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Der verbotene Kuss

Titel: Der verbotene Kuss
Autoren: Deborah Martin
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Vorstellung auskostete, der Duke of Pelham sei ausnahmsweise einmal harmlos. Man sollte den gefesselten Lüstling an eine Kutsche binden, sie anfahren lassen und . . .
    Das Geräusch rumpelnder Wagenräder war so real, dass Felicity unvermittelt aufsprang. Durchs Fenster erblickte sie eine Droschke, die auf der von Schneehaufen gesäumten Straße fuhr und beim Passieren der Pfützen Eiswasser durch die Gegend spritzte. Sie stieß eine Verwünschung aus, als der Wagen vor der Haustür hielt, und sie den verhassten Mr. Winston aussteigen sah.
    Erschrocken richtete sie die Aufmerksamkeit auf den Artikel, den sie noch nicht Korrektur gelesen hatte. Außerdem war im zweiten Absatz ein Ausdruck, den sie noch ändern wollte.
    Ihrer Sicht entzogen, stand Ian im Schatten auf der Straße Und sah Mr. Winston in der Manteltasche nach Geld kramen. Schnell näherte er sich dem Fahrzeug, nahm einige Münzen aus der Tasche und gab sie dem Fahrer.
    „Warten Sie bitte auf den Herrn“, sagte er. „Er fährt noch weiter.“ Dann lächelte er den Zeitungsmann an. „Mr. Pilkington wird froh sein, dass ich Sie noch erreicht habe.“ Neugierig schaute Mr. Winston den Herrn an. „Zum Teufel, wer sind Sie?“
    „Ich bin der Neue, der heute Morgen von Mr. Pilkington eingestellt wurde.“ Mr. Pilkington führte zwar noch immer Bewerbungsgespräche mit den Kandidaten, doch das konnte Mr. Winston nicht wissen. „Er benötigt Sie am Haymarket. Er hat mir aufgetragen, herzukommen und Ihnen zu sagen, Sie sollten zu ihm kommen. Er meinte, da ich neu bei der Zeitung bin, könnte ich die Sache mit dem Artikel von Lord X erledigen.“ Da Mr. Winston eine misstrauische Miene machte, erklärte Ian: „Beim Haymarket ist es zu einem Aufruhr gekommen. Mr. Pilkington will, dass Sie unverzüglich da hinfahren.“
    „Ein Aufruhr?“ Das Aufleuchten in Mr. Winstons stechenden Augen war für Ian ein Zeichen, dass er ihn richtig eingeschätzt hatte. Bei der Aussicht, gewalttätige Szenen auf der Straße zu sehen, leckte Mr. Winston sich förmlich die Lippen. „Ich verstehe. Nun . . Nachdem er Ian einer flüchtigen Musterung unterzogen hatte, war er offensichtlich mit dem Anblick zufrieden, der sich seinen Augen bot. Ian hatte sich einen billigen Wollmantel angezogen und einen schlichten Hut aufgesetzt, damit er nicht so elegant war und eher wie ein Angestellter aussah. „Also gut. Klopfen Sie einfach an die Haustür und sagen Sie, wer Sie sind.“ Mr. Winston wies den Kutscher zur Weiterfahrt an und stieg in den Wagen. Ian lächelte verhalten. Endlich hatte es sich ausgezahlt, dass drei Tage lang Angestellte von ihm bestochen worden waren und er Winston überallhin gefolgt war. Nun musste er den wahren Namen dieses Lord X nicht mehr unbedingt wissen. Er hatte herausgefunden, wo dieser wohnte, und das war genug.
    Vorsichtig stieg er die vereiste Freitreppe hinauf und bemerkte den ungewöhnlichen Türklopfer, der die Form eines Greifs hatte. Der Türklopfer kam ihm vertraut vor. Wo hatte er so etwas schon zuvor gesehen? Da ihm die Antwort nicht sogleich einfiel, nahm er sich vor, später über diese Frage nachzudenken. Durch den beständig rieselnden Schnee betrachtete er die Fassade des Hauses. Es war ein bemerkenswert gut erhaltenes Gebäude im gotischen Stil, das Haus eines Gentleman. Doch das hatte Ian erwartet.
    Der Stil, in dem Lord X seine spitzen Artikel verfasste, war eindeutig der eines Aristokraten. Ian hatte die Kolumnen sorgfältig studiert und begriff jetzt, warum Herzoginnen das Essen später servieren ließen, nur um sie lesen zu können, weshalb jeder Bedienstete in der Stadt einen Pence von seinem hart verdienten Lohn dafür ausgab, sich eine Ausgabe der Evening Gazette zu kaufen, und aus welchem Grund Mr. Pilkington seinen wichtigsten Journalisten derart abschirmte.
    Lord X war der Traum eines jeden Zeitungsverlegers. Er war scharfsinnig und witzig, hatte einen ansprechenden Stil und die untrügerische Fähigkeit, die verborgensten Geheimnisse aufzudecken, und verstand es auf unterhaltsame Weise, Lob und Tadel zu erteilen. Lord X kritisierte mit Finesse, so wie einer von Ians Professoren in Eton, der auf die üblichen Stockschläge zugunsten sarkastischer Äußerungen verzichtet hatte. Lord X schrieb prinzipiell über die Mitglieder der Gesellschaft, die sich durch ihre schlimmsten Charaktereigenschaften hervortaten, die hochmütige Missachtung der Gefühle und Bedürfnisse ihrer Mitmenschen, ihre unangebrachte Arroganz und ihre
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