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Blinder Rausch - Thriller

Blinder Rausch - Thriller

Titel: Blinder Rausch - Thriller
Autoren: Random House
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B lut? Ist das Blut? Kaltes, geronnenes Blut? Ihre Blicke wandern verwundert über rostbraune, wolkige Flecken und Schlieren, die sich von ihren Schultern abwärts über die linke Körperseite verteilen. Sie wendet den Hals so weit es geht, um an sich hinab zu sehen. Es krampft im Nacken. Vor ihren Augen tanzen helle Kreise und ein hämmernder Kopfschmerz lässt nur langsames Denken und sehr behutsame Bewegungen zu. Eben noch ist sie aus einer tiefen Schwärze gekrochen, die man vielleicht Ohnmacht nennen könnte. Vielleicht bin ich auch tot gewesen, denkt sie. Das Licht in den Augen schmerzt, obwohl es nur milchiges Dämmerlicht ist. Woher kommt das Licht? Sie blickt hinauf durch ein Gewirr von Zweigen und Blättern in einen dunklen Wolkenhimmel. Ist das ein anbrechender Morgen oder ein anbrechender Abend? Sie weiß es nicht. Weiß nicht, wie sie hierher gekommen ist in das feuchte Gras unter diesen Bäumen. Vielleicht bin ich ja gar nicht wach, denkt sie. So muss es sein. Sie schaut sich vorsichtig um. Über ihr spannen sich die Äste des Baumes. Am Boden rundherum sieht sie zusammengedrückte, grüne Halme. Kein Gras, sondern Schilf! Wie in einem Nest sitzt sie dort. Umgeben von meterhohen Halmen, die wie dunkle Speere in den Dämmerhimmel stoßen und sich leicht in einem Lufthauch wiegen, den sie hier unten kaum wahrnimmt. Was sie jetzt zu spüren beginnt, ist allerdings die Kälte, die von ihren Beinen hinaufkriecht und sie zittern lässt. Ihre Beine sind nackt. Der kurze Rock ist hochgerutscht. Barfuß kauert sie im feuchten Morast. In ihren Beinen prickeln plötzlich tausend Nadelstiche. Sie kennt das Gefühl. Es ist der Schmerz, wenn die Beine eingeschlafen sind, weil man im Schlaf falsch gelegen hat. Es ist der Schmerz, der sich durch die Glieder nagt, wenn sie wieder aufwachen. Vom Aufwachen kann man nicht träumen oder doch? Sie versucht, die Beine zu bewegen. Sie gehorchen nicht, antworten nur mit diesem unerträglichen Pulsieren und Hämmern. Zähne zusammenpressen, warten, bis es vorüber ist! Dann noch einmal von vorne beginnen!, befiehlt sie sich. Wieder betrachtet sie ihre linke Körperseite, mustert eingehend die dunklen Flecken, die sich in breiten Schwaden über ihre nackten Arme und Beine verteilen. Das helle T-Shirt hat einiges davon aufgesogen. Es muss nicht unbedingt Blut sein, es kann auch einfach nur Schmutz aus dieser schlammigen Umgebung sein. Wo um alles in der Welt ist sie hier, und wie ist sie hierher gekommen? Freiwillig doch sicher nicht, oder? Ein schnarrender Ruf zerreißt die Stille, hallt wieder in den Bäumen oder wird von irgendwoher beantwortet. Ein sirrendes Geräusch in der Luft wird lauter, kommt näher. Schlaggeräusche. Klatschendes und schäumendes Wasser. Sie erkennt plötzlich erleichtert, was das ist. Entenrufe. Flügelschlag. Die Landung auf einer Wasserfläche. Ganz in der Nähe muss es einen See geben. Dort hinter den Halmen. Sie befindet sich am Ufer eines Sees. Wo? In einer menschenleeren Wildnis? Allein. Verdreckt. Blut verschmiert. Frierend. Ihr Herz pulst im Hals. Es drückt in den Kopf und steigert die Schmerzen dort aufs Neue.
    Ich will weg hier, nur weg, weiß sie plötzlich. Es ist Schwerstarbeit für sie, sich auf die Knie zu erheben und den Oberkörper langsam aufzurichten. Flammenkreise tanzen vor ihren Augen. Sie schließt ermattet die Lider. Eine würgende Übelkeit nimmt ihr für Sekunden die Luft. Sie schwankt wie die Halme ringsherum. Der Drang wird groß, sich einfach wieder in das grüne, feuchte Nest fallen zu lassen und liegen zu bleiben. Schlafen oder sterben. Egal. Doch sie kämpft dagegen an und will die einmal eroberte Position nicht leichtfertig wieder aufgeben. Schließlich kann sie die Augen wieder öffnen. Der neue Blickwinkel erlaubt mehr Orientierung. Auf der linken Seite zwischen den Halmen glitzert eine Wasserfläche. Auf der rechten Seite wachsen die Halme weniger dicht und sind kürzer. Dahinter erkennt sie das kurz geschorene Gras einer kleinen Böschung und die schwarzen Stämme der Bäume, deren Geäst das Blätterdach über ihr bildet.
    Sie wagt es nicht, sich noch weiter zu erheben, sondern beginnt auf allen vieren zu kriechen. Ihr Ziel ist ein rissiger Baumstamm, der etwa den Umfang ihres eigenen Körpers hat. Dort angekommen, umfasst sie ihn und zieht sich langsam an ihm hinauf. Wieder der Schwindel. Wieder der dröhnende Kopfschmerz und die kraftzehrende Übelkeit. Aber sie steht. Den Baum umklammernd wartet sie mit
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