Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
Vom Netzwerk:
darüber nie etwas in den Zeitungen liest, aber ich habe genug von den Außendienstlern gehört. In der Sudetensache zwischen Wien und Prag wäre es fast zu einer Revolution gekommen.« Als der Kellner ihm das Tagesgericht vorsetzte, blickte er ihn sauer an. »Zum Teufel damit, Wills«, sagte er. »Muß was zum Trinken haben, um das Zeug runterzuspülen.«
    Wir bestellten Weinbrand, und Hammond schob dem Kellner seine A-Karte zu. Ich bin zwar nicht neugierig, aber es entging mir nicht, daß der größte Teil der entsprechenden Kupons schon aufgebraucht war. Wenn Hammond so weitermachte, waren sie bis zum Ausgang des Sommers verbraucht, und er würde seine Drinks dann bar bezahlen müssen.
    Das Essen war ziemlich öde. Das war Hammonds Schuld, denn er war mehr am Trinken als an einem Gespräch interessiert. Obwohl ich selbst nie ein großer Trinker gewesen bin, hatte ich doch einige Erfahrung darin, wie sich andere vollaufen ließen. Hammond stufte ich als den griesgrämigen und stillen Typ ein. Er war zwar nicht direkt grob oder unhöflich, aber nach dem Weinbrand zum Kaffee und den vier Whisky pur, die darauf folgten, sprach er fast überhaupt nicht mehr mit mir.
    Wir verließen das Lokal in gespannter Wortlosigkeit. Nach dem gekühlten Innern des Restaurants war die Hitze draußen schmerzhaft spürbar. Die Luft schien stillzustehen, und der Mief der Hanffelder drang in unsere Kleidung, als ob wir in einer Kloake baden würden. Über uns war es nun fast völlig dunkel, und niedrige schwarze Wolken zogen sich zusammen. »Wir machen uns am besten auf den Weg«, erlaubte ich mir zu sagen. »Sieht nach Regen aus.«
    Hammond grunzte nur. Er ging mir voraus, auf die enge Gasse zu, die zum Zweigbüro führte, an dem unser Wagen auf uns wartete.
    Die Entfernung betrug fast einen Kilometer. Ich kann nicht von mir behaupten, daß ich besonders faul bin, und sogar in dieser Hitze hatte ich nichts dagegen zu laufen, aber ich wollte mich nicht vom Regen erwischen lassen. Vielleicht war es nur eine abergläubische Furcht von mir – ich wußte, daß die Gefahr äußerst gering war –, aber ich konnte nicht vergessen, daß im Gebiet von Caserta und Neapel erst vor wenigen Monaten drei Atomexplosionen stattgefunden hatten und daß mit jedem Tropfen Regen eine beträchtliche Menge radioaktiven Fallouts herunterkommen würde. Ich versuchte mit Hammond darüber zu sprechen, aber er gab nur einen Laut des Unwillens von sich und stapfte weiter.
    Es war nicht so, daß wir unbedingt laufen mußten. Es gab zwar nicht viele Taxis in Caserta, aber doch einige. Und sowohl Hammond als auch ich rangierten so weit oben in der Hierarchie der Gesellschaft, daß es ohne weiteres möglich gewesen wäre, uns von einer der motorisierten Expedientenstreifen mitnehmen zu lassen.
    Über den östlichen Bergen leuchtete ein Blitz auf, gleich darauf gefolgt von dem wuchtigen Rollen des Donners. Ein fetter Regentropfen zerplatzte auf meinem Gesicht.
    »Hammond«, sagte ich, »lassen Sie uns in einen Hauseingang gehen und warten, bis uns jemand mitnimmt.« Zu meiner Überraschung kam er mit. Wenn er es nicht getan hätte, wäre ich glatt dazu bereit gewesen, ihn allein zurückzulassen.
    Wir befanden uns in einer Straße mit Mietshäusern. Sie schien fast völlig unbewohnt zu sein; ich pochte an die nächstgelegene Tür. Keine Antwort, kein Laut drangen heraus. Ich pochte nochmals und versuchte, sie zu öffnen. Sie war abgeschlossen.
    Die nächste Tür, genauso überaltert und morsch wie die erste, war ebenfalls verschlossen, und es antwortete wieder niemand. Auch bei der dritten Tür reagierte niemand, aber der Knauf drehte sich unter meinen Fingern, und wir gingen hinein. Es regnete inzwischen heftig.
    Wir ließen die Tür für den Fall offen, daß eine Streife oder ein Taxi vorbeikommen sollte – und um Licht zu haben. Es war jetzt wirklich dunkel draußen, abgesehen vom Aufleuchten der Blitze, aber nichtsdestotrotz war es drinnen noch dunkler. In dem engen, miefigen Flur gab es überhaupt kein Licht, nicht einmal unter den Türen drang ein Schimmer hervor.
    Im Leuchten der Blitze wirkte Hammonds Gesicht blaß. Er wurde langsam nüchtern und im gleichen Maße unsicher.
    Vielleicht eine halbe Stunde standen wir da und beobachteten den herabfallenden Regen, die flackernden Blitze und lauschten dem Donner. Zwei- oder dreimal fuhren Streifenwagen vorbei, krochen langsam die überschwemmten Straßen hinauf; und obwohl Hammond ihnen sehnsüchtig nachblickte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher