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Der versoffene Papagei

Der versoffene Papagei

Titel: Der versoffene Papagei
Autoren: Alexander Borell
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brannte.
    »Nein, ich werde nicht erpreßt. Aber ich habe neulich in der Garderobe — es war vorgestern — ein Gespräch zwischen Eddie, Fred und Glen gehört. Das sind die drei Burschen, die Mabels Bruder und seine beiden Freunde spielen. Eddie — er spielt den Bruder — sagte zu den beiden anderen, daß diese Szene eine großartige Möglichkeit sei, mir einen Denkzettel zu verpassen. Seit dieser Zeit werde ich den Gedanken an Gift nicht mehr los. Er verfolgt mich Tag und Nacht, und ich habe vorgestern und gestern abend Todesängste ausgestanden, als ich den Whisky trank. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte. Bray sagte, er könne mir da nicht helfen und verwies mich an Sie. Was können Sie tun, Mister Veramonte ?«
    Nun, ich konnte ihm immerhin ein paar Dollar aus der Tasche ziehen.
    »Ich weiß es noch nicht, Mister Murchison . Es ist immerhin eine nicht ganz alltägliche Sache. Vor allem aber kann ich gar nichts für Sie tun, wenn Sie mir nicht reinen Wein einschenken.«
    Er riß seine Krötenaugen weit auf und tat überrascht.
    »Reinen Wein? Aber wieso denn? Ich habe Ihnen doch alles erzählt. Kann sein, daß ich übernervös bin, aber Sie müssen mir trotzdem helfen.«
    »Gar nichts muß ich«, sagte ich giftig. »Und Sie wissen genausogut wie ich, daß da etwas nicht stimmt. Schauspieler laufen nicht in der Welt herum und vergiften ihre Kollegen. Wenn Sie mir nicht alles sagen wollen, müssen Sie sich eben umbringen lassen. Ich mache keine halben Sachen.«
    »Ja, aber ich habe doch.. .«
    »Sie sind kein Dummkopf, Mister Murchison . Wenn sich Ihre Kollegen über einen Scherz unterhalten, sind Sie der letzte, der sich darüber Gedanken macht. Sie wissen aber, daß da mehr dahintersteckt. Wer von diesen drei Burschen könnte einen Grund haben, Sie zu vergiften, und was könnte das für ein Grund sein? Wissen Sie von einem mehr, als gut ist, und quetschen Sie ihn nicht vielleicht doch ein bißchen aus?«
    Sein breites Gesicht wurde ärgerlich.
    »Sagen Sie Ihren Klienten öfters solche Unverschämtheiten?«
    »Das kommt auf die Klienten an«, bemerkte ich. »Außerdem sind Sie noch lange nicht mein Klient.«
    »Ist ja alles Unsinn«, brummte er. »Ich will Ihnen einen Auftrag geben, und damit basta. Stellen Sie sich hinter die Kulisse und beobachten Sie diese Szene. Von dort aus kann man gut sehen, wenn jemand was in mein Glas schüttet. Ich wünsche also nur, daß Sie aufpassen, dann bin ich beruhigt. Wollen Sie diesen Auftrag übernehmen oder nicht?«
    »Wenn ich ihn übernähme«, sagte ich vorsichtig, »würde das dann bedeuten, daß ich jeden Abend ins Theater gehen muß? Wie lange wird das Stück noch laufen?«
    »Mindestens noch zwei Monate, bei dem Erfolg. Aber es würde ja genügen, wenn Sie nur beim letzten Akt anwesend sind. Ich zahle Ihnen pro Abend zehn Dollar.«
    Ich plätscherte mit meiner Hand im Wasser. Der Gummiboden, auf dem ich saß, war kalt, und ich bildete mir ein, langsam naß zu werden. Ich lachte Murchison aus.
    »Für zehn Dollar kann ich mich mit einem ehrlichen Mörder herumschießen, aber für zehn Dollar bringen Sie mich nicht jeden Abend ins Theater. Dreißig.«
    Nun lachte er. Er hatte schöne, kräftige Zähne, die wie echt aussahen.
    »Sie sind ein Witzbold«, gluckste er. »Für dreißig Dollar...«
    »...lassen Sie sich lieber vergiften, ich weiß. Sechzig Tage zu dreißig Dollar sind achtzehnhundert Dollar. Wenn Ihnen das Ihr Leben nicht wert ist, dann lassen Sie sich eben vergiften.«
    Ich stieß mich von seinem Schlauchboot ab und paddelte in Richtung Land. In der Gegend, auf der ich saß, war es tatsächlich recht feucht geworden.
    » Stop , Veramonte !« rief Murchison und paddelte mir nach. Ich kletterte bereits aus dem Boot. Mein Anzug war in der Sitzgegend patschnaß .
    »Das nächste Mal«, sagte ich böse zu dem Tarzan, »geben Sie Ihren Gästen einen Dampfer ohne Leck, verstanden?«
    Murchison war nun ebenfalls angekommen und krabbelte an Land. Tarzan half ihm dabei.
    »Wir könnten uns doch einigen«, schnaufte Murchison ärgerlich. »Sagen wir zwanzig Dollar.«
    Ich nickte ihm zu.
    »Zwanzig Dollar sind ein Haufen Geld für eine halbe Stunde Arbeit«, sagte ich. »Aber Sie vergessen dabei, daß ich mir jeden Abend anschauen muß, wie Sie sterben. Halten Sie das für einen besonderen Genuß?«
    Er nagte auf seiner Unterlippe herum, dann wandte er sich an den Muskelprotz.
    »Mein Scheckbuch, Mike«, sagte er. »Oder halt! Wir können auch
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