Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter
Autoren: Jaques Buval
Vom Netzwerk:
einmal rügte sie die häufige Verschreibung des Beruhigungsmittels Pethidin. Dies war bereits drei Jahre nach seiner ersten Niederlassung in Yorkshire. Sein unverhältnismäßig hoher Verbrauch an Diamorphin wurde nie zur Kenntnis genommen. Doch gerade an einer Überdosis dieses Medikamentes starben die meisten der zwischen 68 und 75 Jahre alten Damen. Die Patientinnen starben häufig nach nur wenigen Minuten. Meist gegen 15 Uhr, nach einem Hausbesuch ihres so beliebten Dr. Shipman. Die amtliche Statistik zeigt, dass zu dieser Tageszeit normalerweise die wenigsten Todesfälle eintreten.
    Professor Baker zitiert eine typische persönliche Notiz Dr. Shipmans: »Ich besuchte die Patientin zu Hause, stellte die Diagnose, rief nach einem ambulanten Transport. Die Patientin war tot, als ich wieder nachsah. Alles innerhalb von zehn Minuten.«
    Als »CORONER« Verdacht schöpfte und Dr. Shipmans Unterlagen überprüfte, waren ca, 345 obiger Eintragungen erfolgt.
    Die ganze Wahrheit wird man in diesem Fall wohl nie erfahren. Dr. Shipman schwieg während der gesamten Verhandlung. War es die kindliche Erinnerung an seine Mutter, die ihn zum größten Serienmörder Europas werden ließ? Auch seine Mutter wurde kurz vor ihrem Tod – sie verstarb offensichtlich an Krebs – mit Diamorphin behandelt. Das ist dasselbe Medikament, das Shipman all seinen plötzlich verstorbenen Patientinnen gegeben hatte.
    Seine Taten wären wohl nie aufgedeckt worden, hätte Dr. Shipman nicht das Testament der 81-jährigen Patientin Kathleen Grundy zu seinen Gunsten gefälscht. Doch die Enkelin der alten Frau konnte nicht glauben, dass ihre Großmutter nicht sie in ihrem Testament bedachte, sondern ihren Hausarzt. Sie ließ die Urkunde überprüfen.
    Die Graphologen erkannten den stümperhaften Betrug und verständigten die Polizei. Damit kamen die Ermittlungen gegen Dr. Shipman ins Rollen. Noch einige Monate konnte Dr. Shipman seine Taten verschleiern. Die Polizei wollte sichergehen, dass dieser unbescholtene und angesehene Mann wirklich ein Serienmörder war.
    Er, der brave Familienvater und honorige Staatsbürger, verstand es lange genug, die Behörden zu täuschen. Bis er wieder zuschlug. Wieder an einem Nachmittag zur Teezeit.
    Eine alte Dame hatte ihn um einen Hausbesuch gebeten. Die Polizei nahm ihn fest.

    Einen neuen Prozess gegen Dr. Shipman wird es trotz der unzähligen Beweise nicht mehr geben. England sieht sich außerstande, eine unvoreingenommene Jury für eine solche Verhandlung zu finden. Zu groß war der Medienrummel auf der Insel. Jedes Detail seiner Taten wurde vorab in den Zeitungen breitgetreten. Zu viele seiner Opfer wurden feuerbestattet, sodass alle Beweismittel vernichtet sind.
    »Ich glaube, 15 Mal ›Lebenslänglich‹ ist genug!«, sagt eine Prozessbeobachterin. »Ein weiterer Prozess würde nur sehr viel Geld verschlingen, wofür? Das macht die Menschen auch nicht mehr lebendig. Und er, dieser Verbrecher, kommt sowieso nicht mehr aus dem Gefängnis«, kommentiert ein Justizangestellter das Urteil.
    Doch die Regierung und die Justiz Großbritanniens haben aus diesem Fall gelernt. Es wird eine Regierungskommission eingesetzt, die die praktizierenden Ärzte des Landes schärfer kontrolliert und verhindert, dass sich ein Fall Dr. Shipman wiederholt. Die Vorsitzende Richterin Janet Smith erarbeitet derzeit Richtlinien für die bessere Überprüfung von Ärzten.
    Leider kommt das für unzählige Menschen zu spät.
    Monate nach seiner Verurteilung werden die Haftbedingungen gegen Dr. Shipman gelockert. Die Gefängnisleitung des Frankland-Gefängnisses beschließt, dass der Gefangene arbeiten darf. Der hochintelligente Akademiker hat in seiner Haft die Brailleschrift (Blindenschrift) gelernt und überträgt nun die Harry-Potter-Romane der Schriftstellerin Joanne Rowling.
    »Es ist eine Arbeit die mich erfüllt, weil sie Sehbehinderten und Blinden hilft, ihr schweres Leid zu lindern«, gibt Dr. Shipman einem Journalisten zu verstehen.
    Großbritannien schmückt sich nicht gern mit der langen Liste seiner Serien- und Massenmörder. Angeführt wird die Liste von dem wohl berühmtesten Briten der Kriminal-geschichte, von »Jack the Ripper«, der sechs Prostituierte mit  einem Messer zerstückelte. Unter den weiteren Serienmördern sind Ian Brady und Myra Hindley (9 Opfer), Reginald Christic (8 Opfer), John Haigh (6 Opfer) und Jean-Pierre Allain (5 Opfer). Leider könnte die Liste fast endlos weitergeführt werden.
    Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher