Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)

Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)

Titel: Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
Autoren: Jürgen Friemel
Vom Netzwerk:
gehen?", fragte Ragnor ein wenig ratlos."Durch eine Adoption natürlich, stimmt’s Lars!", warf Menno grinsend ein, der seinem alten Freund sofort angesehen hatte, dass dieser bereits eine Lösung ausgeknobelt hatte."Ganz genau. Ich werde gleich morgen früh mit dem Haushofmeister Linos reden, damit er die Papiere vorbereitet", antwortete Lars mit grimmigem Gesicht. "So leicht lassen wir uns von den jungen adeligen Schnöseln nicht austricksen.""Kann ich sie adoptieren", fragte Ansgar da Lorcamon eifrig, als er endlich begriffen hatte, was der pfiffige Alte da vor hatte."Nein, leider nicht. Du bist zwar der Sohn eines Burgvogtes, aber du hast noch keinen eigenen Titel und müsstest deinen Vater um Genehmigung bitten, und so viel Zeit haben wir nicht. In Abwesenheit von Rurig ist Ragnor der Einzige von uns, der den nötigen Rang hat. Er hat Titel und Besitz, und damit ist alles ganz einfach", antwortete ihm Lars mit einem leisen Bedauern, denn er wusste, wie sehr der stämmige Jungritter an der Kleinen hing.
    Und so geschah es. Am Nachmittag des nächsten Tages waren die Papiere fertig und wurden am folgenden Tag, kaum dass Ragnors Siegel vom gräflichen Siegelmacher geschnitten worden war, unterzeichnet und gesiegelt. Dies geschah natürlich unter völliger Geheimhaltung  und ohne, dass darüber auch nur ein Sterbenswörtchen verloren worden wäre. Schließlich wollte man den Gegner bei der Verhandlung ja damit überraschen.
    Ragnor, der die folgenden Tage noch nicht am offiziellen Unterricht der Jungritter teilnahm, sondern nur Gymnastik mit Maramba machte, um die letzten Reste seines Erschöpfungszustandes loszuwerden, saß bis zur Verhandlung fast ununterbrochen über alten und neuen Schriftrollen, die sich mit dem Standesrecht in Caer befassten. Diese Studien unterbrach er manchmal kurz, um nach Mirana zu sehen, der es zusehends besser ging, und die bereits wieder normal aß und trank. Er bereitete sie, wenn sie wach war, mit Lars auf die Verhandlung vor, denn es würde ihr nicht erspart bleiben, aussagen zu müssen. Sie musste zumindest einmal persönlich den Tathergang vor dem Ehrengericht schildern. Danach konnte Ragnor als ihr 'Adoptivvater' ihre Verteidigung übernehmen und für sie sprechen. Dass Ragnor von nun an ihr 'Vater' war, machte der Kleinen viel Freude, und er musste, wenn er sie besuchte, viele Küsschen über sich ergehen lassen.
    Über den aufwendigen Vorbereitungen des Prozesses geriet Ragnors Heilung von Miranas Schädelverletzung fast in Vergessenheit. Ragnor selbst konnte sich, nachdem er aus seiner tiefen Erschöpfung erwacht war, noch recht gut an die Einzelheiten seines 'Traumes', der ja kein richtiger Traum gewesen war, erinnern. Hierbei dachte er immer wieder an die unbekannte Stimme, die ihn zum Handeln aufgefordert hatte, und er hatte das dringende Bedürfnis sich für die Unterstützung zu bedanken. Er hatte bisher mit keinem über seine Traumerlebnisse während der Heilung gesprochen, sondern gesagt, als Maramba ihn neugierig danach fragte, dass er sich nicht daran erinnern könne. Er wollte im Moment einfach nicht darüber reden, bis er selbst zu einer Beurteilung dieses Erlebnisses gefunden hatte.
    Am Vortag des Ehrengerichtes, nachdem er mit seinen Studien des Standesrechtes am späten Nachmittag fertig geworden war, ging er, ganz in Gedanken versunken, hinüber ins Grafenpalais und stieg hinauf zum Tempel Amas, der wie, fast immer, menschenleer war.
    Ama war ja auch kein Gott, der große Prozessionen und heruntergeleierte Gebete mochte. Er war ein Gott, dessen Religion den stillen Dialog des Einzelnen mit seinem Glauben und seinen moralischen Werten forderte. Ein Gott der Meditation und der Suche nach innerer Reife.Die Menschen in Caer kamen diesem Ideal höchst selten nahe. Die meisten von ihnen waren vollauf mit ihrem eigenen rauen Leben beschäftigt und gedachten ihres Gottes höchstens beim Amafest oder wenn sie in Not waren. Ansonsten war die Intensität, mit der Religion in Caer betrieben wurde, wie der Einfluss der sehr zurückgezogen lebenden Priester auf die Politik der Fürsten und das tägliche Leben, eher gering.
    Ragnor war vorher noch nie in einem Amatempel gewesen. Er stand auf dem Dach des Grafenpalais und war, wie Ragnor aus seinem Unterricht wusste, achteckig. Er besaß vier hohe Türen und vier hohe spitzgiebelige Fenster. In der Mitte, des lichtdurchfluteten Oktagons befand sich ein ebenfalls achteckiger weißer Steintrog, in den ein seltsamer Baum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher