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Lassiter und die Arapaho-Amazone

Lassiter und die Arapaho-Amazone

Titel: Lassiter und die Arapaho-Amazone
Autoren: Jack Slade
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stieß er seinem Pferd die Hacken in die Weichen und trieb es den Hang zu ihr herauf. Über seinem Kopf begann die Lassoschlinge zu kreisen, und sie wusste, dass er vorhatte, sie wie ein Kalb einzufangen.
    Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    Über ihr schrie Wanbli, der Adler.
    Es war, als würde ihr toter Bruder aus dem Jenseits zu ihr sprechen.
    Ihre Bewegungen, mit denen sie einen Pfeil aus dem Köcher auf ihrem Rücken zog und auf die Sehne des Bogens legte, schienen ihr völlig natürlich, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan.
    Keinerlei Unruhe war in ihr, als sie den Bogen hob und die Sehne spannte.
    Der Cowboy war bis auf fünf Yards an sie herangekommen. Im nächsten Augenblick würde die Lassoschlinge auf sie zufliegen.
    Der Pfeil verließ die sirrende Sehne.
    Sie sah, wie er dicht über der Beuge seines angewinkelten linken Arms in seinen Körper schlug und ihn aus dem Sattel hob. Das braune Pferd wieherte schrill und wich mit einem Satz zur Seite der nackten jungen Indianerin aus, die sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
    Der Reiter war zu Boden gestürzt. Er rührte sich nicht mehr.
    White Feather wusste, dass ihr Pfeil ihn mitten ins Herz getroffen hatte. Sie ließ ihren Blick über die kleine Herde wandern, die zum Stehen gekommen war, weil sie nicht mehr getrieben wurde, und das saftige Gras zu fressen begann, das in dieser Senke wuchs.
    In ihr war kein Gefühl, als sie zu dem toten Cowboy hinüber ging. Sie streckte die Hand aus, um ihm den Pfeil aus der Brust zu ziehen. Etwas ließ sie zögern. Als sie sah, wie ein wenig Blut aus der Wunde quoll und seine hellblaue Jacke rot färbte, ließ sie den Pfeil in seiner Brust stecken und wandte sich ab.
    Sein Pferd war zu ihm zurückgekehrt. Sie kümmerte sich nicht darum, sondern lief zum Gerüst hinüber, auf dem ihr toter Bruder lag. Sie hängte den Bogen zurück an den Pfosten.
    Sie fror wieder, als sie ihr Lederhemd aufnahm und es überstreifte. Dann rief sie nach ihrer Appaloosa-Stute, die am Waldrand gegrast hatte. Das Tier kam sofort.
    Sie schwang sich auf den Rücken und legte von dort aus den Köcher, in dem nun einer der zwölf Pfeile fehlte, zurück auf das bemalte Büffelfell, in das ihr toter Bruder eingeschnürt war, zog die Stute herum und ritt hinüber zu der kleinen Rinderherde.
    Es bereitete ihr keine Mühe, das halbe Dutzend schwarz-weiß gefleckter Kühe aus der Herde abzusondern. Nach einer halben Stunde trieb sie sie in die Richtung zurück, aus der der Cowboys sie geholt hatte.
    Über ihr zog Wanbli, der Adler, seine Kreise. Einmal noch schrie er, dann schwenkte er ab und verschwand hinter den hohen Tannen, die die Hügel am Wind River bedeckten.
    »Danke, Wanbli«, murmelte sie. »Du hast mir den Weg gezeigt, der mich zu Lightning Arrow bringt. Jetzt zeige mir auch den Weg, der zu Lightning Arrows Mörder führt …«
    ***
    Sie froren in der Kutsche. Ein eiskalter Wind blies durch alle Ritzen, und Lassiter hatte manchmal das Gefühl, als würden Nadeln in seine Gesichtshaut stechen.
    Er spürte, wie sich Molly Keaton eng an ihn presste. Auch sie fror, obwohl sie einen dicken Büffelfellmantel trug und ihre Pelzkappe nur Augen und Nase in ihrem hübschen Puppengesicht freiließ. Sie litten, weil sie mit den Gesichtern in Fahrtrichtung saßen. Die gegenüberliegende Bank war mit drei älteren Frauen besetzt, denen sie es nicht hatten zumuten wollen, der beißenden Zugluft ausgesetzt zu sein. Ihre missbilligenden Blicke störten Molly nicht, die so dicht an den großen Mann herangerückt war, dass es aussah, als wolle sie in ihn hineinkriechen. Wenn die Ladys, die mit in Fort Washakie stationierten Offizieren verheiratet waren, gewusst hätten, was Molly unter der Decke, die über ihrem und Lassiters Schoß lag, mit ihrer linken Hand knetete, wären sie wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen.
    Er hatte Molly in Laramie kennengelernt, als sie gleichzeitig ihre Tickets für die Butterfield-Kutsche nach Medicine Bow erstanden hatten. Er hatte sie zu einem Abendessen eingeladen, nachdem sie ihm deutlich zu erkennen gegeben hatte, dass sie an ihm interessiert war, und nach dem Essen waren sie in seinem Hotel zusammen im Bett gelandet. In allen Stationen, in denen sie seitdem übernachtet hatten, war Molly zu ihm unter die Decke gekrochen. Sie hatten wilde Nächte hinter sich, und manchmal hatte er am nächsten Tag, wenn sie wieder mit den Soldatenfrauen in der Kutsche gesessen hatten, das Gefühl
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