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099 - Der steinerne Gott

099 - Der steinerne Gott

Titel: 099 - Der steinerne Gott
Autoren: Dämonenkiller
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„Wohin fahren wir, Unga?"
    „Zu Magnus Gunnarsson."
    Dorian blickte aus dem Seitenfenster des Landrover über die Lavawüste, die in der Ferne von zerklüfteten Felserhebungen begrenzt wurde. Der Anblick war trostlos und beeindruckend zugleich.
    Der Dämonenkiller fühlte sich in die Urzeit versetzt. So mußte die Welt in den ersten Tagen der Schöpfung ausgesehen haben.
    Nirgends waren Anzeichen von Leben zu entdecken. Kein Vogel zwitscherte, nicht einmal ein Grashalm ragte aus dem Gestein. Das Geländefahrzeug kroch wie ein Insekt aus einer anderen Welt durch die urweltliche Landschaft.
    „Liegt Gunnarssons Gehöft nicht in einer anderen Richtung?" fragte Dorian, ohne den Blick von der Landschaft zu nehmen. Sie mutete ihn wie ein Spiegelbild seiner inneren Leere an. Ja, der Vergleich war passend; ihm war, als blickte er auf die Landschaft seiner Seele hinaus.
    „Gunnarsson ist nicht auf seinem Gehöft", sagte Unga. „Er erwartet uns an einem Solfatarenfeld. Der Fahrer weiß Bescheid."
    Der Rotschopf hinter dem Steuer nickte wortlos. Dorian kannte von dem Mann nicht einmal den Namen. Er wäre auch nicht in der Lage gewesen, von ihm eine Beschreibung zu geben, wußte nur, daß er sie zu Magnus Gunnarsson fahren sollte.
    Nun waren sie schon drei Stunden unterwegs. Reykjavik lag bestimmt bereits 120 Kilometer hinter ihnen.
    Unga blickte zur Seite. „Bist du in Ordnung, Rian?"
    „Warum sollte ich nicht in Ordnung sein?"
    „Nun - du hast in letzter Zeit einiges durchgemacht. Der Ys-Spiegel hat an deinen Kräften gezehrt. Hast du ihn bei dir?"
    „Ich fühle mich körperlich blendend", sagte Dorian knapp. Er klopfte sich auf die Brust. „Ja, den Spiegel habe ich bei mir. Ich könnte noch nicht ohne ihn auskommen. Das weißt du doch."
    „Gut, körperlich bist du fit", sagte Unga beschwichtigend, „aber du siehst aus, als seist du gemütskrank. Fällt dir der Abschied von Coco so schwer? Du hast dich doch nicht von ihr um den Finger wickeln lassen?"
    Dorian biß die Zähne aufeinander und schüttelte den Kopf. Er wollte Unga nicht gestehen, daß er sich bei Gunnarssons Gehöft mit Coco verabredet hatte. Er hoffte, daß er sich bis dahin endgültig entschieden haben würde.
    „Ich habe mit Coco gesprochen", fuhr Unga fort. Er schnitt eine Grimasse. „Sie scheint nicht einsehen zu wollen, daß sie dich deine eigenen Wege gehen lassen muß. Zugegeben, sie ist eine einmalige Frau und ein prächtiger Kamerad, aber…"
    „Halt den Mund!"
    „Schon gut." Unga machte eine begütigende Geste. „Ich kann dich ja verstehen. Aber es war dein Entschluß, den Stein der Weisen zu finden. Du warst versessen darauf, Hermes Trismegistos' Geheimnis zu ergründen. Nun mußt du auch die Konsequenzen tragen."
    „Ich bin bereit", erwiderte Dorian. „Es fällt mir nur auf die Nerven, wenn du wie ein Wasserfall redest. Es wäre besser gewesen, dir das Sprechen nicht beizubringen. Als radebrechender Barbar hast du wenigstens den Mund nicht so oft aufgemacht."
    Unga lachte. Er hatte sich den Gegebenheiten des 20. Jahrhunderts angepaßt. Dies war um so erstaunlicher, da er als Mann der Steinzeit nach einem Jahrtausendeschlaf plötzlich mit einer technisierten Zivilisation konfrontiert worden war, die für ihn völlig fremdartig und unverständlich gewesen sein mußte. Aber Unga hatte sich schnell in die heutige Welt integriert - und das zeigte wohl am deutlichsten, was für ein außergewöhnlicher Mann er war. Ganz zu schweigen von seiner herkulischen Gestalt.
    „Unga?" „Ja?"
    „Du hattest mit deiner Bemerkung vorher recht. Ich fühle mich innerlich wie zerrissen, einfach elend. Und ich mache mir Sorgen. So nahe vor dem Ziel beginnen mich Zweifel zu plagen."
    Unga sah ihn ernst an und sagte: „Noch kannst du zu Coco zurückkehren."
    „Darum geht es gar nicht", sagte Dorian abwehrend. „Meine Zweifel sind anderer Natur. Erinnere dich der Vorfälle in dem Hochhaus von New York! Später erfuhr ich, daß gleich nach dem Einsturz jemand in meinem Namen Tim Morton angerufen und ganz konfuses Zeug von sich gegeben hat. Bald darauf - noch bevor Luguri seinen Blutregen über die norwegische Insel Mageröya fallen ließ - meldete sich der Unbekannte in meinem Namen in Castillo Basajaun und behauptete, daß diese Ereignisse längst der Vergangenheit angehören würden, obwohl sie noch nicht einmal passiert waren."
    Das Geländefahrzeug ließ die Lavawüste hinter sich und fuhr einen zerklüfteten Hang hinauf. Aus den Spalten und
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