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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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diesen Morgen schon ziemlich früh zu seinem Zweigbüro gekommen, aber doch nicht so früh wie der erste einer langen Reihe von Versicherten. Wie sich herausstellte, war ein Gerücht im Umlauf, daß der Gesellschaft langsam das Geld ausginge. Das war selbstverständlich ein absolut lächerlicher Gedanke – wer druckte denn schließlich das Geld? Aber mit hundert verängstigten Menschen kann man nicht gut diskutieren, und vor Beginn der Schalterstunde warteten bereits über hundert Leute vor der Tür.
    Hammond war schnurstracks in das Büro in Neapel geeilt und hatte es seiner Crew überlassen, das beste aus der Situation zu machen. »Ich hoffe nur, wir haben noch ein Büro, wenn wir dort ankommen«, sagte er, während wir aus den Sichtschlitzen auf die vorbeihuschenden Felder und Weinberge hinaussahen. »Caserta ist eine schlimme Gegend, Wills. Der Ort wurde richtiggehend weggebombt, wissen Sie – der Südteil der Stadt ist radioaktiv. Außerdem hat er eine lange Tradition, was Schwierigkeiten betrifft. Er war die königliche Sommerresidenz der italienischen Monarchie, dann haben ihn die Amerikaner als Hauptquartier des Oberkommandos in jenem Krieg, in den auch dieser Mussolini verwickelt war, benutzt – der erste Atomkrieg übrigens. Er wurde immer und immer wieder von Kämpfen überzogen.«
    »Aber wissen sie denn nicht, daß die Gesellschaft über alle Reichtümer und Hilfsquellen der Erde verfügt?« argumentierte ich. »Eigentlich müßte ihnen dies bekannt sein«, fügte ich hinzu.
    »Natürlich wissen sie das – wenn sie denken. Aber im Augenblick denken sie eben nicht. Sie haben es sich nun mal in den Kopf gesetzt, daß der Gesellschaft das Geld ausgeht. Sie haben Angst. Man kann nicht mit ihnen reden. Nicht einmal Schecks nehmen sie an, sie wollen nur Bargeld.«
    »Das ist ziemlich albern, nicht? Ich meine, wenn -puh!« Ich würgte, als mich plötzlich der üble Hauch des unangenehmsten und penetrantesten Geruchs, den ich je wahrgenommen hatte, anwehte. Es war, als seien Tod und Zerstörung zu Gas geworden; ein süßlichkranker, alles durchdringender, sich festsetzender Mief, der durch meine Poren zu sickern schien und meinen Magen zum Revoltieren brachte. »Pfui Teufel!« sagte ich keuchend.
    Hammond sah mich erstaunt an. Dann grinste er säuerlich. »Neu hier, wie?« erkundigte er sich. »Das ist Hanf. Man pflanzt das Zeug wegen der Fasern an, und um an die Fasern zu kommen, läßt man es vergammeln und verfaulen. Sie werden sich daran gewöhnen«, versprach er.
    Ich versuchte es. Ich versuchte wirklich, mich daran zu gewöhnen; ich nahm kaum ein Wort von dem, was er sagte, wirklich wahr, während wir den Rest des Weges nach Caserta zurücklegten, so sehr versuchte ich es. Aber mich daran zu gewöhnen, das schaffte ich nicht.
    Ich wurde aber bald von meinen Problemen abgelenkt. Als wir eintrafen, arbeitete das Zweigbüro noch, aber es quirlten mindestens drei- bis vierhundert wütende und schreiende Versicherungsnehmer vor ihm herum. Als wir mit dem Panzerwagen angerast kamen, liefen sie vor uns auseinander. Wir hielten abrupt an, die Sirenen heulten auf, und die Expedienten sprangen mit schußbereiten Waffen aus dem Wagen.
    Hammond und ich kletterten mit den geldgefüllten Taschen ebenfalls heraus. Eine spürbare Erregung verbreitete sich in der Menge, als die Nachricht von Mund zu Mund ging, daß die Gesellschaft ungeheure Mengen von Lire gebracht habe – mehr als ein Mensch je zu Gesicht bekommen hätte –, um die Ansprüche auszuzahlen. Wir hörten das Geschnattere vieler aufgeregter Stimmen, und man konnte fast fühlen, wie die Spannung nachließ.
    Es hatte den Anschein, daß die Schwierigkeiten vorüber seien.
    Dann ertönte ein schrilles Pfeifen. Es hörte sich an wie eine Expedienten-Alarmpfeife; aber im Nachhinein bin ich mir nie sicher gewesen. Vielleicht war es ein Expedient, der aus irgendeinem Grund nervös geworden war, vielleicht war es aber auch ein Agent Provokateur in der Menge. Aber, wer auch immer auf den Auslöser gedrückt hatte, die Explosion war da.
    Aus der Menge kam ein erregter, rauher Schrei und schon zischten Steine durch die Luft. Die Friedfertigen in dem Mob liefen zu den Toreinfahrten und Seitenstraßen der Umgebung; Frauen schrien und kreischten, Männer riefen und brüllten, und einen Moment lang sah es so aus, als ob wir überrascht werden würden. Die meisten waren nicht friedfertig, und mindestens einhundert schreiende und gestikulierende Männer rasten auf uns
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