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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels
Autoren: Rachel Hore
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Zeit dazu finde. Dann kann ich wenigstens etwas tun. Für Dad.«
    »Gut.« Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du magst, schaue ich mir mal den Papierkram an.«
    »Danke. Ach, übrigens …«, mein Blick fiel auf die Anstecknadel, die ich neben der unfertigen Scheibe liegen lassen hatte, »weißt du zufällig etwas über diese Brosche? Ist sie Dad vielleicht runtergefallen?«
    Zac nahm das Schmuckstück in die Hand, betrachtete es einen Moment lang und gab es mir kopfschüttelnd zurück. Ich drehte es herum, wunderte mich noch einmal über seine Herkunft und steckte es schließlich in die Tasche.
    Er ging ins Büro und begann, Dads großes Auftragsbuch auf dem Schreibtisch durchzublättern. »Sieht so aus, als wäre dieses Bild der letzte Teil einer Bestellung für eine neue Kirche in Süd-London«, sagte er schließlich.
    Eine Kirche. Der Brief des Pfarrers fiel mir wieder ein.
    »Das erinnert mich an was!« Ich lief los, um das Schreiben von Reverend Quentin von der Ladentheke zu holen. Aber es lag nicht mehr dort, weder auf der Theke noch irgendwo auf dem Fußboden.
    »Hast du zufällig einen weißen Briefumschlag gesehen?«, fragte ich Zac.
    »Meinst du den hier?« Zac zog den Brief aus der Tasche seines Overalls. »Du brauchst dich nicht darum zu kümmern. Ich habe ihn schon angerufen.«
    »Wie bitte?« Ich wusste, dass mein Ärger völlig unangemessen war, besonders weil ich vor Kurzem noch befürchtet hatte, überhaupt in die Sache hineingezogen zu werden, aber irgendwie nervte mich Zacs eigenmächtige Art. »Was hat er denn gesagt?«
    »Seine ›aufregende Entdeckung‹ hat er mit keiner Silbe erwähnt. Wollte bloß wissen, wie es deinem Vater geht. Anita aus dem Café hatte ihm erzählt, dass er im Krankenhaus liegt. Ich habe ihm vorgeschlagen, vorbeizukommen und ihm über den Stand der Arbeit an den Fenstern zu berichten. Am Montag um fünf bin ich mit ihm verabredet.«
    »Reicht das Licht um diese Zeit denn noch aus, um gut zu sehen?«, fragte ich scharf. Vielleicht war es albern, aber ich fühlte mich übergangen. Schließlich war ich diejenige gewesen, die den Brief geöffnet hatte, es war mein Vater, mit dem der Absender befreundet war, und wenn ich Reverend Quentin selbst angerufen hätte, hätte ich ganz sicher herausgekriegt, worum es sich bei seiner geheimnisvollen Entdeckung handelte.
    »Ja, es wird schon reichen.« Wir belauerten uns plötzlich wie zwei Preisboxer. Es war absurd. Ich wusste, dass Zac nur seinen Job machte; aber irgendein sturer Impuls in mir wollte unbedingt die Oberhand behalten.
    »Ich fahre mit dir«, entschied ich und verließ die Werkstatt, ehe Zac widersprechen konnte.
    Es war eine Zeit lang still, dann setzte das hässlich quietschende Geräusch des Glasschneidens ein. Ich hatte mich unmöglich benommen, und ich schämte mich dafür. Aber wenn ich heute zurückblicke, erkenne ich, dass ich viel zu niedergeschlagen und wegen Dad viel zu besorgt gewesen war, um vernünftig zu handeln.
    Ich versuchte die Scharte auszuwetzen, indem ich mich nützlich machte, die Ladentür aufschloss und alle Lichter anschaltete. Auf dem Fußboden stapelten sich mehrere Kartons mit Glasscheiben, die unser Großhändler gebracht hatte. Ich schnitt den obersten auf. Zumindest heute würde bei Minster Glass alles sein wie immer. Ich würde den Platz meines Vaters hinter der Verkaufstheke einnehmen.
    Während ich die farbigen Rechtecke seitlich in die dafür vorgesehenen Rillen der Regalfächer schob, damit man sie leichter durchsehen konnte – so wie früher die Vinylschallplatten –, kam Zac von Zeit zu Zeit vorbei, um irgendetwas zu holen. Er schien sich jedes Mal zu freuen, wenn er mich sah.
    Als Nächstes packte ich einen Stapel kleiner verzierter Spiegel aus und hängte sie an die hintere Wand, während ich an meine Tuba oben in der Wohnung dachte. Seit meiner Ankunft hatte ich sie noch nicht aus ihrem Kasten genommen. Auch mit Jessica von der Konzertagentur, die meine Engagements buchte, hatte ich noch nicht gesprochen. Sie wusste nicht, was passiert war und wo sie mich erreichen konnte. Ich dachte an Dad, wie er in seinem Krankenbett lag, und wieder kroch diese dunkle Angst in mir hoch und drohte mich zu ersticken. Ich hatte wahnsinnige Angst um Dad, aber auch um mich. Mein Leben kreiste in einer Art Warteschleife – aber im Moment konnte ich nichts tun. Nichts außer warten und mich damit beschäftigen, Glas auszupacken.
    Zac verschwand um die Mittagszeit; er murmelte etwas davon, dass
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