Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolfstrank

Der Wolfstrank

Titel: Der Wolfstrank
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
in der Nähe? Im Wald...?«
    »Überall, überall!«, sprach sie in meine Frage hinein. »Der Wald gehört ihm. Es ist seine Heimat. Hier lebt er sich aus, und hier wird er seine Freunde finden.«
    »Woher kennst du ihn?«
    Sie deutete ein Zucken der Schultern an. »Er war ein Suchender. Immer unterwegs. Er kannte die Natur, und er kannte noch mehr. Er hatte Kontakt mit anderen Welten. Er hat auch das Blut der Wölfe bekommen. Er hat Kräuter gesucht und daraus einen Trank gebraut. In ihm wurde auch das Licht des Vollmonds eingefangen. Wenn ein Mensch den Trank zu sich nimmt, wird er für immer zu einem anderen.«
    Das also war des Rätsels Lösung. Der Wolfstrank. Deshalb gab es keine Bissstellen an den Körpern.
    »Wo müssen wir deine Großmutter suchen? Befindet sie sich noch in der Hütte?«
    »Ja.«
    »Und Gordon?«
    »Er ist da und weg...«
    Mit dieser Antwort konnten wir nicht viel anfangen, aber ich ging davon aus, dass er sich bei Tageslicht in den dunkelsten Stellen des Waldes verborgen hielt und darauf wartete, dass die Nacht hereinbrach.
    Ich warf Suko einen fragenden Blick zu. Zu sagen brauchte ich nichts. Mein Partner nickte nur. Er war mit allem einverstanden, was uns zum Ziel führen würde.
    »Dann werden wir uns die Hütte mal näher anschauen, Lucy. Außerdem möchte ich deine Großmutter kennen lernen.«
    »Sie ist wie ich!«
    »Das werden wir sehen!«
    Lucy wollte sich wieder losreißen, aber Suko hatte aufgepasst und war schneller. Plötzlich hielt er sie im Polizeigriff und bog ihren Arm hoch.
    »Beweg dich lieber nicht, Kleine.«
    Sie stöhnte auf und beugte sich nach vom über. Die Hände waren für die Handschelle bestimmt, die Suko ihr mit einer routinierten Bewegung anlegte.
    Sekundenlang bewegte sie sich nicht und stand wie angewurzelt auf dem Fleck. Wahrscheinlich musste sie erst begreifen, was mit ihr passiert war.
    Dann schrie sie auf. Sie drehte sich um, sie wollte weglaufen, doch Suko war schneller und zerrte sie an der Schulter so hart zurück, dass sie in seine Arme fiel.
    Dort tobte sie weiter, auch wenn sie durch die Fessel stark beeinträchtigt war. Ihr Kopf war rot angelaufen, und bei genauerem Hinschauen sahen wir jetzt auch die feinen Haare aus den Poren in ihrem Gesicht sprießen.
    »Das Kreuz?«, fragte Suko.
    Es war eine Möglichkeit. Vampire und Werwölfe reagierten allergisch darauf. Ich wollte sie jedoch nicht verletzen oder vielleicht sogar töten.
    Bisher hatte der Trank seine volle Kraft noch nicht entfalten können. Wäre das der Fall gewesen, hätte Lucy King ganz anders ausgesehen. Sie beruhigte sich nur langsam. Es konnte auch sein, dass sie allmählich die Erschöpfung überkam.
    Trotz der Fessel hatte sie ihre Hände heftig bewegt, aber die Ringe nicht sprengen können. Sie ging so weit zur Seite, wie Suko es zuließ, und starrte uns dann an.
    »Du hast keine Chance«, sagte ich. »Erst recht keine, wenn du gegen uns arbeitest.«
    »Was wollt ihr noch?«
    »Alles. Besonders Gordon. Und wir wollen sehen, wie weit du schon involviert bist.«
    Was ich damit meinte, erfuhr sie in den nächsten Sekunden. Ich holte mein Kreuz hervor. Ich wollte Lucy nicht vernichten, aber ich musste den Test durchziehen.
    Sie erblickte meinen silbernen Talisman und sah plötzlich aus, als wollte sie vom Boden abheben. Allerdings erstarrte sie noch im Ansatz der Bewegung, denn der Anblick bannte sie.
    Ich schaute sie direkt an. Suko stand hinter ihr. Er hielt sie trotz der Handschellen fest. Seine Hände lagen wie beruhigend auf ihren Schultern.
    Etwas war seltsam und freute mich zugleich. Das Kreuz gab keine Wärme ab. Es wäre bei einem normalen Dämon oder bei einem Werwolf, wie wir ihn kannten, anders gewesen, zum Glück nicht bei diesem Mädchen. Dennoch war ihr der Anblick nicht geheuer. Zu viel von der anderen Kraft steckte bereits in ihr. Sie hatte ihr Gesicht verzogen. Sie hatte auch eine abwehrende Haltung eingenommen, und ihr heftiges Atmen wehte mir entgegen.
    Der Blick flackerte. Aus dem Mund drang ein leiser, heulender Laut. Schon mehr ein Wehklagen, und sie flüsterte: »Weg damit! Nimm es weg!«
    »Nein. Warum?«
    »Es schmerzt!«
    »Wie schmerzt es?«
    Sie sank nach vom. Mit dem Kopf zuerst. Hätte Suko sie nicht gehalten, dann wäre sie zu Boden gefallen. So aber schaute sie nur auf den Boden und wiegte sich dabei von einer Seite zur anderen. Ich hatte in diesem Augenblick den Eindruck, Lucy retten zu können.
    Dieser Fall wurde von einer familiären Tragik
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher