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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer
Autoren: Dave Duncan
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nie, Gefühle in Worten auszudrücken, doch sie erwiderte seinen Blick lange und eindringlich, mit unergründlichem Gesicht, und sagte schließlich: »Wir beide sind Sklaven, Herr.«
    »Wie meinst du das?«
    Ein ganz schwaches Lächeln huschte in dem silbernen Dämmern über ihre Miene. »Ich muß meinem Herrn gefallen. Mein Herr muß den Göttern gefallen.«
    Er legte den Arm fest um sie. »Sehr wahr, mein Liebling.«
    »War es das, was sie von Euch wollten?« fragte sie leise.
    Er nickte. »Blut! Unbarmherzigkeit. Grausamkeit.«
    »Wallie oder Shonsu?«
    »Wallie!« brauste er auf. »Shonsu besaß diese Eigenschaften bereits.«
    Sie schwieg eine Zeitlang, während das Schiff offenbar an Fahrt zulegte. »Für mich ist es leichter«, sagte sie ruhig. »Meine Aufgabe ist es, Euch Vergnügen zu bereiten, und das bereitet auch mir große Freude.«
    »Das Töten wird mir niemals Vergnügen bereiten«, knurrte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Doch Ihr werdet den Göttern gehorchen, Herr?«
    »Ja.« Er seufzte. »Das werde ich wohl. Sie belohnen mich großzügig.«
    Dann legte sie die Arme um ihn. Sie küßten sich mit der Leidenschaft von Liebenden, und er wußte, daß ihre Liebe nicht verloren, sondern im Gegenteil gestärkt worden war.
    Er beendete die Umarmung, bevor seine Drüsen vollkommen außer Rand und Band gerieten, und blieb eine Weile still sitzen, mit keuchendem Atem und einem entschieden besseren Gefühl als zuvor.
    »Ich habe gerade darüber nachgedacht«, sagte Honakura in den nächtlichen Himmel, »daß Schiffe gegenüber Maultieren einen gewaltigen Vorteil haben.«
    »Das habt Ihr bestimmt nicht gedacht, Alter!«
    »Doch«, antwortete der Priester schmunzelnd. »Wie hättet Ihr sie auf einem Maultier küssen können?«
    Später, als Wallie seine Mahlzeit beendet hatte, war er die Reste über Bord, Stück für Stück, und beobachtet in entsetzter Faszination, wie die Piranhas sich darauf stürzten. Aus dieser geringen Entfernung zum Wasser konnte er sie einzeln ausmachen, wenn er genau hinsah – flüchtiges Aufflackern von Silber im schwarzen Wasser, nicht größer als der kleine Finger eines Manne: aber mit der Fähigkeit ausgestattet, sofort in einer unbegrenzten Zahl zu erscheinen.
    »Gab es in Eurer Welt keine Piranhas, mein Lord? fragte Honakura, während er sich ans Schanzdeck lehrte und ihn belustigt ansah. Wallie fühlte sich ertappt.
    »Üblicherweise nicht«, gab er zu. »Wenn der Halbgott mich in solchem Unwissen über die Welt gelassen hat, dann muß er auch die Verantwortung dafür übernehmen, mich zu leiten.«
    Der Priester lächelte. »Ich schlage vor, daß Ihr dies Übung nicht noch einmal wiederholt, nachdem Ihr jetzt Bescheid wißt.«
    »Das habe ich mir bereits geschworen«, antwortete Wallie. »Aber erklärt mir doch bitte, was es mit dem Tempelteich auf sich hat.«
    »Auch dort kommen sie manchmal vor«, sagte der alte Mann. »Doch im allgemeinen meiden sie schnellfließendes Wasser, und daran könnte es liegen, daß der Teich überwiegend vor ihnen sicher ist. Ich würde allerdings trotzdem nicht freiwillig hineinwaten.«
    Wallie fragte sich, welche weiteren Schrecken dies Welt für ihn wohl noch parat haben mochte.
    Jja legte sich neben Vixini hin und schlief sofort ein. Wallie war noch zu aufgedreht, um dasselbe jetzt schon zu versuchen. Das Licht war heller als der Mondschein doch merkwürdig diffus, Doppelschatten erzeugend, Dunst stieg über dem Fluß auf. Die Sichtweite wurde immer geringer, und jetzt waren nicht einmal mehr die undeutlichen Gestalten von Kuhi, Nnanji und Katanji mittschiffs zu erkennen.
    Einige Minuten später kam Nnanji auf allen vieren herangekrochen und kniete sich vor Wallie und – zufällig – auch vor Honakura nieder. Er leckte sich noch immer die Finger ab, und sein Gesicht strahlte in der Dunkelheit unter einer dicken Dreckkruste. Er hatte sein Schwert nicht abgelegt, was merkwürdig war, aber sicher hatte ihn irgendeiner der schwer nachvollziehbaren Schwertkämpfergründe dazu bewogen.
    »Mein Lord?« sagte er. »Darf ich Euch jetzt den zweiten Eid schwören?«
    Wallie schüttelte den Kopf. »Das hat bis morgen Zeit, oder nicht? Du bist doch wohl nicht scharf auf eine Fechtlektion hier auf dem Boot, was?«
    Ein Grinsen entblößte weiße Zähne. »Nein, mein Lord.« Dann herrschte Schweigen.
    »Laß mich raten«, sagte Wallie. »Du möchtest wissen, warum die Götter diese Vergehen zugelassen haben?«
    »Ja, mein Lord.« Nnanji hörte sich
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