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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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zu. Ein Pflasterstein zerbrach neben meinem Kopf die angeblich unzerbrechliche Windschutzscheibe unseres Panzerwagens. Dann umringten uns die Expedienten mit feuernden Gasgewehren, um das Geld zu schützen.
    Es war ein nur kurzer, aber heftiger und schlimmer Kampf. Als der erste Ansturm zurückgeschlagen war, lagen mindestens fünfzig Personen bewegungslos auf der Straße.
    Diese Art von Gewalttätigkeiten hatte ich nie zuvor gesehen. Irgend etwas passierte in meinem Magen. Ich stand schwankend da und hielt mich am Panzerwagen fest, während die Expedienten den Bereich um das Bezirksbüro abschirmten und vereinzelte Schüsse hinter den flüchtenden Aufrührern herschickten. Hammond sah mich fragend an. »Dieser Geruch«, sagte ich entschuldigend.
    »Klar«, antwortete er nur. Es stimmte, der widerwärtige Mief der Hanffelder hing über uns, aber er wußte so gut wie ich, daß es nicht der Gestank war, der mir zu schaffen machte.
    Einige Augenblicke später, als wir das Geld ins Büro trugen und in den Safe schlössen, erschienen draußen auf der Straße Fahrzeuge mit einem roten Kreuz und den Insignien der Gesellschaft, und Ärzte fingen an, sich um die Opfer zu kümmern. Jeder von ihnen bekam irgendeine Injektion – ein Gegengift gegen das Schlafgas aus den Gewehren der Expedienten, wie ich vermutete – und wurde dann unsanft in die Krankenwagen geladen.
    Hammond erschien neben mir. »Bereit zur Arbeit?« fragte er. »Sie können jeden Augenblick zurückkommen, diejenigen, die noch laufen können. Wie es aussieht, werden wir bis Mitternacht auszahlen.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Das … das Gas wird ihnen doch nicht schaden, oder? Ich, ich meine, nachdem sie im Hospital gewesen sind, geht’s ihnen doch wieder gut, nicht?«
    Hammond spielte mit einem Bleistift und starrte grübelnd auf den bewegungslosen Körper eines Versicherten. Es war ein etwa fünfzigjähriger, gutgekleideter Mann mit einem rötlichen, für diese Gegend ungewöhnlichen Schnurrbart und einer zerbrochenen randlosen Brille. Ganz und gar nicht der Typ, den man bei einem Straßenkampf erwartete; vielleicht, so dachte ich, der typische Fall eines unschuldigen Zuschauers. Hammond antwortete abwesend: »Na klar. Die kommen wieder in Ordnung. Werden gar nicht wissen, was überhaupt los war.«
    Es gab einen kleinen, scharfen Knacks, und sein Bleistift fiel in zwei Hälften zu Boden. Verwundert blickte er sie an, sagte dann aber nur: »Na los, Wills. Wir wollen uns an die Arbeit machen.«

 
3
     
    Natürlich, ich glaubte an die Gesellschaft. Trotzdem mußte ich mir zum ersten Mal, seit ich für sie arbeitete, diese Frage stellen.
    Jener lange, lange Tag in Hammonds unbedeutendem kleinen Zweigbüro, in dem ich, im Duft der Hanffelder schwitzend, den verbissen blickenden Policehaltern Berge von Lire-Scheinen aushändigte, ließ mich ein bißchen weniger sicher zurück. Ungefähr das erste Hundert derjenigen, die an meinem Schalter vorbeidefilierten, war in der Menge gewesen, auf die die Expedienten gefeuert hatten. Einige von ihnen trugen frische Verbände, die zeigten, daß manche der Steine zwar die Expedienten verfehlt, aber trotzdem ein Ziel gefunden hatten.
    Die meisten waren ausgesprochen feindselig, von den wenigsten kam ein Grazie, als sie ihr Geld in Empfang nahmen.
    Schließlich ging der Tag doch zu Ende. Hammond schnappte einem der Angestellten einen kurzen Befehl zu, der schob sich durch die schrumpfende Schlange, schloß die Tür und ließ die Jalousien herunterrasseln. Ich bearbeitete die letzten paar Auszahlungsanträge, und wir waren fertig.
    Draußen, in den Straßen von Neu-Caserta, war es heiß und schwül. Expedientengruppen, die von ihrer eigentlichen Aufgabe, der Aufrechterhaltung des Waffenstillstandes zwischen Neapel und Sizilien, abgezogen worden waren, sollten nun in Caserta für Ruhe und Ordnung sorgen.
    Hammond schlug vor, etwas zu essen, und wir gingen in einen kleinen Blauen Teller im selben Gebäude.
    Hammond hatte eine Nahrungspolice Kategorie A, aber er war die Höflichkeit selbst und steuerte freiwillig den Kategorie-B-Bereich an. Wir übergaben dem Kellner unsere Policekarten zur Entwertung und lehnten uns zurück, um die Segnungen der Klimaanlage zu genießen.
    Die Gewalttätigkeiten beunruhigten und störten mich noch immer, und deswegen fragte ich Hammond: »Hat es hier öfter Unruhen gegeben?«
    »Eine Menge«, antwortete er bedauernd. »Überall in Europa, wenn Sie meine Meinung wissen wollen, obwohl man
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