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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer
Autoren: Dave Duncan
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befreien. Die vielfältigen Ereignisse des Tages zogen ihm immer wieder durch den Sinn und ließen ihn nicht in Ruhe. Der Alte schnarchte. Etwas stach ihn in den Rücken …
    Er verlagerte seinen Körper und versuchte es aufs neue, mit ebenso geringem Erfolg. Das Licht des Traumgottes erinnerte ihn an seine Nächte im Gefängnis. Dann drehte er sich zur Seite und blickte in ein Paar großer dunkler Augen, nicht weit von ihm entfernt. Katanji konnte also ebenfalls nicht schlafen, und das war kein Wunder. Wenn es für Wallie ein bedeutender Tag war, was mußte es dann erst für ihn sein?
    »Heimweh?« fragte Wallie leise.
    »Ein wenig, mein Lord.«
    Auch als er so alt war wie Katanji jetzt, hätte sich sein Bruder lieber alle Zehennägel herausreißen lassen, als das zuzugeben.
    »Es wäre schön, zu Hause zu sein«, flüsterte Katanja, »nur für ein Weilchen, damit ich ihnen erzählen könnte, was ich heute alles erlebt habe.«
    »Du darfst nicht erwarten, daß solche Tage allzuoft vorkommen«, sagte Wallie.
    »Aber es wird doch bestimmt wieder gute Tage geben, mein Lord, oder nicht?«
    War dies ein guter Tag gewesen? Nun ja, vielleicht war es so, letztendlich. »Ich denke schon. Gute Nacht, Novize Katanji.«
    »Gute Nacht, mein Lord.«
    Nnanji setzte das Schiff zum zweitenmal in schaukelnde Bewegung.
    Wallie öffnete noch mal die Augen und sah, daß der Junge immer noch wach war.
    »Ich danke dir, Katanji. Ich hatte keine Ahnung von den Piranhas!«
    »Das dachte ich mir, mein Lord.«
    Wallie sagte: »Das Geld, das ich dir unterwegs gegeben habe …«
    »Oh!« Katanji nestelte ungeschickt an dem unvertrauten Beutel seines Harnischs herum. »Das habe ich ganz vergessen, mein Lord.«
    Eier konnten doch fliegen! »Nein«, sagte Wallie. »Behalte es.«
    Katanji dankte ihm feierlich.
    Nach einer Weile flüsterte der Junge erneut: »Mein Lord? Hattet Ihr keine Elternmale?«
    »Hatte ich keine?«
    »Jetzt habt Ihr ein Vatermal, doch immer noch kein Muttermal.«
    »Hab ich das?« sagte Wallie laut und senkte dann wieder die Stimme. »Machst du keine Witze?« Er rieb sich mit einem Finger, den er mit etwas Spucke angefeuchtet hatte, über das rechte Augenlid. »Ist es immer noch da?«
    Katanji beugte sich näher heran, um besser sehen zu können. »Ja, mein Lord, ein Schwert.«
    »Ich danke dir, Katanji. So … jetzt versuche zu schlafen.«
    »Ja, mein Lord.«
    Ein Schwert … Shonsus Vater? Oder Hauptkommissar Smith? Oder einfach nur ein Zeichen der Anerkennung von dem Halbgott, der sich irgendwo freute und lachte?
    Danke, Kurzer.
    Welchen Beruf hatte Shonsu Mutter ausgeübt? Wallies Mutter war Berichterstatterin für die Sparte Verbrechen. Das könnte man mit dem Begriff »weibliche Barde« übersetzen, dachte er und schmunzelte in sich hinein.
    Er lag da und lauschte dem Knirschen der Seile und dem Gluckern und Rauschen der Bugwelle. Er dachte a den silberfarbenen Tod, der unter ihm in Schwärme vorbeizog, nur ein paar Zoll entfernt.
    »Mein Lord?« Es war ein sehr leises Flüstern.
    Wallie öffnete die Augen. »Ja?«
    »Was machen wir morgen?« fragte Katanji.
    »Oh, ich denke, uns wird schon etwas einfallen«, sagte Wallie.
    Das war sein Fehler, er hatte über den vergangene Tag gegrübelt, der erledigt und abgehakt war, weggespült und abgetrieben von den Gewässern der Göttin wie die Leichen. Er sollte lieber an die Zukunft denken Der Gedanke, der sich aus seinem Unterbewußtsein hochkämpfte, erschien endlich an der Oberfläche, und es war ein Befehl des Halbgottes: Geh hin und st Schwertkämpfer, Shonsu! Sei ehrenhaft und tapfer. Und genieße das Leben, denn die Welt ist zu deiner Freude da.
    Dann schlief er ein.
    Und der Traumgott strahlte zwischen den Sternen hindurch.

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