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0362 - Der Rachegeist von Houston

0362 - Der Rachegeist von Houston

Titel: 0362 - Der Rachegeist von Houston
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Joseph Dachs stutzte. Da schrie doch eine Frau! Gellend und durchdringend.
    Mit einer Geschwindigkeit, die niemand dem Butler zugetraut hätte und die auch gar nicht zu seiner würdigen Erscheinung paßte, wirbelte er herum. Er hastete über den Korridor, der mit Ahnenporträts behängt war, zurück zu den Privatgemächern seines Dienstherrn, in denen sich Miß Cook anschickte, ein erfrischendes Bad zu nehmen. Angesichts des Schreies, der immer noch anhielt, nahm der Butler weder Rücksicht auf die möglicherweise kompromittierende Situation, die ihn erwartete, noch auf die Höflichkeit des Anklopfens. Wenn Miß Cook sich verletzt haben sollte, war schnelle Hilfe wichtiger als Rücksichtnahme.
    Er stürmte in den Wohnraum, den er vor wenigen Augenblicken erst verlassen hatte.
    »Miß Cook?«
    Der Schrei ebbte ab.
    Dachs durcheilte das Wohnzimmer, erreichte das dahinter liegende Schlafzimmer und sah die Tür zum Bad offenstehen. In dessen Mitte stand die nackte Janet Cook, die Hände vors Gesicht geschlagen und sich in den Kacheln vielfach wiederspiegelnd. Sie war wie zur Salzsäule erstarrt.
    Dachs konnte sich dafür keinen Grund vorstellen. Deshalb betrat er das Badezimmer. »Miß Cook!«
    Sie reagierte nicht, starrte die Badewanne an.
    Dachs riß sich von dem gutgwachsenen Blickfänger los und sah die Wanne an.
    Er erschrak.
    Immer noch rauschte Wasser in den Schaum, der sich an der Oberfläche wölbte, und aus diesem Schaum ragte ein Skelett hervor, das nach Moder und Verwesung stank und verflixt echt aussah. Das war kein Plastik aus dem Schulbedarfgeschäft, von Drähten zusammengehalten. Hier und da hingen noch Sehnen an den Knochen. Graugrün saß es halb aufgerichtet in der Wanne, wie frisch aus dem Grab geholt.
    Sekundenlang begriff Dachs das nicht. Dann aber kam er zu der Erkenntnis, daß sich da jemand einen höchst makabren Scherz mit dem Mädchen gemacht hatte. Dachs faßte behutsam zu. Janet ließ sich aus dem Badezimmer führen. Dachs zweifelte daran, daß sie im Moment überhaupt noch etwas mitbekam. Vor dem breiten Bett blieb sie einfach stehen, als der Butler sie losließ. Dachs sah sich um, dann bückte er sich, hob den Bademantel auf und half Janet hinein.
    »Kommen Sie…«
    Er schob sie zum Wohnzimmer. Dann schloß er die Tür und kehrte ins Badezimmer zurück. Entschlossen beugte er sich über Wanne und Skelett und drehte den Wasserhahn zu. Es brauchte ja schließlich keine Überschwemmung zu geben; der Zwangsablauf konnte die nachdrängenden Wassermassen nicht mehr aufnehmen.
    Dachs richtete sich wieder auf und starrte das moderige Gerippe an.
    Welcher Grabräuber war auf diese entsetzliche Idee gekommen, ein echtes Skelett aus dem Sarg zu holen und hier in die Badewanne zu pflanzen?
    Und vor allem – wie war das vor sich gegangen? In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit…
    Es gab noch einen weiteren Zugang zum Bad, der ebenfalls in ein Schlafzimmer und dann in einen Wohnraum führte. Dort residierte Adam Van Clane, der das zweite Apartment seiner Fastverlobten zur Verfügung gestellt hatte. So hatte jeder seinen Privatbereich, in den er sich zurückziehen konnte, was aber längst nicht verhinderte, daß sie die Nächte zusammen verbrachten. Aber sich über die Verschwendung von Wohnraum aufzuregen, war nicht Dachs’ Aufgabe. Im Gegenteil.
    Er ließ daran arbeiten, daß demnächst auch die weiteren Zimmer bezugsfertig wurden.
    Jetzt aber wollte er wissen, ob der Grabschänder Van Clanes Wohnbereich mißbraucht hatte. Daß der Burgherr selbst der Täter war, schied aus, denn Van Clane befand sich unten im Büro und arbeitete am Computerterminal.
    Also brauchte Dachs auch hier nicht anzuklopfen. Die Türen waren unverschlossen. Nur die zum Korridor war zu, aber Dachs hatte vorhin den Schlüssel außen stecken gesehen. Also konnte niemand die beiden Zimmer verlassen haben.
    Es war kein Fremder hier drin gewesen!
    Es gab auch keine Spuren, die unweigerlich hätten entstehen müssen, wenn hier jemand in großer Eile ein halb vermodertes Gerippe durch den Raum getragen oder geschleppt hätte, um es in die Badewanne zu werfen. Die Räume waren sauber.
    Dachs kehrte durch das Bad an dem badenden Skelett vorbei in Janets Räume zurück. Diesmal nahm er sich die Zeit, an der Zwischentür zu klopfen, bevor er eintrat. »Sind Sie okay, Miß Cook?«
    Sie sah ihn an. Sie hatte sich in den Ledersessel fallengelassen.
    »Ich… ich glaube schon«, flüsterte sie heiser. Sie sah scheu zur
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