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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten
Autoren: Ami McKay
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Kissenbezug und stopfte all meine Besitztümer hinein – eine halb leere Flasche Haaröl, die Bürste und den Kamm von Rose, Strümpfe, einen sauberen Unterrock, meine Kabinettkarten und meine geliebte Miss Sweet. Die anderen Kleider ließ ich zurück und eilte zur Tür.
    Â»Ada?«, rief Miss Everett vom Korridor her. »Wohin gehst du?«
    Ich gab keine Antwort.
    Cadet stand auf seinem Posten. Er packte meinen Arm und hielt ihn sehr fest.
    Ich betete um sein Mitleid und flüsterte: »Bitte, lass mich gehen.«
    Er flüsterte: »Tu so, als würden wir kämpfen.«
    Während Miss Everett den langen Gang auf uns zukam, mühte ich mich, seinem Griff zu entkommen. Hätte mich Cadet wirklich aufgehalten?
    Â»Jetzt gib mir einen Tritt«, raunte er.
    Ich trat ihm mit dem Stiefel gegen das Schienbein, er ließ los.
    Â»Es tut mir leid!«, rief ich noch, bevor ich mich durch die Haustür zwängte. Ich stürmte die Treppen hinunter und rannte los. Ich rannte den ganzen Weg bis zur Second Avenue.
    Dr. Sadie sagte, ich solle mich häuslich einrichten.
    Â»Danke schön«, sagte ich und hoffte, ich müsste nicht schon wieder weinen.
    Abends fiel Schnee, irgendwo in der Straße läuteten Kirchenglocken. »Es ist Silvester«, sagte Dr. Sadie, als ich vom Fenster aus zusah, wie sich die ersten Feiernden auf den Weg machten. Mama und ich hatten das Fest nie auf eine besondere Weise begangen, doch Mama hatte die Woche nach Neujahr immer ihre liebste Zeit überhaupt genannt. Denn dann war das Geschäft am besten gelaufen, waren die Frauen in der Hoffnung gekommen, dass Mama sehen könnte, was die nächsten Monate für sie bereithielten. Ihre Kristallkugel hatte an fast jede Seele Wohlstand verteilt. Dann hatte sie selbst die Hand nach ihrem Lohn ausgestreckt und gesagt: »Meinen Segen für Sie und ein frohes neues Jahr ebenso.«
    Nachdem wir etwas Fleischpastete mit Apfelkompott gegessen hatten, ging Dr. Sadie zu meinem Kissenbezug und fragte: »Hast du etwas einzuräumen?«
    Ich nickte. »Ich glaube schon.«
    Sie fragte nicht, wie lange ich bleiben wollte oder welche Pläne ich hatte. Sie öffnete einfach die Truhe am Ende ihres Betts und sagte: »Du kannst deine Sachen erst einmal hier hineinlegen.«
    Da sah ich das Kleid aus meiner Zeit als Cartes-de-visite -Mädchen. Ich hatte es immer im Museum gelassen, weil es zu mühsam gewesen wäre, die Karten an- und wieder abzuheften. Außerdem konnte Miss Everett das Kleid überhaupt nicht leiden. Es sei altmodisch, hatte sie gesagt, und daher sollte ich es nicht auf der Straße tragen.
    Â»Wie schön, dass es hier ist«, sagte ich zu Dr. Sadie und strich über den weichen Stoff.
    Â»Mr. Dink hat es mir vor einer Weile zurückgebracht«, sagte sie. »Er war sehr traurig über Miss Everetts Nachricht, dass du nicht mehr ins Museum kommen würdest.«
    Ich hatte mich oft gefragt, ob ihm seine Worte, er würde mich in seiner Familie aufnehmen, ernst gewesen waren. Nun aber, als Hure, wollte er mich sicher nicht. Doch selbst wenn – es erschien mir nach dem Erlebnis mit Mr. Wentworth undenkbar, mich jeden Tag vor so viele Männer zu stellen.
    Â»Mr. Dink ist ein sehr umsichtiger Mensch«, sagte ich zu Dr. Sadie.
    Â»Einer der besten Menschen, die ich kenne«, stimmte sie mir zu.
    Ich holte die Kabinettkarten einzeln aus meinem Kissenbezug und legte sie auf das Kleid. Die zirkassische Schönheit betrachtete ich sehr lange. War sie wirklich so eigensinnig und stark, wie es uns schien?

Curly locks, Curly locks
    Will you be mine?
    You shall not wash dishes
    Nor yet feed the swine;
    But sit on a cushion
    And sew a fine seam
    And feed upon strawberries,
    Sugar and cream.
    Lockenkopf, Lockenkopf,
    wann wirst du wohl mein?
    Du musst niemals scheuern,
    Auch füttern kein Schwein.
    Gebettet auf Kissen,
    Mit Nadel und Faden,
    Wirst du an Beeren
    Und Sahne dich laben.
    XXXII
    I n den folgenden Wochen tat ich sehr wenig. Ich saß da und versuchte zu vergessen. Nachts schlief ich auf einer Liege, die sich Dr. Sadie aus dem Krankenhaus geborgt und neben ihr Bett gestellt hatte. Sie kochte uns schlichte Mahlzeiten wie Suppe und Brot, Eier und Wurst oder Porridge mit Milch und Honig.
    Mein Körper heilte, wo Mr. Wentworth ihn mit seiner Lust zum Bluten gebracht und seine Finger in meine Arme gegraben hatte. Meine Seele heilte wesentlich langsamer; die
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