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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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gebracht. Ist dir denn die ganze Zeit über schlecht?«
    Sie schloss die Augen und wartete, bis sich ihr Magen beruhigt hatte.
    »Gaia?«, fragte er sanft und ganz aus der Nähe.
    Sie wollte Peters Mitgefühl nicht. Sie winkte ihn weg und spuckte aus. »Es geht schon wieder.«
    Das Mädchen aber betrachtete Gaia mit Besorgnis. Sie legte den Kopf schief, deutete einen großen runden Bauch mit den Händen an und zeigte auf Gaia.
    »Nein, ich bin nicht schwanger«, sagte sie, sich vollauf bewusst, dass Peter ihr zuhörte. »Mein Problem ist, ich kann auf nichts schießen. Nichts Lebendes jedenfalls. Hinterher geht es mir immer so.« Und kein Training der Welt konnte ihr das austreiben.
    Das Mädchen schaute überrascht drein, dann hob sie die verwundete Hand und stieß ein klangvolles, heiseres Lachen aus.
    »Ich weiß. Ist schon komisch«, sagte Gaia.
    Peter fand es offensichtlich nicht sehr witzig. »Wer weiß sonst noch davon?«
    »Leon natürlich und ein paar der Bogenschützen. Es ist wirklich keine große Sache. Normalerweise bin ich ja nicht diejenige, die schießen muss – dafür habe ich meine Scouts.«
    »Wenn du sie denn einmal mitnehmen würdest.«
    Lästigerweise fühlte sie sich in Peters Gegenwart immer genötigt, die Wahrheit zu sagen. Auch das hatte sich nicht geändert. »Ich wollte einfach fünf Minuten meine Ruhe haben. Nur fünf Minuten . Ich habe dich nicht darum gebeten, dir Sorgen zu machen.«
    »Das ist aber meine Aufgabe.«
    »Dann hättest du die zusätzlichen Scouts auf der Anhöhe platzieren sollen, wie ich gesagt habe.«
    Kaum, dass die Worte über ihre Lippen drangen, bedau erte sie ihre Schärfe. Schweigend wischte sie sich die Lippen mit dem Ärmel.
    »Du kannst mir immer noch nicht in die Augen sehen, oder?«, fragte Peter.
    Langsam drehte sie sich zu ihm um. Peter rückte sich ungeduldig den Gurt seines Köchers auf der Brust zurecht. Sein braunes Haar hatte er wachsen lassen, und an den Spitzen war es fast blond von den endlosen Tagen, die er vor dem Exodus mit der Erkundung des Ödlands verbracht hatte. Er hatte recht – ihr war seine Nähe nach wie vor unangenehm, selbst wenn ihre letzte Aussprache auf der Veranda des Mutterhauses mittlerweile mehr als ein Jahr zurücklag.
    »Möchtest du mir etwas sagen?«, fragte sie.
    Er betrachtete sie ruhig. »Hast du je bedauert, was du mir angetan hast?«
    Ihre zerbrochene Beziehung hatte sie länger gequält, als sie eingestehen mochte, und seitdem für mehr als genug Konflikte mit Leon gesorgt – selbst wenn das keiner von ihnen je ausgesprochen hatte. »Aber natürlich.«
    Er hob überrascht die Brauen. »Wieso hast du dann nichts gesagt?«
    »Was hätte das für einen Unterschied gemacht?«
    Fast war ihr, als könnte sie spüren, wie sich eine unsichtbare Felswand zwischen ihnen verfestigte.
    »Es würde einen sehr großen Unterschied machen«, entgegnete er. »Selbst jetzt noch.«
    Gaia massierte sich den Nasenrücken. »Wenn das so ist: Es tut mir leid.« Sie hatte ihn nicht absichtlich in Schwie rigkeiten bringen wollen, als sie ihn damals, vor langer Zeit, geküsst hatte – aber genau das war geschehen, und sich freiwillig mit ihm an den Pranger zu stellen, hatte alles nur noch schlimmer gemacht. »Ich dachte, das hätte dir klar sein müssen. Ich fühle mich schrecklich bei dem Gedanken, wie ich dich behandelt habe, aber ich werde niemals bereuen, mich für Leon entschieden zu haben. Du und ich, wir können einfach keine Freunde sein.«
    Peters distanzierte Haltung schmolz ein wenig dahin. »Ich bitte ja gar nicht darum, dein Freund zu sein.«
    »Was willst du dann?«
    »Ignoriere mich nicht länger. Schau mich an, wie du auch andere anschaust. Tu nicht länger so, als wäre ich gar nicht da. So viel habe ich mir verdient.« Er machte einen Schritt auf sie zu, in die unsichtbare Barriere hinein, die einen Sprung bekam und sich in viele schmerzhafte Scherben auflöste.
    Mit einem bewussten Kraftakt begegnete Gaia seinem Blick. Seine blauen Augen waren so wach und lebendig wie eh und je, doch das Schmunzeln, das seine Züge einst umspielt hatte, war einer argwöhnischen Reserviertheit gewichen. Sie verstand ihn nur zu gut und fühlte mit ihm, und tief in ihrem Inneren schmerzte sie das Wissen, dass sie die Schuld an seiner Verwandlung trug.
    Er machte einen weiteren halben Schritt auf sie zu und wandte keine Sekunde den Blick ab.
    Es ging ihm wirklich nicht um Freundschaft, auch nicht um Vergebung. Er wollte etwas, das noch viel
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