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Der Utofant

Der Utofant

Titel: Der Utofant
Autoren: Johanna und Günter Braun
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austasten lassen, steigt. Es sollen Staatslenkungsbeamte, erfolgreiche Geschäftsmänner und Wissenschaftler darunter sein.
    »An echte Informationen glaube ich nicht, sie sind mir zu unseriös.« Mehr Wahrheit, sagt Frau Dreemer, könne sie einem Gläschen Luft entnehmen, die jemand an einem mulmigen Vormittag gefühlsmäßig eingefangen hat.

    Kun-keh und Hei-tse
    Historische Darstellungsspiele für Alle
    Ludus Verlag – Berlin – Hongkong – Sneebergen

    Befragt, warum sie bereits heute historische Materialien für 3333 auf den SpieleMarkt bringen, antworten die Herausgeber, daß bei den Möglichkeiten der Variabilität, die der historischen Darstellung wie auch der Zukunftsforschung innewohnen, es nicht von Schaden sein kann, schon jetzt die Übungsmaterialien vorzubereiten und durchzusehen, die einst die Kinderkindeskinderkinder der heutigen Benutzer erhalten sollen. Befragt, warum man denen nicht Materialien aus unserer heute greifbar vorhandenen Gegenwart zurechtmacht, antworten die Herausgeber, daß die Zusammensteller dann befangen wären. Und auf die Frage, was geschehen werde, wenn die hier vorgelegten Materialien sich später als nicht zutreffend erweisen, versuchen sie uns zu beschwichtigen: historische Materialien träfen nie ganz zu. Es sollen dieses Grundmaterialien sein, mit denen historisch Interessierte des Jahres 3333 kreativistisch umgehen können. Einfach gesagt, sie sollen damit spielen. Möglich, daß etwa in der Mitte von Rückblick und Prognose so etwas Ähnliches wie eine einigermaßen zutreffende Historie zustande käme. Mit der man neues variables Spielmaterial erhielte.
    Die Namen der in den Materialien und Übungsstücken vorkommenden Politiker sind selbstverständlich austauschbar, auch die Probleme, Ziele, Ideale. Der Übende soll locker damit umgehen lernen, er soll sich nicht genieren, Vorfälle, Hintergründe, Fakten auszuwechseln, sofern er meint, daß er damit zu einer besseren Durchschau zukünftig möglicher Historie kommt. Er soll die Texte souverän handhaben, wünschen Kun-keh und Hei-tse, und ferner wünschen sie, der Mensch der Gegenwart möge bereits mit ihrem Übungsspiel beginnen.
    Nun ist dies kein besonders neuer Einfall. Der in historischer Darstellungspraxis Bewanderte weiß, daß die angepriesene Methode bereits historisch ist. Das Neue besteht darin, daß weite Kreise historisch interessierter aber auch gleichgültiger Laien sich darin üben können, Geschehenes einmal so und einmal anders darzustellen und dabei hemmende Ehrfurchtsgefühle vor einmal hingelegten oder studierten Materialien zu überwinden, die durch bewiesene Fakten unwiderruflich und total erhärtet zu sein scheinen. Die Ängstlichkeit vor der geschehenen Geschichte abzulegen. Gelassenere Haltung einzuüben für einen Fall, in dem einmal erhärtet geschienen Habendes plötzlich in aufgeweichter Form oder in anderer Härtung auftritt. Das Wutgefühl zu überwinden, das sich beim Ungeübten einstellt, wenn er, Geschichtsdarstellung vorgesetzt bekommend, auf Unwahrheiten sowie Verdrehungen zu stoßen glaubt.
    Ich meine allerdings (im Gegensatz zu den Herausgebern), daß es sich nicht empfiehlt, dem heutigen Benutzer Übungsstücke aus der bereits vorhandenen durch ihn prüfbaren jüngeren Historie vorzulegen, weil es für ihn zu anstrengend sein könnte, an ihnen spielerische Gelassenheit zu üben.
    Zwar läßt sich gegen die Methode Kun-keh/Hei-tse einwenden, daß Generationen vor uns bereits an einer früheren, heutigen und künftigen Geschiehtsdarstellung in der hier angeführten lockeren Art gewirkt haben und weiter wirken werden. Doch bisher haben hauptsächlich akademische Historiker, Politiker, Ideologen historische Darstellungsspiele als elitären Sport betrieben. Er könnte nunmehr Freizeitbeschäftigung für alle werden. Die Profis würde das vielleicht nicht freuen, sie aber auch nicht brotlos machen, solange Staaten, Regierungsapparate, politische Total-Machthaber und ideologische Hegemonien existieren. Die Materialien erscheinen vierteljährlich zum Preis von 3,50 KIS. Klarsichtkassetten zur Archivierung eines Jahrgangs kosten pro Stück nur 18 KIS.
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