Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
Vom Netzwerk:
seinen Anblick und fand, dass er die Augen und die Brauen ihrer Mutter hatte.
    »Es wird spannend, ein paar neue Männer kennenzulernen«, sagte Dinah.
    »Du hattest doch immer genug, die dir den Hof gemacht haben.«
    »Das heißt aber nicht, dass ich nicht neugierig wäre.«
    »Es wird nicht leicht für unsere Frauen in Wharfton«, sagte Gaia. »Dort sind sie nichts Besonderes mehr. Es wird eine Weile brauchen, sich anzupassen.«
    »Da mache ich mir keine Sorgen.«
    Wahrscheinlich hatte Dinah recht. Bestimmte Frauen würden in jeder Gesellschaft begehrt sein, und Dinah war lebhaft, klug und außergewöhnlich hübsch. Gaia aber würde die Nähe vermissen, die sie mit ihren Freundinnen in Sylum verbunden hatte. Taja und Peony waren mit ihren Familien zurückgeblieben, und durch ihre vielen neuen Pflichten während der Reise hatte sie schon jetzt nur noch wenig Zeit für Josephine und die anderen. Sie hoffte, es würde nicht noch schlimmer werden, sobald sie Wharfton erreichten.
    »Ich hatte mich ja immer gefragt, ob das mit dir und Chardo Will nicht vielleicht noch was wird«, sagte sie vorsichtig.
    Dinah schenkte ihr einen seltsamen Blick. »Bei Will habe ich wohl kaum eine Chance.«
    »Wieso denn nicht?«
    Sie lachte. »Sehr komisch – veralbern kann ich mich selbst.« Sie schüttelte grinsend den Kopf.
    »Fang bitte nicht wieder damit an …«
    »Ich gebe dir ja keine Schuld, aber ich erkenne einen hoffnungslosen Fall, wenn ich ihn sehe. Der Arme – unerwiderte Liebe scheint eine seiner Stärken zu sein. Oder es liegt den Chardos einfach im Blut. Nein, ich denke, ich schaue mir lieber mal die Männer in Wharfton und der Enklave an.«
    Die sind anders , dachte Gaia. Nicht so höflich. Es konnte alles Mögliche schiefgehen.
    »Du wirkst so angespannt.« Dinah lachte wieder. »Du hast uns häufig genug gewarnt. Verschiedene Kulturen, schon klar. Kümmere du dich ruhig um die große Diplomatie – den Rest überlass einfach uns. Wir kommen schon klar.«
    Während Dinah sich wieder um ihre anderen Pflichten kümmerte, kuschelte sich Angie schläfrig an Jacks Seite. Feuerschein spielte auf der Schutzbrille, die um ihren Hals hing.
    »Du bist schon für ein warmes Feuer und einen sicheren Platz zum Schlafen dankbar, was?«, fragte Gaia.
    Statt einer Antwort zeigte Angie mit dem Finger auf die Narbe auf Gaias Wange.
    »Da habe ich mich als kleines Kind verbrannt«, sagte sie. »Es tut nicht mehr weh.«
    Als Nächstes zeigte Angie auf ihre Kette.
    Gaia hob sie ins Licht. »Die Taschenuhr hat meinen Eltern gehört. Ich brauche sie als Hebamme, damit ich weiß, wie weit die Wehen auseinander liegen. Das Mono kel ist von meiner Großmutter. Die letzte Matrarch von Sylum hat es mir vermacht – ist so eine Art Tradition.« Sie erinnerte sich noch gut daran, dass sie es erst gar nicht hatte annehmen wollen. Schon eigenartig, wie vertraut es mittlerweile war. »Also, wieso redest du nicht? Magst du mir das verraten?«
    Das Mädchen schüttelte müde den Kopf.
    »Dachte ich mir. Kannst du dich mal kurz hinsetzen? Und nimm diese Schutzbrille ab.«
    Das Mädchen gehorchte, und Gaia unterzog ihren Hals im Licht der Fackeln einer kurzen Untersuchung. »Tut es sehr weh?«, fragte sie sanft.
    Angie nickte langsam. »Beim Reden.«
    Gaia setzte sich hinter sie, damit sie ihren warmen Hals betasten konnte. »Sag mal ›ah‹. Ganz ruhig und gleichmäßig.«
    Sie konnte spüren, wie sich Angies Halsmuskeln unnatürlich verkrampften und ihre Stimme regelrecht einzusperren schienen. Dann reichte sie dem Mädchen die Brille zurück und überlegte.
    »Ich möchte, dass du mal Folgendes probierst: Jede Stunde trinkst du eine ordentliche Menge Wasser, ob du Durst hast oder nicht. Dabei legst du deine Hand auf den Hals und versuchst, die Muskeln ganz entspannt zu lassen. Niemand wird dir was tun.« Angie hörte ihr aufmerksam zu. »Stell dir vor, dein Hals ist beim Reden genauso kühl und offen wie beim Trinken. Stell dir deine Stimme immer wie das Wasser vor, auch wenn du gar nichts sagst, selbst wenn du schlafen gehst. Kannst du das?«
    Das Mädchen nickte wieder, diesmal hoffnungsvoll.
    Dann sah sich Gaia noch kurz Dinahs Verband an. Mehr konnte sie im Moment auch nicht für die Kleine tun. Sie legte ihr die bandagierte Hand sanft auf die Brust und fühlte sich dabei an einen verletzten Vogel mit seinen zerbrechlichen Knochen erinnert. Gaia wusste sehr gut, wie es war, ohne Mutter zu sein.
    Angie schloss die Augen und rollte sich zusammen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher