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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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Ramses aufgebracht dazwischen. »Höre auf, uns zu belügen. Du bist keine Priesterin.«
    »Ich belüge euch nicht», antwortete Satra völlig ruhig und sah von Ramses zu Amunhotep und wieder zurück. »Wenn du, Majestät, meine Geschichte gehört haben wirst, wirst du es verstehen.« Sie räusperte sich, während der Pharao seinen Groll hinunterschluckte und sie aufmerksam taxierte.
    »Gut, ich will hören, was du zu sagen hast.«
    »Danke, Majestät.« Satra verneigte sich erneut. »Während der Besichtigung stolperte ich und fiel hart auf den Hinterkopf. Als ich wieder zu mir kam, war ich allein, doch noch immer in Kemi. Ich befand mich aber nicht mehr im Tempel. Plötzlich lag ich auf felsigem Untergrund. Es war mir nicht klar, wie ich dorthin gekommen war, und so stand ich auf, um dem Rauschen zu folgen, das an meine Ohren drang. Wie überrascht war ich, als ich an den Rand des Felsplateaus trat und unter mir den Großen Tempel des Ramses’ gewahrte. Noch verwirrender erschien mir, dass ich nirgendwo die vielen Menschen sehen konnte, die sich noch kurz zuvor vor dem Heiligtum aufgehalten hatten. Der riesige Stausee war zu einem reißenden Fluss geworden, der tosend über die Ufer getreten war und das karge Land bewässerte.«
    »Ein Stausee?«, rutschte es Amunhotep verwundert heraus. »In Nubien haben wir nie den Fluss gestaut.«
    »Das stimmt, mein Gebieter, nicht in deiner Zeit.« Satra machte eine Pause, holte tief Luft und wandte sich direkt an Ramses. »Als ich aus meiner Bewusstlosigkeit erwachte, befanden wir uns im achten Regierungsjahr deines königlichen Vaters, Majestät. Als ich aber kurze Zeit zuvor stolperte und fiel, waren seit diesem achten Regierungsjahr mindestens 3100 Jahre vergangen.
    Du fragtest mich einmal, wer ich sei und woher ich käme. Damals konnte ich dir darauf keine Antwort geben, heute erlaubt es mir die göttliche Macht, die über mich gebietet. – Ich bin ein Mensch, ein sterbliches Wesen, aber ich stamme nicht aus deiner Zeit. Ich komme aus einer viel, viel späteren Epoche und wurde zurück in die Vergangenheit, in deine Zeit geschleudert. Wie das geschehen konnte und warum, ist mir bis heute unbegreiflich. Es entspricht aber der Wahrheit.«
    »Was sagst du da?« Ramses hielt sich an der Kante seines Arbeitstisches fest. »Du kommst aus einer späteren Epoche?«
    »Ja, Majestät. Ich werde erst in ungefähr 3100 Jahren geboren. Somit ist das Heute für mich das Gestern. Doch erhoffe dir nicht zu viel von mir. Was ich dir über deine Zukunft sagen darf, wird vom Großen Gott Osiris bestimmt, und ich glaube, dass das auch gut so ist. Anderenfalls könnte durch mich die Geschichte verändert werden. Eines aber kann ich dir mit Bestimmtheit sagen, Majestät: Hoffe nicht darauf, dass deine Grabstätte vor Räubern verschont bleiben wird. Mir fällt nur der Name eines einzigen Pharaos ein, dessen Westliches Haus im Königstal fast unversehrt geblieben ist. Dennoch wurde seine Ruhe gestört.«
    »Nur eines?« Bestürzung machte sich auf dem Gesicht des Herrschers breit und wechselte zu blankem Entsetzen. »Wie lautet sein Name?«
    »Osiris Tutanchamun.«

FÜNF
      
     
     
     
     
     
     
    Am nächsten Morgen fiel kein Wort über das, was Satra Seiner Majestät und dem Oberpriester erzählt hatte. Wortlos ließ sich Amunhotep von ihr beim Ankleiden helfen, aß das Frühstück, das sie ihm aus den königlichen Palastküchen geholt hatte, und begab sich wie stets zum Pharao.
    Nachdem Amunhotep gegangen war, richtete Satra seine Gemächer her, die aus einem großzügigen Schlafzimmer und einem Wohnbereich bestanden, und schlenderte anschließend zurück zu den Küchen, um sich ihr eigenes Essen zu holen. Damit verschwand sie in dem der Dienerschaft vorbehaltenen Teil des Gartens und setzte sich unter einen Schatten spendenden Baum.
    Gedankenversunken verzehrte sie das frische, fast noch warme Brot zusammen mit einer Zwiebel und einem kleinen Stück gebratener Ente, während sich ihr Geist nur mit dem einen Thema beschäftige, wie man ein Haus für die Ewigkeit bauen konnte, das vor Entdeckung und somit vor Raub und Schändung sicher war.
    Satra kam zu dem Schluss, dass es nur ein Grab sein konnte, das nicht vorhanden war. Man musste die richtige Sarkophagkammer verschwinden lassen und durch eine völlig identische ersetzen. Nur so wären der Leib des Herrschers und seine Schätze geschützt.
    Wie aber sollte man das anstellen?
    »Es müssen zwei Sarkophagkammern vorhanden sein«,
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