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Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)

Titel: Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
Autoren: Anna Weidenholzer
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vor kurzem Vater geworden und sehr froh über meinen Sohn. Ich hoffe allerdings, dass Sie uns eine Weile erhalten bleiben. Sind Sie verlobt, fragt Herr Willert, und Martha nickt. Er ist heute neugierig, denkt Maria und setzt Kaffee auf. Sie faltet den Kaffeefilter, schüttet Kaffee hinein, ohne den Messlöffel zu verwenden, der neben der Packung liegt. Ich hoffe, der Kaffee ist heute stärker, gestern konnte man ihn nicht trinken, sagt Herr Willert, und Maria denkt, ich habe gestern nicht Kaffee gekocht, ich weiß ohne Messlöffel, wie viel Kaffee in den Filter muss. Bestimmt, sagt sie.
    Wie war es, fragt Walter, als Maria nach Hause kommt. Er mag sie mehr als mich, er hat ihr viele Fragen gestellt, sagt Maria, er hat sie freundlich angesehen. Das ist, weil sie neu ist, sagt Walter, das macht man so, wenn eine neue Mitarbeiterin ihren ersten Arbeitstag hat. Walter sitzt am Küchentisch, er legt Wurst auf ein Brot, das er zuvor mit Butter bestrichen hat. Versuch doch, die Butter wegzulassen, sagt Maria und holt ein Bier aus dem Kühlschrank, setzt sich Walter gegenüber, hält ihm die Flasche hin, woraufhin Walter die Bierflasche mit dem Buttermesser öffnet. Walter könnte die Bierflasche auch mit den Zähnen öffnen, aber das macht er nicht in Marias Gegenwart, weil Maria schimpft, wenn Walter Bierflaschen mit Zähnen öffnet, wenn er sagt: Das habe ich von meinem Vater. Die Küchenuhr hängt links über dem Herd, ihr Ticken ist zu hören, als niemand spricht. Hätte Walter die Bierflasche mit den Zähnen geöffnet, hätte er erzählt, dass sein Großvater die Kronkorken vor seine Augen klemmte, wenn er ausreichend getrunken hatte. Ab vier Bier versuchte der Großvater, die Kronkorken möglichst lange vor seine Augen zu klemmen, schau, ich habe Kronkorkenaugen, sagte er dann. Aber Walter öffnet die Bierflasche mit dem Buttermesser, danach ist es still. Möchtest du nichts essen, fragt Walter. Nein, sagt Maria und trinkt einen Schluck. Er mag sie mehr als mich, weil sie jünger ist, weil sie seiner Frau ähnlich sieht. So viel jünger kann sie gar nicht sein, sagt Walter.

8 Alles wird leer
    Braun, grün und blau sind die Taschen, sie lehnen neben der Eingangstür, übereinander und nebeneinander, der Platz ist beschränkt; weil es regnet. Wenn es nicht regnen würde, könnten wir die Taschen draußen abstellen, hat Maria zuvor gesagt, dort wäre genügend Platz dafür. Aber es regnet, hat Walter geantwortet, das siehst du doch. Maria hat ihre Hände auf die Hüften gestützt, und ihr Blick ist von den Taschen über die nasse Garageneinfahrt zum Himmel gewandert und wieder zu Walter zurück. Bald könnte die Sonne scheinen, hat Maria dann gesagt, sie könnte gleich hinter dieser Wolke hervorkommen. Ja, hat Walter gesagt und ist an Maria vorbei in die Küche gegangen, er hat sie dazu ein wenig zur Seite geschoben. Seit Walter seinen Schnurrbart abrasiert hat, ist er Maria fremd. Ein fremder Mann, denkt sie, wenn sie ihn küsst und sein Gesicht sich anders anfühlt, weil da nichts mehr zwischen Oberlippe und Nase ist, weil Haut auf Haut trifft und nicht Haut auf Bart. Maria wünscht sich Walters Oberlippen zurück, so wie sie gewesen sind. Weil Walter beim Küssen die Oberlippe nach oben gestülpt hat, damit der Schnurrbart nicht kratzt, weil Walter jetzt, wo kein Bart mehr ist, seine Oberlippe nicht mehr nach oben stülpt, weil Walters Küsse anders sind. Es könnte doch so kommen, denkt Maria, sie haben für den Nachmittag stellenweise Aufheiterung gemeldet, allerdings würde es eine Weile dauern, bis der Boden trocknet. Maria trägt die letzte Tasche von ihrem Zimmer in den Vorraum, sie kippt um, als Maria sie auf die anderen stellt, Maria flucht, weil die Tasche gegen ihr Bein gefallen ist. Ein neuer blauer Fleck, denkt sie, ein weiterer, aber niemand reagiert auf ihr Fluchen, und Maria stellt die Tasche zurück, auf eine andere als zuvor.
    Aus der Küche kommen Geräusche, das Radio läuft, Walters Mutter spricht so laut, dass sie die Musik übertönt. Die vorwurfsvolle Stimme, denkt Maria, als sie noch einige Schritte von der Küche entfernt ist, wenn Walters Mutter vorwurfsvoll spricht, wird ihre Stimme höher. Maria sieht Walter in der Küche, sieht, wie er den Arm um seine Mutter legt. Er sagt: Wir sind nicht weit weg, wir kommen jedes Wochenende, du kannst jederzeit anrufen, in weniger als einer Stunde sind wir bei dir. Es riecht nach Apfelstrudel, die Apfelschalen liegen auf der Arbeitsplatte, Walters
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