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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod
Autoren: Daniel Scholten
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Lederpantoffeln auf den Gang, um die Ratlosigkeit der beiden Polizisten mitzuerleben. Er kehrte in seine Wohnung zurück und erschien sogleich wieder mit einem Metallrohr und einem riesigen Hammer in den Händen. Das Ende des Hammers war in seinen Ausmaßen einem Ziegelstein nachempfunden. Er wies die beiden Polizisten an, das Rohr gegen das Schloss zu halten. Bevor er ausholte, strich er sich noch einmal durch seine ölig schimmernde Fönwelle. Dann schwang er den Hammer ansatzlos mit einer halben Hüftdrehung gegen das andere Ende des Rohrs. Sogar Henning zuckte zusammen.
    »Keine Angst«, sagt der Mann erst jetzt, nachdem das Rohr einen Spalt in die Tür gerissen hatte und darin steckte. »Ich bin Wagenmeister. Früher war ich Stellmacher.« Tatsächlich hatte der Mann das vier Zentimeter dicke Rohr, das von einer Wasserleitung stammte, aus vollem Schwung getroffen. Die Tür hing noch in den Scharnieren und wurde von einem Zapfen an der Oberkante daran gehindert, durch den Flur zu fliegen. Den Zapfen erledigte Henning mit einem gelangweilten Tritt. Der Nachbar folgte ihnen unaufgefordert in die Wohnung, die Kjell und Henning nun vorsichtig erkundeten, und fühlte sich augenscheinlich gleich wie zu Hause. An der Garderobe betastete Kjell eine Garnitur Schutzkleidung, wie sie Leute bei der Bahn trugen.
    »Alle hier im Haus arbeiten bei SF drüben im Depot«, erklärte der Mann.
    »Kennst du Jon Ola?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Er ist im Werk für die Schlösser zuständig.«
    »Nicht nur im Werk«, sagte Kjell und bat ihn, sich ins Treppenhaus zu stellen und Bescheid zu geben, wenn jemand die Treppe hinaufging oder unten den Lift rief. Er machte sich über alle Schubladen her und stieß auf Sundmans Lohnabrechnung.
    »Henning!«, rief er durch den Flur. »Der Kerl ist Schlosser bei der SF. Deshalb kommt er so elegant in jede Wohnung und kann sich Schlüssel nachmachen.«
    Henning trat aus einem der Zimmer. »Komm lieber mal her!«, rief er und winkte.
    Das Zimmer diente als Lager für Computer und andere technische Geräte. Henning hielt eine Kamera in der Hand, als hätte er gerade das Geschenkpapier darum abgewickelt. »Frohe Weihnachten!«, wünschte er.
    In der anderen Hand hielt er das Notebook. Es sah schwer aus. Sie ließen sich auf dem schmuddeligen Junggesellensofa nieder und warteten darauf, dass der Computer endlich bereit war, ihre Fragen zu beantworten.
    Die Stunden um Peterssons Tod ließen sich nur schwer finden. Die Videodateien waren mit einer laufenden Nummer betitelt. Datum und Zeit erfuhren sie erst durch die Einblendung im Videobild. Das Bild war immer auf das Fenster der Wohnung gezoomt, und ohne die Einblendung hätte man nicht mal die Jahreszeit erahnen können, oder ob draußen die Sonne schien oder alles im Dunkeln lag. Die Kamera schwenkte immer zwischen den drei Fenstern hin und her, je nachdem, hinter welchem gerade etwas geschah. Plötzlich ein Schnitt. Dann war Ida im Bild. Kjell keuchte aufgeregt. Das war nicht Peterssons Wohnung. Es musste bei Sahlin sein. Ida brachte Sahlin Einkaufstüten, trank Kaffee und ging dann wieder.
    »Das muss Tage vorher gewesen sein«, überlegte Kjell. »Probier die nächste Datei.«
    Henning tat wie geheißen und eilte im Schnellvorlauf durch mehrere Tage. Er wollte die Datei gerade schließen.
    »Warte!«
    »Solange kein Schnee kommt, sehen wir den Mord nicht.«
    »Wer ist das da?«
    »Petersson und Mari.«
    Die Kamera war auf das winzige Schlafzimmer gerichtet.
    »Das ist nicht Petersson. Das ist … Das darf Linda nie erfahren!«
    Kurz vor Kjells Nervenzusammenbruch setzte endlich der Schnee ein. Aber man konnte trotzdem gut erkennen, dass Mari nicht gelogen hatte: Um o Uhr 51 verlässt sie die Wohnung. Petersson sitzt an seinem Tisch und sackt in sich zusammen. Plötzlich steht Kajsa Björklund vor ihm. Sie stellt eine große Mappe ab und gestikuliert wild. Petersson hebt den Kopf. Kajsa kramt in den auf dem Boden verstreuten Unterlagen, dann im Schrank. Sie geht zu Petersson und schüttelt ihn. Er versucht, etwas zu sagen, aber Kajsas Reaktion zeigt, dass sie es nicht verstehen kann. Vor ihm liegen die Dokumente, die Kjell vor kurzem im SHF-Archiv in den Händen gehalten hatte.
    »Du hast dich verrechnet, Kajsa«, synchronisierte Henning Peterssons Mundbewegungen. »Du wirst nichts bekommen, Mari erhält das ganze Geld!«
    Henning sah Kjell an. »Fünfhundert, dass das erste Testament Kajsa begünstigt hat.«
    »Ich bekomme aber noch
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