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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter
Autoren: Jaques Buval
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in geordneten Familienverhältnissen aufgewachsen. Die weitaus meisten von ihnen wurden körperlich und seelisch missbraucht.

Das Heimpersonal erinnert sich

    Die Ordensschwester Barbara, die heute noch im Nazareth House im Londoner Stadtteil Hammersmith arbeitet, erinnert sich sehr gut an Robert John Maudsley: »Ich hielt ihn nie für schwierig oder schrecklich. Er verhielt sich auf jeden Fall wohlerzogener als viele andere der mir anvertrauten Kinder.
    Ich habe Robert niemals als lästig oder unangenehm empfunden. Er machte auch keinen geisteskranken Eindruck auf mich. Er hat sich besser benommen als viele der anderen 90 Kinder im Heim. Ich kannte viel schlechtere Jungen, denen man damals schon eine verbrecherische Zukunft hätte voraussagen können. Robert gehörte nicht dazu, so viel ist sicher.«
    Eine andere Ordensschwester – nennen wir sie Elizabeth – kam oft in Kontakt mit den Maudsley-Kindern, vor allem, wenn sie im Speiseraum arbeitete. Sie sagt über diese Zeit:
    »Ich hatte keine Ahnung, welchem Ärger die Kinder zu Hause ausgesetzt waren. Ich kann mich erinnern, dass Robert sehr unter dieser Trennung gelitten hat. Mehr als seine Geschwister.
    Ich bin sehr traurig, heute zu hören, was aus ihm geworden ist.
    Ich hoffe, er bekommt Hilfe. Sagen Sie ihm meine besten Wünsche, und sagen Sie ihm auch, ich werde für ihn beten.«
    Weiter erinnert sie sich: »Die Maudsley-Kinder wurden ungewöhnlich selten von ihren Eltern besucht. Sie haben darunter sehr gelitten. Oft fragten sie uns, wann ihre Mutter sie denn endlich wieder besuchen käme. Doch eine Antwort konnten wir ihnen nie geben.«
    Nach dem Aufenthalt im Nazareth House bringt man die Kinder im Juni 1962 in die Kinderabteilung des »Liverpool City Council«, wo sie unter der Obhut von Frau Eileen Holgate stehen. Robert ist nun acht Jahre alt.
    »Gelegentlich durften sie ihre Eltern besuchen«, weiß die Heimleiterin heute zu berichten und fügt hinzu: »Diese Besuche wurden zeitlich immer mehr ausgedehnt. Wir versuchten eben, die Kinder wieder in die Familie zu integrieren. Wir wollten nicht, dass sie den Kontakt zu ihrer Familie verlieren. Doch hätte ich gewusst was Robert John bei diesen Aufenthalten widerfuhr, hätte ich die Erlaubnis wohl niemals erteilt, wie Sie sich vorstellen können.«
    Leider stellte sich erst viele Jahre später heraus, was Robert in all der Zeit hatte erleiden müssen. Welche Schuld trifft die Behörden, die Heimleitungen und das Jugendamt, die all dies nicht bemerkten? Hätten sie nicht etwas merken müssen? Aber wie, wenn Robert stumm blieb und sich schämte, über die Vorfälle zu reden?
    Robert John war den brutalen Attacken seines Vaters wehrlos ausgesetzt. Es ist nicht schwer für einen erwachsenen Mann, einen heranwachsenden Jungen zu quälen und zu misshandeln. Und die Mutter schaute untätig zu. Es ist nicht anzunehmen, dass sie nichts bemerkt hat. Aber woher soll eine Mutter von 12 Kindern, die selbst fast täglich geschlagen und gedemütigt wurde, auch die Kraft nehmen, ihre Kinder vor den Attacken eines blindwütigen Unholdes zu schützen? Welche Chance hatte sie, diese unerträgliche Situation zu ändern?
    Wer kann den künftigen Lebensweg eines solchen Kindes erahnen? Wer kann ergründen, was in ihm vorgeht und was es noch von der Welt erwartet?
    Jahre später sagt Robert John Maudsley in einer Gerichts-verhandlung über diese Zeit: »… Es sind die dauernden Schläge und das wochenlange Eingesperrtsein in einem kleinen Raum. Mein Vater öffnete die Tür des versperrten Zimmers nur, um mich vier bis sechs Mal am Tag mit Stöcken oder Ruten zu verprügeln. Einmal hat er mir sogar ein Gewehr über den Rücken geschlagen.«
    Als ein Richter ihn fragt: »Ist es richtig, dass Sie von Ihrem Vater vergewaltigt wurden?«, antwortet er: »Ja, sehr oft. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Ich glaube, durch ihn bin ich auf die schiefe Bahn geraten.«
    Schnell fügt er hinzu: »Ich habe nur Interesse an Frauen und Mädchen gehabt, Männer waren mir zuwider. Später empfand ich unheimlichen Hass gegen meinen Vater. Ich hasste ihn dafür, dass er in mich eindrang, meinen Körper und mich als Jungen zerstörte. Immer wenn ich mit meinen Freunden spielte, glaubte ich, sie würden mir ansehen, was mein Vater mit mir tat. Und ich schämte mich sehr.«

Der Beginn einer kriminellen Karriere

    Robert John Maudsleys kriminelle Karriere beginnt in einem Alter, in dem junge Burschen nach hübschen Mädchen Ausschau halten und
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