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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer
Autoren: Dave Duncan
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durchschaute, daß Wallie den Freispruch überhaupt nicht verstand.
    »Ich versichere Euch, mein Lord«, sagte Imperkanni nachdenklich, »daß ich nicht beabsichtige, mich in Eure Angelegenheiten einzumischen … doch in diesem Fall könntet Ihr vielleicht sogar elf vierundvierzig in Betracht ziehen.«
    Die oberen Stufen liebten es, über die Köpfe der jüngeren hinweg Sutras mit hohen Nummern zu zitieren – das taten alle. Yoningu runzelte die Stirn, denn mit Sechststuflern trieb man dieses Spiel normalerweise nicht. Nnanji machte ein beleidigtes und ratloses Gesicht.
    Elf vierundvierzig? Das letzte Sutra? Wollte Imperkanni prüfen, ob Shonsu ein echter Siebentstufler war?
    Dann ging Wallie ein Licht auf, und ein Blitz der Erregung erhellte die Dunkelheit seiner Schuldgefühle und seiner Müdigkeit. Er erkannte das Wohlwollen der Götter. Es war keine Prüfung gewesen – denn eine Prüfung hätte er nicht bestanden –, es war eine Lektion, und er hatte sie gelernt, wie es von ihm verlangt wurde. Er war kein Versager, er war immer noch Ihr Auserwählten Seine Erleichterung war so groß wie die Nnanjis.
    »Selbstverständlich!« sagte er. »Warum nicht? Eine sehr gute Idee, Lord Imperkanni!« Dann warf er den Kopf zurück und stieß das tiefe, dröhnende Lachen Shonsus aus, bei dem sich die Schwalben in die Lüfte hoben und die Pferde scheuten, die Maulesel auf der Wiese erstaunt aufhörten zu fressen, das Baby aufwachte, und dessen Echo hallte und widerhallte und über die Leichen im Wachhaus rollte wie der Schall der Tempelglocke.
    TRIUMPH!
     
    #1144 DER VIERTE EID
    Glücklich ist der, der das Leben eines Mitkämpfers rettet, und begnadet sind zwei, die jeweils das Leben des anderen gerettet haben. Nur diesen ist gestattet, diesen Eid abzulegen, und er soll vor allen anderen Vorrang haben, bedingungslos und unwiderruflich:
    Ich bin dein Bruder,
    Mein Leben ist dein Leben,
    Deine Freude ist meine Freude,
    Meine Ehre ist deine Ehre,
    Dein Zorn ist mein Zorn,
    Meine Freunde sind deine Freunde,
    Deine Feinde sind meine Feinde,
    Meine Geheimnisse sind deine Geheimnisse,
    Deine Gelöbnisse sind meine Gelöbnisse,
    Meine Güter sind deine Güter,
    Du bist mein Bruder.
     
    Die Sonne versank am Horizont, wie ein Blutstropfen im Sand versinkt, und deutete mit einem anklagenden, blutigen Finger über die Wellenkämme zu Wallie, der auf dem Anlegesteg stand. Vielleicht, so schlug Imperkanni vor, sollte der edle Lord erwägen, die Nacht im Wachhaus zu verbringen und die Reise am nächsten Tag fortzusetzen. Doch trotz seiner plötzlichen überschwenglichen glücklichen Stimmung wünschte sich Wallie nichts sehnlicher, als diesen Schauplatz des blutigen Gemetzels und überhaupt die ganze heilige Insel so schnell wie möglich zu verlassen. An jedem anderen Ort wäre ihm wohler zumute.
    Er wandte sich an den Schiffskapitän, der während der ganzen Verhandlung schicksalsergeben am Boden gesessen hatte und der jetzt erleichtert war. »Habt Ihr irgendwelche Bedenken, bei Nacht zu fahren, Schiffer?«
    »Nicht mit Euch an Bord, mein Lord«, sagte der Mann schmeichlerisch. Demnach hatte also das, was immer geschehen sein mochte, auch seine Auswirkung auf Schiffsleute.
    Der Verdacht und die Feindseligkeit waren wie weggeblasen. Jeder einzelne Mann aus der Truppe der Freien war dem unerschrockenen Lord Shonsu und dem unerbittlichen Adepten Nnanji vorgestellt worden, und jeder hatte sie unterwürfig zu ihrer großartigen Glanzleistung der Waffenkunst beglückwünscht. Nnanjis Grinsen war offenbar zur Dauereinrichtung geworden.
    Imperkanni hatte seine wirkungsvolle Organisation in Gang gesetzt. Nahrungsmittel und Matratzen wurden im Wachhaus zusammengesucht und zum Schiff getragen, die Leichen wurden weggeräumt, Pferde auf ihre Tauglichkeit hin untersucht und versorgt. Ein lachender Drittstufler brachte den brüllenden Vixini mit etwas Eßbarem zur Ruhe und weckte die Lebensgeister des alten Mannes mit einem Glas Wein, was eine dramatische Verbesserung seines Zustandes zur Folge hatte.
    »Wir unsererseits werden heute nacht hier bleiben«, sagte der Siebentstufler. Er sah den Maultiertreiber an. »Ihr könnt in einem der Pferdeställe schlafen. Wir werden einige der Maultiere morgen früh brauchen. Nicht viele.«
    Der Maultiertreiber machte den Eindruck, als ob er die schlimmsten Nachrichten über eine größere Katastrophe erhalten hätte. Der Blick seiner rattenhaften Augen zuckte vorwurfsvoll zu Wallie hinüber, der im ersten
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