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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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diesen seltenen Zusammentreffen vermengten sich die ursprünglichen Trolle und Andas Kinder, während sie sich ansonsten aus dem Weg gingen. Nur wenn sie in den Krieg zogen, fanden sie zueinander, wie die Zwerge zu ihrem Leidwesen mehr als einmal festgestellt hatten. Die Sprösslinge von Andas Zorn lebten tiefer als die übrigen Stämme in den Gebeinen der Erde, wo das Dasein noch härter war und nur ihre legendäre Kraft und Zähigkeit ihnen überhaupt ein Überleben ermöglichte. Dort, wo die Luft stets heiß war und es nur wenig Wasser und Nahrung gab, trotzten sie der Welt ihre Existenz ab.
    Der Kampf wogte noch hin und her, doch Zran wurde müde, während seine Gegnerin über die unerschöpfliche Kraft des Dunkelgeists verfügte. Er ist kein Pard, dachte Kerr bei sich, und bei der Erinnerung an den großen Jäger verzog er schmerzlich das Gesicht. Pard war es einst gewesen, der sich Anda entgegengestellt hatte und dem es gelungen war, die unbesiegbar erscheinende Trollin zu töten, auch wenn es ihn sein eigenes Leben gekostet hatte. Immer noch vermisste Kerr den Anführer ihres Stammes, der ihn oft wegen seiner Schwächen verspottet hatte. Aber er hat auch meine Stärken erkannt, und er hat mir vertraut. Wir könnten einen wie ihn gebrauchen. Seit Turk gefallen ist, fehlt den Jägern einer, der so ist, wie diese beiden es
    waren. Als wolle er die düsteren Gedanken des Trolls bestätigen, verlor Zran in diesem Moment den Halt und fiel zu Boden. Sein Gegenüber beugte sich über ihn, und für einen Moment glaubte Kerr, dass die Trollin sich auf ihn
stürzen würde. Unbewusst spannte er die Muskeln an, bereit, voranzustürmen. Gewalt lag in der Luft; er konnte sie riechen, schmeckte sie auf der Zunge, fühlte sie im Schlag seines Herzens.
    Doch Andas Kind legte nur den Kopf in den Nacken und ließ ein Siegesgeheul ertönen. Langsam atmete Kerr aus und entließ die Spannung aus seinem Leib. Er war einer der wenigen, die noch die Zeiten des Trollkrieges kannten, weil er dabei gewesen war. Die Wirren der nachfolgenden Zeiten hatten viele das Leben gekostet, die Kriege gegen die Zwerge ihren Tribut gefordert, und natürlich war das Leben in den Tiefen der Welt niemals leicht. Das Geheul weckte alte Erinnerungen in dem Troll; Erinnerungen an dunkle Gänge, durch die er gejagt worden war, an Kämpfe und schließlich an Druans Tod unter Andas Klauen. Doch nun standen alle Trolle Seite an Seite.
    Mühsam richtete Zran sich wieder auf. Einige seiner leichteren Wunden schlossen sich bereits wieder. Seit Andas Tod waren die Klauen ihrer Kinder weniger gefährlich; noch immer konnten sie töten, aber wenigstens heilten die von ihnen gerissenen Wunden wieder, wenn sie nicht zu tief gingen. Reflexartig griff Kerr sich an die Seite, wo die wulstigen Narben noch von der Macht der toten Trollin kündeten. Das Geheul schwoll noch einmal an, dann verebbte es.
    Kerr spürte die Blicke der Trolle auf sich ruhen. Aller Trolle. Wer hätte gedacht, dass Andas Trolle jemals auf mein Wort warten würden, dachte er spöttisch, trat aber mit ernster Miene in den Kreis, wo die Trollin gerade Zran den Arm reichte. Oder dass einer von ihnen einem von uns Hilfe anbietet. Der durchdringende Geruch des Blutes lenkte ihn ab, ebenso wie die anderen Trolle. Einige waren nervös, scharrten mit den Füßen. Kerr roch ihre Zweifel.
    Ruhig ließ er den Blick über die Versammlung wandern, drehte sich langsam im Kreis und fixierte jeden. Es war still in der Höhle, abgesehen vom Herzschlag der Welt,
der niemals gänzlich verstummte. Kerr wusste, dass er ihn schärfer vernahm als andere Trolle, sogar schärfer als Andas Kinder. Die Ereignisse damals hatten ihre Spuren nicht nur auf seinem Leib hinterlassen, sondern auch in seinem Geist. Noch immer träumte er manchmal von der Oberwelt, vom grellen Licht der Sonne, das dort herrschte, und von der endlosen Weite des Sternenhimmels. So viel Zeit war vergangen. Die Jungen seines menschlichen Hareeg Şten waren schon erwachsene Mitglieder ihres Stammes; ebenso wie seine eigenen Kinder es hier unter der Erde waren.
    Wie immer, wenn er vor allen sprach, rief er die Erinnerungen nun freiwillig zu sich. Er spürte die Gegenwart seiner alten Freunde und Gefährten an seiner Seite: Druan und Pard, die sich zu ihnen gesellten. Die ihn alles gelehrt hatten, was er wusste. Die ihn zu dem gemacht hatten, was er jetzt war. Die Verbindung zwischen Andas Kindern und den Trollen. Die Geisterstimme, die beide Welten kannte
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