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Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Der Weg der gefallenen Sterne: Roman

Titel: Der Weg der gefallenen Sterne: Roman
Autoren: Caragh O'Brien , Oliver Plaschka
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schüttelte verängstigt den Kopf.
    »Kannst du nicht sprechen?«
    »Brauche Hilfe«, hauchte die junge Nomadin mit kehliger Stimme. Sie zeigte nach Westen.
    »Wer ist dort?«, hakte Gaia nach. »Deine Familie?«
    Das Mädchen schüttelte abermals den Kopf und schluckte schwer. »Mein Freund ist verletzt«, flüsterte sie rau, offensichtlich bereitete das Sprechen ihr Schmerzen. »Bitte.«
    Gaia ging neben ihr auf die Knie. »Lass mich deine Hand sehen«, sagte sie. »Peter, schau doch mal, ob du ihr Fernglas findest. Sie hat es nach mir geworfen. Und am Fuß der Klippe müsste auch ihr Gewehr liegen. Das möchte ich haben.«
    Dann untersuchte sie die Wunde, die ihr Pfeil in die zierliche Hand des Mädchens geschlagen hatte. Die Ränder waren unregelmäßig, und sie konnte die Blutung nicht stillen, ehe der Pfeil nicht entfernt war. Kurz hatte sie ein flaues Gefühl im Magen, dann riss sie sich zusammen und legte die Hand des Mädchens auf einen flachen Stein. Sie nahm ein Tuch aus ihrer Tasche, faltete es und legte es bereit.
    »Stillhalten«, sagte sie und schaute dem Mädchen in die Augen. »Ich ziehe den Pfeil jetzt heraus. Bereit?«
    Das Mädchen nickte und schloss fest die Augen. Mit einem glatten Ruck zog Gaia den Pfeil aus der Wunde, dann presste sie dem Mädchen ihr Tuch auf die Handfläche.
    »Peter.«
    Er reichte ihr sein schwarzes Halstuch, damit sie es dem Mädchen als behelfsmäßigen Verband um die blutende Hand wickeln konnte. »Halte die Hand immer aufrecht, und drücke den Verband von beiden Seiten fest. Siehst du? So.«
    Zaghaft schlug das Mädchen die Augen wieder auf und besah sich seine bandagierte Hand.
    »Wie fühlt es sich an?«, fragte Gaia.
    Das Mädchen räusperte sich und nickte, doch statt zu reden, zeigte sie wieder nach Westen und richtete sich müh sam auf.
    »Die Wunde muss ordentlich gesäubert werden. Ich bringe dich runter ins Lager.«
    Doch die Nomadin schüttelte den Kopf und zog an Gaias Ärmel. Ganz offensichtlich wollte sie nicht ins Lager, sondern dass Gaia ihr folgte.
    »Ist dein Freund weit weg?«
    Das Mädchen hob fünf Finger.
    »Fünf Minuten?«, fragte Gaia, und das Mädchen nickte.
    »Du kannst nicht gehen«, protestierte Peter. »Es könnte ein Hinterhalt sein.«
    Gaia wusste, dass er recht hatte, doch etwas an der gefassten Art des Mädchens hatte ihr Misstrauen besänftigt. Sie legte der Kleinen eine Hand auf die Schulter und sah nichts als Hunger und Erschöpfung in ihrem Blick.
    »Werde ich es bereuen, wenn ich dir vertraue?«, fragte sie.
    Das Mädchen schüttelte schwach den Kopf, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Krächzen. »Bitte. Keine Gefahr.«
    »Ich kann sie begleiten«, bot Peter an. »Du solltest besser zurück ins Lager. Sicher warten dort schon fünfzig Leute, die irgendwas von dir wollen.«
    Genau diesen Pflichten aber hatte Gaia für fünf Minuten entfliehen wollen, als sie sich zu einem Spaziergang auf der Klippe entschlossen hatte.
    »Nein. Wir gehen gemeinsam.« Sie wandte sich an die übrigen Scouts. »Lasst in Zukunft etwas mehr Vorsicht walten. Hätte diese Nomadin feindliche Absichten gehabt, hätte sie viele von uns ausschalten können. Das ist euch doch klar, oder?« Sie steckte das Messer ein. »Wenn wir in einer halben Stunde nicht zurück sind, sagt Chardo Will, dass er die Karawane führt.«
    Ohne auf eine Reaktion zu warten, wandte sich Gaia ab und folgte der Nomadin, die sie im Halbdunkel rasch und lautlos durchs Gestrüpp führte. Ihre Kleidung hatte exakt die braungraue Farbe des Landes, sodass es einem vorkam, als sähe man ein Stück der Landschaft selbst durch die Schatten gleiten. Hinter sich konnte Gaia Peters Schritte hören.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als Gaia das bekannte Gefühl der Schwäche befiel, schlimmer als je zuvor. Sie hoffte, dass es vorübergehen würde, doch binnen Se kunden war sie schweißnass und zitterte. »Einen Moment«, sagte sie.
    Dann packte sie einen nahen Felsen und wappnete sich gegen die Übelkeit, die sie nun mit voller Macht überkam. Sie beugte sich vor, von Magenkrämpfen geschüttelt, die Zähne zusammengebissen, und hoffte, dass sie sich nicht übergeben musste. Eine Sekunde lang sah es so aus, als könnte sie dem noch entgehen, dann erbrach sie sich in den Schatten des Felsens.
    Hervorragend, dachte sie. Wenigstens hatte sie nicht ihre Hose bekleckert.
    »Eigentlich sollte dir nicht mehr übel sein«, sagte Peter. »Alle anderen haben das schon vor zwei Wochen hinter sich
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