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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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und in ihren Worten sprach. Die gegen und mit Anda gekämpft hatte. Sie alle warteten auf seine Worte, weil sie alle ihnen vertrauten. Was, wenn ich nicht mehr bin?, zuckte es ungebeten durch Kerrs Geist, bevor er die Stimme erhob.
    »Ein guter Kampf.«
    Eine einfache Feststellung, die auf Zustimmung traf. Einige brummten leise, andere nickten. Kerr machte eine Pause, sammelte seine Gedanken. Seine nächsten Worte würden für Unruhe sorgen, und er wollte, dass jeder sie verstehen konnte.
    »Viele Dreeg haben wir nun gemeinsam in unserer Heimat verbracht. Wir haben gekämpft.« Wieder wartete er kurz ab. »Und wir haben gesiegt!«
    Diesmal nickten sie alle, die ursprünglichen Trolle und Andas Kinder. Keiner hier, nicht einmal die Jüngsten, kannte ein Leben ohne Kampf.

    »Wir sind unbeugsam geblieben. Wir haben unsere Heimat verteidigt. Wir haben hier unsere Schlachten geschlagen, wo wir Trolle seit Ewigkeiten leben. Aber jetzt müssen wir einen Kampf beginnen, der uns woandershin führt.«
    Das überraschte seine Zuhörer. Seit dem letzten Vordringen der Zwerge war einige Zeit vergangen. Die Trolle hatten ihnen eine blutige Nase verpasst, ihnen in den Tunneln und Höhlen aufgelauert und sie vertrieben. Bislang hatten die Zwerge sich von dieser Niederlage noch nicht erholt. Aber das werden sie. Sie werden wiederkommen und wieder und wieder. Und irgendwann werde ich nicht mehr sein, und es wird einen unüberwindbaren Graben geben zwischen den ursprünglichen Trollen und Andas Kindern. Ich bin die Brücke, erkannte Kerr, und mit mir wird diese verschwinden. Eine leise Ahnung davon hatte er schon vor langer Zeit verspürt. Seine einzigartige Beziehung zu dem Dunkelgeist gab ihm eine besondere Stellung in den Augen von Andas Kindern, die sonst nur Stärke verehrten. Kaum ein ursprünglicher Troll konnte gegen die Macht der Kinder bestehen, und so achteten sie kaum einen anderen Troll.
    Aus der Ahnung war mit der Zeit Gewissheit geworden. Auch wenn er nicht wirklich der Anführer war, blickten doch alle zu ihm hin, wenn eine Entscheidung getroffen werden musste. Er führte alle, die alten Stämme der Trolle und Andas Kinder, wenn auch nicht der aus Kämpfen gewonnenen Rangordnung nach, so doch durch die Kraft seiner Erfahrung. Keinem anderen schenkten beide Seiten genug Vertrauen. Er allein konnte die Wände durchbrechen, die zwischen ihnen aufgetürmt waren, und er war hinabgestiegen, nach Andas Tod, und hatte ihre Kinder gesucht und gefunden. Damals hatte er sie gefürchtet und war dennoch gegangen. Sie hatten seine Furcht gerochen, hatten ihn gejagt. Aber sie hatten ihn nicht getötet. Denn das Herz des Landes schlug laut in ihm, und sie hörten es und vergaßen seine Furcht.

    »Ich werde an die Oberfläche gehen. Zu den Menschen. Ich habe die alten Geschichten gehört. Die Menschen haben etwas mit dem Herzen des Landes getan. Ich werde herausfinden, was es war.«
    »Die Menschen?«, rief eine Trollin erstaunt.
    »Ich habe lange beim Herzen gesessen, und es ist die einzige Möglichkeit. Ich muss wissen, was damals geschehen ist. Wir sind die Kinder des Herzens, die Kinder des Landes. Wir alle.«
    Ratlosigkeit zeigte sich auf den Gesichtern. Für sie alle war Kerr manchmal seltsam, seine Entscheidungen nicht nachvollziehbar, doch ihr Vertrauen war groß. Die wenigsten kannten Menschen überhaupt noch. Lediglich in den Geschichten von Druan und von Pard, von Anda, Zdam, Roch, von Vrok und auch von Kerr kamen die Menschen vor. Kleine, schwache Wesen, von denen es mehr gab, als ein Troll sich vorzustellen vermochte, die hinterhältig kämpften, die eine glühende Himmelsscheibe anbeteten und an der Oberfläche hausten, wo es keine Decke über ihnen gab, nur einen endlosen Horizont. Keiner der Trolle ging gern an die Oberfläche, wo die tägliche Herrschaft der Sonne ihnen das Leben unmöglich machte.
    Und Andas Kinder hassten das Licht und die fremde Umgebung noch mehr als die übrigen Trolle. Manchmal fiel es Kerr schwer, sie nicht als Trolle wie alle anderen zu sehen. Immerhin waren sie einst welche gewesen. Bevor Anda das Blut des Dunkelgeistes trank und seine Macht, aber auch seinen Hass und seinen Zorn und seine Schmerzen teilte. In vielen Dingen waren sie den Trollen der alten Stämme immer noch ähnlich, aber in ebenso vielen hatten sie sich verändert.
    In sich spürte Kerr den lauten Herzschlag. Vielleicht irrte er sich, aber er befürchtete, dass er an Intensität zunahm. Es war wie ein verlockender Ruf, der
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