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Lassiter und die Arapaho-Amazone

Lassiter und die Arapaho-Amazone

Titel: Lassiter und die Arapaho-Amazone
Autoren: Jack Slade
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Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Jammernde Laute stiegen aus ihrer Kehle, die in einen auf- und abschwellenden Singsang übergingen, ihr nackter Oberkörper schwang dabei vor und zurück.
    Plötzlich verstummte sie. Ihre Bewegungen erstarrten.
    Sie hatte den Schrei eines Adlers gehört.
    Sie riss die Augen auf und erschrak zutiefst, als sie den großen Vogel mit dem weißen Kopf und dem gekrümmten gelben Schnabel auf sich zuschießen sah. Die mächtigen Schwingen schlugen heftig. Der Wind, den sie entfachten, wirbelte ihr langes schwarzes Haar durcheinander und ließe die weiße Adlerfeder, die sie darin trug, flattern. Sie glaubte schon, dass die Krallen seiner vorgestreckten Greifer in ihren Körper hacken würden, doch dann war der Weißkopfadler mit einem pfeifenden Schrei an ihr vorbei.
    Sie warf sich herum und wollte aufspringen. Doch dann sah sie, dass der große Adler den Körper des Toten als Landeplatz ausgewählt hatte. Er legte die Schwingen zusammen. Seine kleinen Augen starrten sie an. Dann hackte sein mächtiger Schnabel hinab und riss den Köcher mit Pfeilen in die Höhe, der auf dem Büffelfell lag. Als er ihn wieder losließ, kippte der Köcher über den Rand des Gerüsts und fiel vor ihr auf den Boden.
    Wieder stach der spitze Schrei des Adlers in ihre Ohren. Seine Schwingen breiteten sich aus, und mit kräftigen Schlägen gewann er schnell an Höhe. Er flog über ihr ein paar Kreise, dann drehte er ab und war bald nur noch ein kleiner schwarzer Punkt in der hellen Bläue des morgendlichen Himmels.
    Sie starrte auf den vollen Köcher vor ihren Knien und fasste instinktiv nach der weißen Feder in ihrem Haar. Lightning Arrow hatte sie als Junge aus dem Nest eines Adlers geholt und seiner kleinen Schwester geschenkt. Sie hatte sie von da ab immer bei sich getragen und sie hatte ihr schließlich ihren Namen White Feather gegeben. Für sie war die Feder immer das Band gewesen, das sie und ihren geliebten Bruder miteinander verbunden hatte.
    Von einem Moment zum anderen begann sie zu frieren. Sie spürte, wie sich die Haut auf ihren Brüsten zusammenzog. Sie erhob sich und wollte sich schon nach ihrem Lederhemd bücken, als dumpfe Geräusche an ihre Ohren drangen.
    Sie zuckte heftig zusammen, denn sie wusste sofort, was es zu bedeuten hatte. Mit einem Satz war sie auf den Beinen, die in ledernen Leggings steckten. Um die Hüften hatte sie einen Schurz geschlungen, an dessen Gurt ein Messer in einer Scheide befestigt war.
    Der Adler war plötzlich wieder da. Sie hatte nicht bemerkt, dass er sich ihr abermals genähert hatte. Diesmal blieb er weit über ihr, aber sie vernahm seine Schreie, die auffordernd klangen.
    Wer war er? War es Wanbli, der Adler, in dem sich der Große Geist manifestierte?
    Ihr Blick fiel hinab auf den Köcher, und auf einmal wusste sie, dass Wanbli zu ihr gekommen war, um ihr den Weg zu zeigen.
    Sie nahm den Köcher auf. Ihr Blick fiel zum vorderen Pfosten des Totengerüsts. An ihm hing der große Kriegsbogen Lightning Arrows.
    Sie ging hin und nahm ihn ab. Sie hielt ihn nicht zum ersten Mal in den Händen. Lightning Arrow hatte sie gelehrt, mit ihm umzugehen. Als sie den Bogen das erste Mal in den Händen gehalten hatte, war er überrascht gewesen, wie selbstverständlich sie mit der Waffe umging, und als ihr erster Pfeil mitten ins Ziel traf, hatte er ihr staunend gesagt, dass sie ein Krieger sei, der nur in einem falschen Körper steckte.
    Sie warf sich den Köcher über die Schulter, behielt den Bogen in der linken Hand und lief auf den Hügelkamm zu, hinter dem die Geräusche lauter geworden waren. Sie hörte neben dem Pochen von Hufen den anfeuernden Schrei eines Mannes.
    Dann hatte sie den Hügelkamm erreicht und sah die kleine Rinderherde unter sich. Sie wurde nach Westen getrieben, hinaus aus dem Wind-River-Gebiet, in dem sie und ihr Stamm lebten.
    Die Kehle wurde ihr eng, als sie sah, dass es nicht nur braune Rinder waren, sondern auch schwarz-weiß gefleckte. Die bunten gehörten den Arapahos, so war es in einem Vertrag mit Big Jim Fremont vereinbart.
    Die kleine Herde wurde von einem Mann getrieben. Sie kannte ihn nicht. Er gehörte zu den Cowboys, die der neue Vormann nach Big Jim Fremonts Tod eingestellt hatte.
    Der Mann riss sein Pferd herum, als er die Gestalt auf dem Hügelkamm entdeckte. Sie sah, wie sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen verzog. Dann griff er vor sich ans Sattelhorn und löste sein Lasso. Mit einem Schrei
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