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Der Weg in Die Schatten

Titel: Der Weg in Die Schatten
Autoren: Brent Weeks
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Dunkelheit den Tunnel hinauf. »Wartet!«
    Keine Antwort. Azoth rannte schneller. Er stolperte über einen Stein, fiel der Länge nach hin und schürfte sich Knie und Hände auf. »Master Blint, wartet! Ich muss bei Euch in die Lehre gehen. Master Blint, bitte!«
    Die Stimme erklang direkt über ihm, doch als er hinschaute, konnte Azoth nichts sehen. »Ich nehme keine Lehrlinge. Geh nach Hause, Kind.«
    »Aber ich bin anders! Ich werde alles tun. Ich habe Geld!«
    Aber er bekam keine Antwort. Blint war fort.
    Die Stille schmerzte, pulsierte im Rhythmus mit den Schnitten an Azoths Knien und Händen. Aber das ließ sich nicht ändern. Er wollte weinen, doch weinen war etwas für Babys.
    Azoth kehrte in das Territorium des Schwarzen Drachen zurück, als der Himmel langsam heller wurde. Teile des Labyrinths schüttelten ihren trunkenen Schlummer ab. Bäcker waren bereits auf den Beinen, und Schmiedelehrlinge schürten Schmiedefeuer, aber die Gilderatten, die Huren, die Schläger und die Einbrecher waren schlafen gegangen, und die Taschendiebe, die Betrüger, die Falschspieler und der Rest all jener, die bei Tageslicht arbeiteten, lagen noch in ihren Betten.
    Im Allgemeinen waren die Gerüche des Labyrinths angenehm. Da war der alles durchdringende Geruch von Viehhöfen, der die unmittelbareren Gerüche von menschlichen Exkrementen überdeckte, die in jeder Straße durch breite Gossen schwammen, um den Fluss, den Plith, noch weiter zu verunreinigen. Dann war da der Gestank der verfaulenden Vegetation in den Untiefen und toten Armen des träge fließenden Flusses, der weniger saure Geruch des Ozeans, wenn eine glückliche Brise wehte, der Gestank
der schlafenden, immer ungewaschenen Bettler, die eine Gilderatte ohne einen anderen Grund als ihren Zorn auf die Welt angreifen konnten. Zum ersten Mal brachte Azoth die Gerüche nicht mit Heimat, sondern mit Schmutz in Verbindung. Wie Schwaden stiegen von jeder verrottenden Ruine im Labyrinth die Giftdünste von Zurückweisung, Ekel und Verzweiflung auf.
    Die verlassene Mühle hier, die einst zum Enthülsen von Reis benutzt worden war, war nicht nur ein leeres Gebäude, in dem die Gilde schlafen konnte. Sie war ein Zeichen. Am Westufer würde jede Mühle von jenen geplündert werden, die so verzweifelt waren, dass sie sich an den Schlägern der Mühlenbesitzer vorbeiwagten. Es war alles Müll und Zurückweisung, und Azoth war ein Teil davon.
    Als er in das Haus der Gilde zurückkehrte, nickte Azoth dem Späher zu und schlüpfte hinein, ohne sich auch nur um Heimlichkeit zu bemühen. Die Gilde war an Kinder gewöhnt, die des Nachts zum Pissen aufstanden, daher würde niemand auf den Gedanken kommen, dass er fort gewesen war. Wenn er versuchte, sich hineinzuschleichen, würde er lediglich Aufmerksamkeit erregen.
    Vielleicht hatte Blint das mit dem »verstohlen« gemeint.
    Er schlüpfte zwischen Puppenmädchen und Jarl und legte sich an seiner gewohnten Stelle neben dem Fenster nieder. Es wurde kalt hier, aber der Boden war flach, und es gab nicht viele Splitter. Er stieß seinen Freund an. »Jay-Oh, weißt du, was verstohlen bedeutet?«
    Aber Jarl rollte sich nur grunzend auf die andere Seite. Azoth stieß ihm abermals den Ellbogen in die Rippen, doch Jarl bewegte sich nicht. Eine lange Nacht, schätze ich.
    Wie alle Gilderatten schliefen Azoth, Jarl und Puppenmädchen dicht nebeneinander, um sich warm zu halten. Puppenmädchen
bekam im Allgemeinen die Mitte, weil sie klein war und so leicht auskühlte, aber heute Nacht lagen Jarl und Puppenmädchen nicht nah beieinander.
    Puppenmädchen rutschte heran, schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich, und Azoth war dankbar für ihre Wärme. Eine Sorge nagte in seinem Hinterkopf wie eine Ratte, aber er war zu müde. Er schlief ein.

5
    Der Albtraum begann, als Azoth erwachte.
    »Guten Morgen«, sagte Ratte. »Wie geht es meinem Lieblingsgossenscheißer?« Die Häme auf Rattes Gesicht sagte Azoth, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Roth und Hasenscharte standen links und rechts von Ratte und platzten schier vor Aufregung.
    Puppenmädchen war verschwunden. Jarl war verschwunden. Ja’laliel war nirgends zu sehen. Azoth blinzelte gegen das Sonnenlicht an, das durch das löchrige Dach des Hauses fiel, stand auf und versuchte, sich zu orientieren. Der Rest der Gilde war verschwunden; sie waren entweder bei der Arbeit - dem Stehlen -, oder sie hatten einfach beschlossen, dass dies ein guter Zeitpunkt war, um draußen zu
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