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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei
Autoren: Alexander Borell
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zur Mitte hin.
    »Teufel auch«, sagte er. »Ich glaube, Sie sind der Mann, den ich brauche. Wenn ich Sie besser kenne, vielleicht morgen oder übermorgen, dann werde ich Ihnen vielleicht auch mehr erzählen. Haben Sie was dagegen, wenn wir bei > Perino’s < essen? Wir fahren sowieso später am besten über den Wilshire Boulevard nach Pasadena.«
    »Nichts dagegen«, sagte ich.
    Ein Abendessen bei Perino’s , auf Murchisons Kosten, erschien mir bei aller Liebe zur Verwandtschaft interessanter als Tante Elenas Spaghetti.
    »Tja«, sagte er. »Ich treffe mich dort mit Mary Spencer, wir essen zusammen, ehe wir ins Community Playhouse fahren.«
    Mary Spencer war die Schauspielerin, die in Pasadena die Mabel spielte. Ich grinste.
    »Auch dagegen habe ich nichts.«
    Es war kurz vor achtzehn Uhr, als wir starteten. Arthur C. Murchison fuhr in seinem weißen Spezial-Cadillac vor mir her, und mir wiederum folgte ein hellgelber Sedan mit Mike Johnson am Steuer. Arthur C. Murchison ließ sich die Sache was kosten.

    *

    Für Murchison und seinen Leibgorilla war vor Perino’s ein Parkplatz reserviert, während ich keine Lücke mehr fand. Ich fuhr deshalb ein kleines Stück zurück bis zu den Apartmenthäusern der Metropolitan Life Insurance Co. und parkte dort. Als ich zurückkam, stand Murchison noch neben seinem Wagen.
    »Was ich Ihnen noch sagen wollte, Veramonte «, fing er an und zog mich am Jackenaufschlag nahe zu sich heran. »Ich möchte Mary nicht sagen, daß Sie Detektiv sind. Das braucht überhaupt niemand zu wissen. Verstehen Sie?«
    »Einverstanden«, sagte ich. »Stellen Sie mich als Fotograf vor.«
    »Als Fotograf?«
    »Ja, als Fotograf. Ich werde aus den Kulissen heraus Aufnahmen von Ihnen machen. Und nennen Sie mich von jetzt ab Tonio.«
    Sein breiter Mund öffnete sich verblüfft.
    »Großartige Idee, Tonio! Aber dann müssen Sie doch auch so tun als ob?«
    »Werde ich auch«, versicherte ich. »Nach dem Essen habe ich ja noch Zeit bis zum letzten Akt. Ich fahre dann nach Hause und hole meine Kamera.«
    Murchison winkte Johnson zu, und dann betraten wir das Lokal.
    Wir zwängten uns zwischen Fracks und Abendkleidern, glitzerndem Schmuck, nackten Schultern und Duftwolken zu dem reservierten Tisch hindurch. Mary Spencer erwartete uns schon.
    Ich hatte sie bisher nur auf der Bühne gesehen und sie auf etwa Dreißig geschätzt. Das tat ich jetzt nicht mehr.
    »Hallo Dicker!« begrüßte sie Murchison . »Spät wie immer. Ich sterbe schon fast vor Hunger.«
    Sie nickte Mike Johnson kurz zu, dann drehte sie alle Lampen auf, und ich bekam einen strahlenden Blick aus ihren großen blauen Augen.
    »Das ist Tonio«, sagte Murchison und klopfte mir auf die Schulter. »Ein alter Freund. Er ist Fotograf und möchte Aufnahmen aus der Kulisse heraus machen.«
    Sie reichte mir ihre Hand. Diese Hand war da, wo sie nicht von großen Ringen verdeckt wurde, mindestens fünfundvierzig Jahre alt. Ich beugte mich darüber und berührte mit meinen Lippen flüchtig die warme, zarte Haut. Die Ringe waren nicht echt.
    Der befrackte Kellner, ein ausgesprochen hübscher Bursche, brachte unaufgefordert Rum und Coca. Ich trank einen Schluck, dann stand ich auf.
    »Entschuldigung, ich muß telefonieren.«
    Ich rief zuerst Tante Elena an.
    »Hör mal«, sagte ich. »Leider kann ich nicht zum Essen kommen. Ich bin bei Perino’s und esse mit Murchison . Ich habe einen Auftrag von ihm.«
    Sie fluchte ein bißchen und sagte, sie wisse ganz genau, daß ich weder bei Perino’s sei - noch jemals in meinem Leben mit Murchison gesprochen hätte. Sie wisse auch ebenso genau, daß ich jetzt in irgendeiner Tanzdiele hockte und Verna kichernd daneben stünde. Sie würde morgen ganz bestimmt zum Notar gehen und ihr Testament zugunsten des Hundefriedhofs von Hollywood ändern.
    Anschließend wählte ich Brays Nummer. Verna war am Apparat. Ich sagte ihr, daß wir uns heute abend nicht mehr sehen könnten, da ich auf Murchison aufpassen müsse. Ich sagte ihr außerdem noch, daß ich sie sehr liebe, und sie sagte mir das gleiche. Dann fragte ich nach ihrem Vater.
    »Er ist da«, sagte sie. »Willst du ihn sprechen?«
    »Wenn’s ihm nichts ausmacht — gern.«
    Als ich ihn an der Strippe hatte, berichtete ich ihm kurz über Murchison und bedankte mich nochmals, daß er mir diesen Goldfisch ins Netz gejagt hatte.
    »Und was halten Sie von der Sache?« fragte Bray .
    » Irgend etwas ist faul«, sagte ich. » Murchison weiß genau, warum er Angst hat.«
    Zwei
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