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Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss
Autoren: Deborah Martin
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Vorliebe für ein ausschweifendes Leben.
    Zweifellos war das der Grund, warum Lord X Ian in der Kolumne erwähnt hatte. In Anbetracht der vielen Schandtaten, die ihm zugeschrieben wurden, hielt Lord X ihn wahrscheinlich für eine Ausgeburt der Hölle. Ian zuckte mit den Schultern. Diese Ansicht mochte zur Hälfte stimmen, aber Lord X musste lernen, sich bei der Wahl seiner Themen größerer Diskretion zu bedienen. Und diese Lektion gedachte er ihm beizubringen.
    Das laute Pochen mit dem Türklopfer hatte unverzüglich zur Folge, dass eine weißhaarige Frau die Tür öffnete. Bei Ians Anblick schien sie perplex zu sein. „Ja, bitte, Sir? Kann ich Ihnen behilflich sein?“
    Er zog den Hut und schüttelte den Schnee von der Krempe. „Ich bin Mr. Lennard von der Evening Gazette.“ Er hatte seinen richtigen Familiennamen genannt, da Lord X ihn vermutlich nur mit seinem Titel kannte. „Ich bin hier, um den Artikel abzuholen.“
    Die Frau wischte die feuchten und geröteten Hände am Rock ab und trat beiseite. „Bitte, kommen Sie herein. Ich bin Mrs. Box, die Haushälterin. Wo ist Mr. Winston?“
    Ian ging ins Haus. „Er ist verhindert. Ich bin an seiner Stelle gekommen.“
    „Oh! Nun, warten Sie hier. Ich hole den Artikel.“
    Als die Frau sich zu der beeindruckenden Eichentreppe umwandte, sagte Ian rasch: „Mr. Pilkington möchte, dass ich persönlich mit Ihrem Herrn spreche.“
    „Meinem Herrn?“ Verwirrt zog die Frau die Stirn kraus und brach dann in Lachen aus. „Dieser Mr. Pilkington! Was für ein Schelm! Er hat Ihnen nichts gesagt, nicht wahr?“ „Was hätte er mir sagen sollen?“
    „Nun, das tut nichts zur Sache. Ich werde ihm den kleinen Spaß nicht verderben. Ich werde meinem ,Herrn“ mitteilen, dass Sie hier sind.“ Mrs. Box raffte die Röcke, stieg langsam die Treppe hoch und murmelte dabei zwischen Lachanfällen: „Mein Herr!“
    Ian starrte hinter ihr her. Eigenartige Person! Sie hatte ihm nicht einmal Hut und Mantel abgenommen. Und gab es in diesem Haus keinen Butler, keinen Lakai? Was für ein seltsamer Haushalt!
    Er legte Hut und Mantel ab, hängte beides an einen Garderobenständer und schaute sich im Marmorfoyer um. Der geschnitzte Rahmen des großen Spiegels über dem Konsoltisch war mit kleinen Greifvögeln verziert. Es war merkwürdig, dass jemand, der so unverfroren Fehler in der Gesellschaft aufdeckte, einen derart kultivierten Geschmack hatte.
    Vielleicht war die Gattin des Hausherrn für die Einrichtung verantwortlich. Das würde den leichten femininen Anstrich erklären, den die Ausstattung hatte. Wenn es jedoch eine Hausherrin gab, musste man sich fragen, weshalb das Haus so schlecht in Stand gehalten wurde. Das Messinggeländer der Treppe musste dringend poliert werden. Die Teppiche hätten gekehrt werden müssen. Und wo waren die Dienstboten?
    Ian begann ungeduldig zu werden. Er wollte die Sache hinter sich bringen, damit er zu Miss Hastings fahren konnte, um ein für alle Mal Klarheit über seinen Heiratsantrag zu gewinnen. Seit dem Erscheinen des Artikels hatte er sie nicht mehr aufgesucht und sich eingeredet, sie brauche Zeit, um den Kummer zu verwinden, den die Meldung ihr vielleicht verursacht hatte. Die Leute tuschelten bereits hinter ihrem Rücken über ihr farbloses Aussehen, ihr schüchternes Betragen und ihre schlechten Möglichkeiten, einen Gatten zu bekommen. Es musste sie gequält haben zu lesen, dass ihr zukünftiger Verlobter eine schöne Geliebte hatte, deren Reize in der Zeitung gepriesen wurden. Daher hatte er sich gesagt, seine Anwesenheit bei ihr würde die Dinge nur noch schlimmer machen.
    Er war jedoch ein elender Lügner. In Wahrheit wollte er, wenn er bei ihr war, irgendwo anders sein. Die Art, wie sie jeder seiner Äußerungen zustimmte, oder danach stumm wie ein Fisch blieb, ärgerte ihn. Und wenn sie versuchte, Konversation mit ihm zu machen, störte ihn ihre unüberhörbare Naivität.
    Die meisten Männer wären zufrieden gewesen, hätten sie eine naive, gefügsame Frau gehabt. Genau unter diesem Gesichtspunkt hatte er Katherine ausgewählt, da sie ihm keinen Ärger machen würde, erst recht nicht bei seinem Kampf gegen den Onkel. Warum behagte ihm dann der Gedanke nicht, sie heiraten zu wollen?
    Doch daran mochte er jetzt nicht mehr denken. Er würde sie heiraten, auch gegen seine selbstsüchtigen Interessen. Sie entsprach seinen Anforderungen. Außerdem würde er sich unweigerlich ruinieren, wenn er seinen stärksten Gefühlen nachgab. Man musste
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