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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch
Autoren: Faye Kellerman
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»Hast du mitgehört?«
    »Zufällig gehört«, korrigierte Decker ihn. »Aber nur einen Teil. Du hast deine Stimme gesenkt.«
    »Hab ich rumgebrüllt?«
    »Du hast dein Missfallen darüber geäußert, dass man dich als Itzig und Wichser bezeichnet hat. Ich wollte nicht noch mehr hören, deswegen bin ich weggegangen.«
    »Das war sehr nett von dir.«
    »Ob du es nun glaubst oder nicht - ich versuche wirklich, deine Privatsphäre zu respektieren.«
    Schweigend gingen sie weiter. Nach einer Weile meinte Decker: »Ich bin für dich eine Enttäuschung, stimmt's?«
    Jacob blieb abrupt stehen und starrte ihn an. »Wie bitte?«
    »Als Eema und ich geheiratet haben, hast du gedacht, du würdest einen echten Helden zum Vater kriegen. Jemanden, der dich beschützen und den schwarzen Mann von dir fern halten würde. Und möglicherweise habe ich das auch geschafft. Aber du hast dir auch einen Kumpel erhofft - jemanden, mit dem du reiten gehen kannst, Fußball spielen... jemanden, der vielleicht deine Mannschaft trainiert, jemanden, mit dem du lange Gespräche führen kannst. Aber statt einen Freund hattest du auf einmal einen mürrischen Erwachsenen am Hals, der nicht nur die ganze Zeit arbeitete, sondern dir auch noch deine Eema wegnahm.«
    Jacob schluckte; seine Augen hingen wie gebannt an Peters Lippen. »So hab ich das nie gesehen.«
    »Doch, hast du. Du bist nur höflich.« Decker eilte zum Aufzug, Jacob folgte ihm.
    Decker drückte den Abwärtsknopf und wartete schweigend. Schließlich sagte er: »Nimm nur vergangene Nacht. Obwohl ich dir eine Ohrfeige verpasst habe, bist du zu mir gekommen, um dich zu verabschieden. Und anstatt mich auch nur dreißig Sekunden auf dich zu konzentrieren, hab ich dich schnell weggeschickt, weil ich so so viel zu tun hatte...«
    »Das war doch ganz verständlich.«
    »Das war unnötig. Wie viel Zeit kostet eine Umarmung und ein Kuss? Es tut mir sehr Leid, dass ich dich so ungerecht behandelt habe.«
    Ein leises »Ping« ertönte, als sich die Aufzugtür öffnete. Sie fuhren schweigend hinunter in die Tiefgarage.
    Als sie ausstiegen, sagte Jacob plötzlich: »Du siehst das völlig falsch. Ich bin die große Enttäuschung. Ich hab dir und Eema nichts als Ärger bereitet. Manchmal frage ich mich, warum du dich überhaupt noch mit mir abgibst. Ich weiß, dass du dazu verpflichtet bist, weil du meine Mutter geheiratet hast, aber das ist es doch nicht allein. Ich weiß, dass du dir wirklich Mühe gibst. Und dabei bin ich noch nicht mal dein leiblicher Sohn. Vielleicht ist das aber auch der Grund, warum du das so gut wegstecken kannst...«
    Decker wirbelte herum und packte Jacob bei den Schultern. »Du und Sammy... ihr seid genauso meine Söhne, wie Cynthia und Hannah meine Töchter sind. Blutsverwandtschaft hin oder her: Was auch immer mit Eema geschieht, ihr habt mich für den Rest eures verschissenen, kleinen Lebens am Hals.«
    Jacob brachte ein kleines Lächeln zu Stande. »Aus deinem Mund klingt das wie ein Todesurteil.«
    »Frag mal Cindy. Ich bin sicher, dass sie es manchmal genauso empfindet.«
    »Mir macht das nichts aus, Peter. Ich mag dich.«
    Decker umarmte ihn so fest, dass er die Knochen des Jungen knacken hörte. »Ich dich auch, Jacob. Und ich werde dich schrecklich vermissen. All diese vergangenen Jahre... ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Es tut mir Leid...«
    »Hör auf damit!«, rief Jacob, senkte dann aber die Stimme. »Lass uns...« Er brach ab und legte seinen Arm um die Hüfte seines Stiefvaters. »Lass uns endlich hier verschwinden.«
    »Gute Idee.«
    Gemeinsam gingen sie zum Wagen.
    »Ruby sagt, dass sie ins Gefängnis muss«, meinte Jacob nach einer Weile.
    »Ich bin zwar kein Hellseher, aber ich vermute mal, dass sie Recht hat.«
    »Für diese Computergeschichte oder wegen Mordes?« Jacob rieb sich die Augen. »Sie behauptet, sie hätte nicht gewusst, was Moke getan hat.«
    »Und, nimmst du ihr das ab?«
    Jacob dachte einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf.
    »Du magst sie, oder?«, fragte Decker.
    »Nein. Ich finde sie widerlich.«
    »Aber trotzdem fühlst du dich zu ihr hingezogen.«
    »Wenn man auf Zombies steht.«
    Schweigen.
    Schließlich ein Seufzer von Jacob. »Vielleicht ein bisschen.«
    »Kann ich gut verstehen.« Arm in Arm marschierten sie durch die Tiefgarage zu Deckers Wagen.
    »Du hast letzte Nacht wirklich gute Arbeit geleistet«, sagte Jacob. »Ich war total beeindruckt, wie du so plötzlich das Kommando übernommen... und innerhalb
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