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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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zu werden, wenn möglich von ihr selbst!
    Satra bekam jedes Mal eine Gänsehaut, wenn sie sich klarmachte, dass es sich bei diesen Schriftrollen um jene sagenhaften des Gottes Thot handelte. Allein die Vorstellung, welch unschätzbares Wissen darin verzeichnet sein musste, ließ sie erschauern.
    »All die Geheimnisse der Priester und der Götter des Schwarzen und des Roten Landes – einfach sagenhaft!«, wisperte sie, als leise Schritte an ihre Ohren drangen.
    Erschrocken drehte sie sich um.
    Völlig verschwitzt und staubbedeckt kam Amunhotep zur Tür herein und ließ sich stöhnend auf einen Stuhl fallen.
    »Bringe mir was zu trinken«, wies er sie müde an. »Am liebsten wäre mir ein Krug mit frischem, kühlem Bier.«
    Satra sprang auf die Füße und eilte los, um ihm das Gewünschte zu besorgen.
    Als sie wiederkam, saß Amunhotep mit geschlossenen Augen da und döste vor sich hin. Sie reichte ihm eine Schale Bier und bückte sich, um ihm die verschmutzten Sandalen auszuziehen.
    Amunhoteps Beine waren bis hoch zu den Oberschenkeln mit Sand bedeckt, und auch auf seinem nackten Oberkörper, seinen Armen und seinem Gesicht hatte sich eine dünne, verhärtete Schicht aus Sand und Schweiß gebildet.
    »Du solltest dich baden, Herr«, wagte sie ihm zu raten. »Wenn du wieder erfrischt und sauber sowie gut massiert bist, wirst du dich besser fühlen. Ich hole in der Zwischenzeit etwas zu essen für dich aus den Küchen.« Sie sah zu ihm hoch, und er nickte müde.
    »Ich glaube, du hast recht.«
    Er reichte ihr die Schale und reckte die Arme über den Kopf, streckte sich und gähnte herzhaft. Anschließend erhob er sich und schlurfte in das für die königlichen Gäste vorbehaltene Badehaus.
    Als Amunhotep zurückkam, wartete bereits ein leckeres Mahl aus gebratenen Entenkeulen, geschmorten Nieren und herzhaft gewürzten Linsen auf ihn. Dazu hatte ihm Satra frisches Gemüse und einen kräftigen roten Wein besorgt sowie in Honig getunkte kleine Kuchen, welche noch warm waren und lecker dufteten.
    Dankbar warf Amunhotep seiner Dienerin einen knappen Blick zu und setzte sich, ohne sich vorher anzukleiden.
    Als er sich dem letzten Honigkuchen widmete, sah er wieder zu Satra hin. Sie hatte sich in eine Ecke des Zimmers gekauert und wartete ergeben auf weitere Anweisungen von ihm.
    »Was hast du vorhin vor meinem Schrein getan?«, fragte er sie ganz beiläufig, und Satra wurde blass und schluckte.
    »Nichts«, stammelte sie. »Ich habe ... ich habe gebetet, aber ich habe deinen Schrein nicht geöffnet.« Beschämt wich sie seinem Blick aus.
    »Du hast gebetet?«, entgegnete Amunhotep etwas ungläubig. »Ich dachte, du glaubst nicht an unsere Götter«, stellte er spöttisch fest, und Satra wurde feuerrot im Gesicht und wäre am liebsten im Boden versunken.
    Verlegen erhob sie sich und trat von einem Fuß auf den anderen. »Bitte, Gebieter, verhöhne mich nicht. Ich bin gerade dabei, meinen wahren Glauben zu finden. Der Besuch in jenem Labyrinth und in der riesigen Halle auf dem Plateau hat meinen Glauben über meinen Unglauben siegen lassen, aber dieser Sieg ist noch nicht sehr sicher. Also, Herr, verspotte mich nicht.«
    Amunhotep hatte den Kopf schief gelegt und musterte sie.
    Satra stand da und hatte die Stirn gerunzelt, wobei ihr ein gewisses Unbehagen anzumerken war, so als ob es ihr unangenehm wäre, darüber zu reden und ihren Glauben offen zuzugeben. Doch es schien ihr mit ihren Worten ernst zu sein, und so enthielt er sich einer weiteren Bemerkung. Stattdessen schob er sich genüsslich das weiche, warme Gebäckstück in den Mund. Hinterher wusch er sich die Hände und ließ sich von Satra beim Ankleiden helfen. Dann verschwand er, ohne ein Wort zu sagen, kam jedoch nach kurzer Zeit wieder zurück, um ihr mitzuteilen, dass sie ihm folgen solle.
    Gemeinsam durchquerten sie zügig die Gänge des Palastbezirks. Der Oberpriester führte Satra in einen Bereich, der für sie bisher verschlossen gewesen war, denn hier befanden sich die Privatgemächer des Herrn der Beiden Länder.
    Gebannt hielt Satra den Atem an, als Amunhotep mit einem leichten Kopfnicken auf den Gruß der beiden fremdländischen Gefolgsleute des Königs reagierte und geradewegs zu den Gemächern des Pharaos spazierte, so als wäre es das Normalste von der Welt.
    Vor einer schwer bewachten Tür aus vergoldetem Sykomorenholz ließ er sich bei Ramses melden. Kurz darauf wurde er hineingebeten.
    Zögernd trat Satra hinter Amunhotep in den Raum und fiel sofort
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