern erreichte, entschied sie sich, etwas dagegen zu tun. Sie stemmte sich aus der Hocke und lief taumelnd an der Flanke des Hauses entlang. Das Kellerfenster verwarf sie sofort. Wenn sie dort einstiege, wäre sie dabei jedem Angriff ausgeliefert. Sie streifte sich die Handschuhe von den Händen und warf sie gegen den Gartenzaun in die Dunkelheit. Mit gezogener Waffe drückte sie ihren Rücken neben der Tür gegen die Hauswand. Sie sah den Spalt. Obwohl ihre Angst größer war als das Haus, schlüpfte sie hinein. Sofort entdeckte sie den Heizkörper und legte ihre Finger in mittlerer C-Lage darauf, wie sie es in ihrer ersten von insgesamt drei Klavierstunden gelernt hatte. Auf einmal flog die Tür zur Halle auf. Sofi schraubte ihren Körper mechanisch hinter der Tür in den Stand und erstarrte. Es war nicht Barbro. Die festen Schritte stammten von einem Mann. Der Mann machte drei Schritte zur Haustür und verharrte. Er hatte bemerkt, dass die Tür nur angelehnt war. Er hielt
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