Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wettermacher

Der Wettermacher

Titel: Der Wettermacher
Autoren: Hugh Walker
Vom Netzwerk:
und sagte mit leicht veränderter Stimme: »Ich bin Diana. Ich möchte Khars nicht verlassen. Aber wenn der Herrscher wünscht, daß ich komme, werden Khars und ich mit euch gehen.«
    »Und du?« fragte der Troll und deutete mit einem knochigen Finger auf Nottr. »Dein Schwert ist voller Geister, hast du es vergessen? Mein Herr wünscht, alle Geister zu sehen.«
    »Sie sind tote Geister, Toxa. Sie suchen keine Körper mehr.«
    »So laß es sie selbst entscheiden.«
    Nottr war nicht angetan von diesem Gedanken. Er fürchtete Horcans Wut. Sie waren Horcans Geister. Aber dann gab er sich einen Ruck. Er war neugierig auf diesen Wettermacher. Horcan würde sich selbst zu wehren wissen, wenn seinen Seelen Gefahr drohte.
*
    Sie bekamen niemanden zu Gesicht auf ihrem Weg zur Festung. Es war ein steiler Pfad, der zwischen den Felsen emporführte und einen atemberaubenden Blick hinaus über das sonnenbeschienene Meer bot. Der Blick ins Land hinein glitt über Wälder, aus denen einzelne Felsmassive emporragten.
    Die großen Tore der Burg standen offen. Der Hof war leer und verwildert. Ein weiteres Tor stand offen, durch das sie in eine große Halle gelangten, in der es dämmrig war. Sonnenlicht fiel durch schmale, hohe Fensteröffnungen. Zwei Reihen von Säulen ragten gut drei Manneslängen hoch und trugen Balkone mit steinernen Geländern. Eine lange steinerne Tafel befand sich mitten in der Halle, und Bänke aus Stein standen zu beiden Seiten. Ein gewaltiger eiserner Ring mit Halterungen für Fackeln hing an einer Kette von der hohen Decke.
    Staub war auf dem glatten steinernen Boden, in dem viele Spuren verliefen, solche von Menschen, aber in der Mehrzahl die der kleinen Füße der Trolle.
    Am fernen Ende, da wohin die meisten der Spuren führten, in der größten Düsternis des Raumes, stand ein gewaltiger steinerner Thron, auf dem eine Gestalt saß. Es war nicht viel mehr zu sehen als die Falten eines Mantels, ein metallisch schimmernder Helm, und ein silbern schimmerndes Gesicht, das ihnen mit den Blicken folgte, als sie die Halle durchquerten.
    Die Gestalt saß reglos und stumm. Sie mochte lebend sein oder tot. Oder nur ein Bildnis.
    Der Troll blickte nicht hin. Er ging voran zu einer Stiege, die in die Tiefe führte. Langsam schwand die Wärme des unwirklichen Wintertags.
    Toxapettl schloß ein schweres eisernes Tor auf, das in den Angeln knirschte. Sie starrten in eine kalte Schwärze, die ihnen wie die Finsternis selbst vorkam.
    Der Troll entzündete zwei Fackeln. Eine behielt er selbst, die andere gab er Nottr.
    Dann stiegen sie hinab in die eisigen Eingeweide der Festung. Die Wände waren bald nur noch grob behauener Fels, auf dem Eiskristalle glitzerten.
    Hier war der Winter, den der Wettermacher an der Oberfläche bezwungen hatte.
    Schließlich gelangten sie in ein Gewölbe, das in einen Eispanzer gehüllt war. Säulen aus Eis schimmerten im Fackellicht. Der Boden war von spiegelnder Glätte. Ihr keuchender Atem, der in weißen Wolken aus ihren Mündern kam, fand ein gedämpftes Echo, wie auch das Knistern der Flammen.
    Im Hintergrund des Gewölbes gewahrten sie weiße, gleißende Gestalten.
    »Hier«, sagte der Troll mit vor Kälte zitternder Stimme. »Hier sind die Körper. Wählt aus!«
    Der Anblick war unbeschreiblich.
    Ein halbes Hundert Körper standen hier, saßen oder lagen, eingeschlossen in klares Eis. Sie waren nackt, hatten die Augen offen, die Gesichter entspannt. Es war, als träumten sie und wären weit fort. Sie machten nicht den Eindruck von Toten. Diese Körper waren nicht gestorben, aber ihre Geister hatten sie verlassen.
    »Was sagst du, Dilvoog?« fragte Mon’Kavaer.
    Dilvoog berührte eine der Gestalten, einen bärtigen Krieger mit Narben auf der Brust. Er mochte ein Yortomer sein, mit breitem Gesicht, dem der Sasgen nicht unähnlich, doch dunklem Haar.
    Dilvoog berührte ihn nicht nur mit der Hand. Die schwarze Kraft, aus der er geboren war, tastete nach dem eisigen Körper.
    »Diese Körper leben«, sagte er. »Sie waren dem Tod sehr nah, aber sie leben, doch sehr schwach…« – »Werden sie auch leben, wenn das Eis schmilzt?«
    Dilvoog-Oghden zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Wer sind diese Menschen?« fragte Nottr.
    »Verdammte aus Lockwergen, aus Thormain und aus anderen Orten.«
    »Verdammte?«
    »Sie waren dazu verdammt, von Dämonen besessen zu werden. Mein Herr, Yarolf, hat sie gerettet. Er hat viele davor bewahrt. Aber nicht bei allen war der Geist stark genug, um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher