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Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Titel: Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
Autoren: Anna Weidenholzer
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du, sagt Maria, als sie vor dem Auto stehen, ich hatte Recht, es regnet nicht mehr. Das kann sich schnell ändern, sagt Walter und folgt Maria zur Haustür. Der Vater schüttelt Walter die Hand zum Abschied, auch Maria hält er seine Hand hin, Maria drückt so fest wie möglich zurück. In den zwei Jahren auf der Schattseite hat sie gelernt, Hände fest zu drücken, Sätze nicht zu sagen, Schneebälle zu backen, Hühner zu füttern, Hühner zu köpfen, die Füße so in die Bettdecke einzuschlagen, dass sie warm werden, die Eltern nicht zu hören, Walters Eltern Mutti und Vati zu nennen, Walter als ihren Mann zu sehen, den Hund an der richtigen Stelle zu kraulen, sich mit dem Namen Beerenberger vorzustellen. Maria drückt die Hand von Walters Vater so fest sie kann. Das musst du noch lernen, sagt er, als sich ihre Hände lösen, aber du wirst besser. Walter küsst seine Mutter auf die Stirn, und Maria umarmt sie. Die Eltern bleiben auf der Türschwelle stehen. Walters Mutter hat ihre Haare zu einem Knoten gebunden, aus dem sich einige Strähnen lösen, die an ihrem Hals anliegen. Wir sehen uns am Wochenende, sagt Maria, in drei Tagen kommen wir wieder. Und dann, wenn alles eingeräumt ist, müsst ihr uns bald besuchen, Mutti, ich zeige dir, was für schöne Kleider wir haben, du wolltest doch schon lange etwas Neues, nicht. Walters Mutter schüttelt den Kopf, wozu denn, wofür, ich komme ohnehin nicht oft hinaus.
    Bist du jetzt zufrieden, fragt Walter, als er das Auto startet. Der Hund sitzt hinter dem Gartenzaun und schaut dem Auto nach. Auf dem Fensterbrett des Nachbarhauses sitzt die Katze, sie hebt ihre Pfote, schleckt sie ab, fährt über ihr Gesicht, ein Ohr stülpt sich dabei um. Der Hund sitzt unverändert am Gartenzaun, als Walter wendet und mit dem Wagen noch einmal an der Garageneinfahrt vorbeifährt. An der Garage, die alle Garage nennen, die keine Garage ist, es sind drei Holzstöße mit einem Wellblechdach darüber. Maria wühlt im Handschuhfach, sie schiebt die Kassette in das Autoradio, spult zurück, um zum richtigen Lied zu kommen, spult vor, weil sie vergangenen Sonntag zu früh auf Aufnahme gedrückt hat und die Stimme der Radiomoderatorin zu hören ist, spult vor und wieder kurz zurück. Maria möchte die Stelle finden, wo das Lied beginnt. Als sie sie gefunden hat, drückt sie auf
Stop
, dreht die Lautstärke hoch, zählt bis drei, drückt die Wiedergabetaste, kurbelt das Fenster hinunter, als Walter eine Zigarette anzündet. Bist du zufrieden, fragt Walter, und Maria sagt: Walter, bitte schnall dich an.

7 Ein Leben
    Ich weiß zwar nicht, wie ich mit dir leben soll, aber ohne dich geht es auch nicht, sagt Walter und kniet nieder. Er hält einen Strauß Rosen in der linken Hand, mit der rechten holt er einen Ring aus der Hosentasche. Seine Haare sind gekämmt, aber die Arbeitshose hat er anbehalten.

6 Zuckerwatte
    Wie liegen meine Haare, fragt Beatrix und dreht sich zur Seite. Gut, antwortet Maria, aber der Wind verweht sie ein wenig. Der Wind, der Wind, das himmlische Kind, sagt Beatrix und dreht sich schnell im Kreis, zerzaust Marias Haare, als sie wieder stehen bleibt. Lass das, sagt Maria und hält die Zuckerwatte nahe an Beatrix’ Gesicht, Beatrix reißt mit ihrer linken Hand ein Stück Zuckerwatte herunter, rollt es zu einer kleinen klebrigen Kugel, die sie in ihren Mund steckt. Zuckerwatte klebt an den Händen, wenn man sie mit den Fingern isst, sie klebt im Gesicht, wenn man mit dem Mund von ihr abbeißt, sie klebt an den Haaren, wenn sie ihr zu nahe kommen. Maria beißt von der Zuckerwatte ab, die um einen Stab gewickelt ist. Pass auf, sagt Beatrix und schleckt ihre Finger ab, du willst doch nicht mit klebrigem Mund ins Bierzelt gehen. Die Frühlingssonne ist schwach, aber stark genug, dass Maria ihre Wärme spürt. Wir gehen ins Bierzelt, fragt sie. Ja, sagt Beatrix, wir werden erwartet. Vom Bierzelt ist die Geisterbahn nicht weit. Wollen wir mit der Geisterbahn fahren, möchte Maria fragen, aber Beatrix hat die Tür zum Bierzelt bereits geöffnet. Die Luft ist stickig, verraucht und warm. Siehst du sie, fragt Maria und bleibt dicht hinter ihr, im nächsten Moment winkt Beatrix fünf jungen Männern zu, die an einem Tisch sitzen. In die Mitte, ihr beide müsst in der Mitte sitzen, sagt einer, ein anderer: Hast du eine Freundin mitgebracht, was möchtet ihr trinken. Eine Limonade, bitte, sagt Maria, und alle lachen. Lasst sie, sagt Beatrix, und: Ein Bier, bitte.
    Der Strohhalm in der
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