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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels
Autoren: Rachel Hore
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machte ihm weder etwas aus, sich die Nachmittage freizunehmen, wenn das Geschäft schleppend lief, noch vor einem knappen Liefertermin sieben Tage durchzuarbeiten. Zu anderen Zeiten kam und ging er, wie er Lust hatte, womit beide klarzukommen schienen; mich hätte es gestört, wenn ich sein Boss gewesen wäre. Und jetzt, wo Dad nicht da war, war ich wohl sein Boss. Dieser Gedanke irritierte mich. Was sollte ich Zac beibringen? Abgesehen von ein wenig Charme – nichts. Er könnte wenigstens so tun, als würde er sich freuen, mich zu sehen.
    »Du hattest recht mit dem Schlaganfall, Zac«, sagte ich. »Es ist wirklich ernst.«
    Ich berichtete ihm, dass Dad zu sich gekommen sei und die Ärztin, mit der ich heute gesprochen hatte – leider nicht der nette Dr. Bashir, sondern eine junge Frau mit kurzem, abstehendem Haar –, mir gesagt habe, dass die bisherigen Untersuchungen keinen Aufschluss darüber ergeben hätten, wie schlimm die Folgen des Schlaganfalls bleiben würden. Als ich sie fragte, wie schnell Dad sich wohl erholen würde, weigerte sie sich, darüber zu spekulieren, bestätigte aber, dass sein Erwachen ein gutes Zeichen sei.
    Zac steckte die Hände in die Taschen seiner speckigen Lederhose und starrte zu Boden. Nach einer Weile sagte er: »Das ist schrecklich. Es tut mir leid, Fran.« Und dann fügte er zögernd hinzu: »Ich habe wirklich getan, was ich konnte. Seine Atmung kontrolliert und sofort den Notarzt verständigt. Die Rettungskräfte waren innerhalb weniger Minuten hier. Vielleicht hätte ich noch etwas anderes …« In seinem Gesicht spiegelte sich die pure Verzweiflung.
    »Ich bin sicher, dass du alles richtig gemacht hast«, antwortete ich. »Und du warst bei ihm, das ist das Wichtigste. Wer weiß, was passiert wäre, wenn er allein gewesen wäre.«
    »Ja, da hast du sicher recht«, antwortete er düster. Einen Moment lang standen wir in Gedanken versunken da, dann sagte er: »Was hast du nun vor?«
    »Vor?«, wiederholte ich.
    »Ich meine, wie lange bleibst du hier? Du weißt ja, ich tue was ich kann, aber …« Er machte eine hilflose Handbewegung.
    »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich schätze, ich werde vorläufig erst mal bleiben. Wir wissen ja nicht, wie lange es dauert, bis es Dad wieder besser geht.« Wieder herrschte Schweigen. Dabei wurde mir bewusst, dass er mich ansah, mitleidig, aber auch forschend. Ich versuchte mir klarzumachen, dass es lange, sehr lange dauern konnte, bis Dad wieder arbeitsfähig war, wenn es überhaupt je wieder so weit kam. Ich verdrängte den Gedanken.
    »Es gibt genug Arbeit, um das Geschäft über Wasser zu halten«, meinte Zac langsam. »Und ich könnte etwas Hilfe im Laden gut gebrauchen.«
    Die Gedanken drehten sich in meinem Kopf, bis mir ganz schwindelig wurde. War es das, was Dads Krankheit für mich bedeutete? Hierzubleiben und meine Musik bis auf Weiteres aufzugeben?
    »Was für Arbeit?«, fragte ich, um mir Zeit zu verschaffen.
    »Diese hier zum Beispiel.« Er hob die rote Glasscheibe hoch, damit ich die Zeichenschablone darunter sehen konnte. »Ein Fenster für eine dieser Penthouse-Wohnungen am Themse-Ufer. Die Kundin wünscht einen Sonnenaufgang. Offenbar reicht ihr der echte nicht. Schau mal.« Er nahm eine Papierrolle vom Tisch und zeigte mir die Skizze, die er angefertigt hatte – die farbige Darstellung eines Sonnenaufgangs über einer Fantasielandschaft.
    »Das ist sehr hübsch«, sagte ich. »Was sonst noch?«
    Er beschrieb mir ein paar weitere Aufträge, die er zu bearbeiten hatte. Danach schaute ich mir die Reparaturaufträge an, die auf dem Regal aufgereiht waren: zerbrochene Lampenschirme, verstaubte Spiegel und Bilderrahmen mit gesprungener Zierleiste. An einer Wand lehnte ein hässlicher Paravent, dessen mittlerer Teil eingerissen war. Obwohl ich gar nicht die Absicht gehabt hatte, ertappte ich mich dabei, darüber nachzudenken, wie viel Arbeit die Reparatur wohl kosten würde. Ja, es waren einige Jahre vergangen, aber ich konnte sie übernehmen – wenn ich es denn wollte.
    »Und dann gibt es noch eine ganze Reihe Aufträge für Fensterreparaturen in Privathäusern«, erklärte Zac.
    »Was ist denn hiermit?« Ich ging zu Dads keltischem Entwurf, der immer noch unter dem Fenster lag. Auf einmal wollte ich mich gern nützlich machen. »Soll ich das fertigstellen?«
    »Wenn du möchtest.« Zac sah mich überrascht an. »Aber keine Eile. Schließlich bist du gerade erst …«
    »Ich würde es gern machen, sobald ich die
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